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KulturGlobal

Die besten Wildlife-Fotos des Jahres

9. Oktober 2024

Der Wettbewerb "Wildlife Photographer of the Year" zeichnet nicht nur besonders schöne Naturfotografien aus, sondern dokumentiert auch, wie die Menschen den Lebensraum der Tiere bedrohen.

Ein großer Schwarm Kaulquappen schwimmt zwischen einem Wald aus Algen und Wasserpflanzen auf die Wasseroberfläche zu.
Ein Schwarm Kaulquappen: Rund 99 Prozent der Tierchen werden nicht überlebenBild: Shane Gross, Wildlife Photographer of the Year

Beeindruckende Naturschauspiele und ein glühendes Plädoyer für Artenschutz - dafür steht die Auszeichnung "Wildlife Photographer of the Year". Der Hauptpreis geht 2024 an den kanadischen Journalisten Shane Gross. Er hat in einem See in Kanada diesen Kaulquappenschwarm beobachtet. Im Sommer bewegen sich Millionen dieser Tierchen, die mal Kröten werden sollen, einmal am Tag an die Wasseroberfläche, um Algen zu fressen. Für das Foto hielt Gross sich genau an die Regeln des Wettbewerbs: Tiere dürfen nicht angelockt oder aufgeschreckt werden. So trieb er ruhig im Wasser und fing diesen kurzen Moment, der das pure Leben in einer filigranen Unterwasserwelt zeigt, ein. Er gab dem Foto den Titel "Schwarm des Lebens".

Die Auszeichnung "Wildlife Photographer of the Year" wird seit 60 Jahren vergeben - und das nicht nur an Profi-Fotografen, die stunden- und tagelang mit teuerstem Equipment im Busch sitzen und auf den großen Moment warten. Auch Amateure und junge Nachwuchsfotografen haben eine Chance auf den Preis, der in zahlreichen Kategorien vergeben wird.

Leben unter totem Holz

Wer kennt schon einen Springschwanz? Bild: Alexis Tinker-Tsavalas, Wildlife Photographer of the Year

Die Fotos sollen einen besonderen Augenblick einfangen oder eine Geschichte erzählen. Das ist dem jungen Deutschen Alexis Tinker-Tsavalas mit dieser Momentaufnahme gelungen. In der Kategorie der 15- bis 17-jährigen Fotografinnen und Fotografen gewinnt er mit dem Foto eines Springschwanzes, der einen Schleimpilz fixiert. Alexis arbeitete schnell, um diese Aufnahme zu machen, denn Springschwänze können im Bruchteil einer Sekunde ein Vielfaches ihrer Körperlänge überspringen. Er verwendete eine Technik namens Focus Stacking, bei der 36 Bilder kombiniert werden, von denen jedes einen anderen Bereich scharf stellt.

"Ich glaube, viele Menschen wissen nicht, dass es diese Dinge überhaupt gibt“, sagte Alexis Tinker-Tsavalas dem britischen Rundfunksender BBC. "Wenn die Menschen durch meine Bilder mehr erfahren, ist das eines meiner größten Ziele: diese winzige Welt, die viele Menschen nicht wirklich zu sehen bekommen, in einem anderen Licht zu zeigen."

Hoffnung für die Ninu

Die Aborigenes gaben diesem Tierchen den Namen "Ninu"Bild: Jannico Kelk/Wildlife Photographer of the Year

Dass es nicht immer Löwen oder andere imposante Säuger sein müssen, zeigt auch das Gewinnerfoto in der Kategorie, die die Auswirkungen der Zivilisation auf die Tierwelt beleuchtet. Jannico Kelk aus Australien war auf der Suche nach dem "Großen Bilby" - auf Deutsch "Kaninchennasenbeutler" - der durch eingeschleppte Füchse und Katzen nahezu ausgerottet wurde. In eingezäunten Reservaten kann sich der putzige Nager, der von den Aborigines "Ninu" genannt wird, ohne Feinde in Ruhe wieder vermehren.

Tiger in der Stadt

Tiger sind in Indien außerhalb von Schutzgebieten stark bedroht Bild: Robin Darius, Wildlife Photographer of the Year

Robin Darius Conz aus Deutschland gewinnt den Preis in der Kategorie "Urbane Tierwelt". Er verfolgte diesen Tiger während der Dreharbeiten zu einem Dokumentarfilm über die Tierwelt im indischen Gebirge Western Ghats mit einer Drohne. Dieses Schutzgebiet gehören zu den artenreichsten Landschaften Indiens und beherbergt eine stabile Tigerpopulation. Außerhalb jedoch ist der Bestand an Tigern stark zurückgegangen. Der Tiger, der hier auf eine wachsende Stadt schaut, hätte vor wenigen Jahren noch auf einen Wald geblickt.

