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Halal-Produkte in Deutschland

Rachel Baig20. April 2013

Islam-konforme Lebensmittel gibt es meist nur in türkischen oder arabischen Geschäften. Die Zielgruppe wächst stetig, aber der deutsche Handel ist bei Halal-Produkten noch skeptisch.

Tütensuppen mit der Aufschrift Halal (Foto: dpa)
Tütensuppen mit der Aufschrift HalalBild: picture-alliance/dpa

Wer in Deutschland Islam-konforme Nahrungsmittel kaufen möchte, geht meist zum türkischen oder arabischen Laden um die Ecke. Sogenannte Halal-Lebensmittel entsprechen den Bestimmungen des Islam und enthalten unter anderem keine Spuren von Schweinefleisch oder Alkohol. In deutschen Supermärkten werden Muslime oft nicht fündig, denn der deutsche Einzelhandel öffnet sich nur zögerlich. Dabei ließe sich mit Halal-Lebensmitteln gut Geld verdienen. Laut Mekkafood, einem führenden Hersteller von Halal-Tiefkühlprodukten, liegt der weltweite Umsatz für Halal-Nahrungsmittel bei 450 Milliarden Euro jährlich. In Deutschland könne man von fünf Milliarden Euro ausgehen.

Das Europäische Halal-Zertifizierungsinstitut vergibt Halal-Zertifikate an UnternehmenBild: picture-alliance/dpa

"Die Branche hat viel Potenzial, obwohl es nach wie vor ein Nischenmarkt ist, der sich sehr langsam entwickelt", sagt Tom Buschmann von Mekkafood im Gespräch mit der Deutschen Welle. Der deutsche Einzelhandel vernachlässige eine wachsende Zielgruppe, findet er. In Deutschland lebten mehr als vier Millionen Muslime. Und die meisten würden Halal-Produkte auch im deutschen Supermarkt kaufen - wenn es sie dort gäbe.

Islamische Speisegebote

Auch McDonald's hat versucht, das wirtschaftliche Potenzial der dieser Produkte zu nutzen. In den USA musste die Restaurantkette nun aber knapp 500.000 Euro an verschiedene islamische Organisationen zahlen, weil in zwei Filialen Hünchenprodukte fälschlich als halal verkauft wurden.

Das arabische Wort "halal" kann mit "erlaubt" oder "zulässig" übersetzt werden. Es bezeichnet alle Dinge und Handlungen, die nach islamischem Recht erlaubt sind. Dazu gehören insbesondere zahlreiche Speisevorschriften. Wie aber kann der muslimische Kunde in Deutschland wissen, was halal ist und was nicht? Bisher muss er dafür das Kleingedruckte der Zutatenlisten lesen, um zu schauen, ob für ihn verbotene Inhaltstoffe in den Speisen waren. Allerdings hilft das auch nicht immer weiter, denn es werden nicht in jedem Fall alle Inhaltsstoffe aufgeführt. Beispielsweise werden trübe Fruchtsäfte mit Gelatine - die manchmal auch vom Schwein