Ringen im Feuchtgebiet

Kampf zwischen Anakonda und KrokodilBild: Karine Aigner, Wildlife Photographer of the Year

Unter den 100 ausgezeichneten Fotos war auch dieses Bild von Karine Aigner aus den USA. Sie gewann in der Kategorie "Verhalten von Amphibien und Reptilien". Aigner führte eine Reisegruppe durch das Pantanal, ein tropisches Feuchtgebiet in Brasilien, als sie die kämpfenden Tiere entdeckte. Kaimane sind Allesfresser und setzen auch Schlangen auf den Speisezettel. Wenn Anakondas allerdings größer werden, können sie ihrerseits sogar Krokodile verschlingen. Die blutsaugenden Pferdebremsen greifen auch Reptilien an - es ist also schwer zu sagen, wer hier der Aggressor ist.

Entspannung pur 

Schlaf schön!

Gewinner in der Kategorie "Verhalten von Säugetieren" ist Hikkaduwa Liyanage Prasantha Vinod aus Sri Lanka. Mit einem Teleobjektiv fing der Fotograf diesen intimen Moment ein: ein Tonkean-Makaken-Baby, das an der Brust seiner Mutter schläft, erschöpft vom Trinken. Die Aufnahme entstand im Wilpattu-Nationalpark im Nordwesten Sri Lankas. Der Lebensraum der Makaken schrumpft - auch durch den exzessiven Plantagenbau. Die Fälle, in denen sie von Bauern gefangen, vergiftet und getötet werden, häufen sich.

Das Abrisskommando

Waldameisen bei der ArbeitBild: Ingo Arndt/Wildlife Photographer of the Year

In der Kategorie "Verhalten wirbelloser Tiere" gewann Ingo Arndt aus Deutschland. Er sei "voller Ameisen" gewesen, erzählt er, als er aus nächster Nähe rote Waldameisen dabei beobachtete, wie sie einen blauen Laufkäfer zerlegten. Und zwar in so viele Einzelteile, dass sie durch den Eingang ihres Baus passten. Die Roten Waldameisen ernähren sich hauptsächlich von Honigtau, der von Blattläusen abgesondert wird. Sie sind in der Lage, Insekten und andere wirbellose Tiere, die viel größer sind als sie selbst, mit ihrer bloßen Kraft zu töten. 

Diät aus tödlichem Plastik

Plastikmüll bedroht die TierweltBild: Justin Gilligan/Wildlife Photographer of the Year

Dieses Mosaik aus Formen und Farben, fotografiert von dem Australier Justin Gilligan, hat einen traurigen Hintergrund. Es sind 403 Plastikteile, die im Verdauungstrakt eines Fleischfuß-Sturmtauchers an der Küste von Lord Howe Island, Australien, gefunden wurden. Die Vögel fressen während ihrer Futtersuche im Pazifik und im Indischen Ozean immer häufiger Plastikmüll. Studien ergaben, dass drei Viertel der erwachsenen Fleischfuß-Sturmtaucher, die auf Lord Howe Island brüten, und 100 Prozent der Jungvögel Plastik enthielten. Das Foto gewann in der Kategorie "Ozeane".

Der Wettbewerb und die Ausstellung "Wildlife Photographer of the Year", die jährlich vom Natural History Museum in London entwickelt und durchgeführt werden, sind eine atemberaubende Synergie aus Fotografie, Wissenschaft und Kunst. Aus gut 60.000 Einsendungen hat die Jury die Preise ermittelt. Nach der Preisverleihung gehen die 100 besten Bilder des Wettbewerbs auf Welttournee. Zwei Millionen Menschen besuchen diese Ausstellungen. Zudem gibt es zahlreiche Bildbände - in diesem Jahr erscheint zum 60. Jubiläum eine Sonderausgabe, die einen Querschnitt durch sechs Jahrzehnte Naturfotografie zeigt.  

Die Geschichte des Preises begann recht unspektakulär. 1965 rief das britische "Animals Magazine" (später "BBC Wildlife") erstmals den Fotowettbewerb aus. Nur 361 Fotos trafen bei der Jury ein. Diese machte schon damals klar, dass es nicht um die spektakulärsten Bilder geht, sondern um die authentischsten: Es gewann die Schwarz-Weiß-Aufnahme eines Waldkauzes.

Silke Wünsch Redakteurin, Autorin und Reporterin bei Culture Online
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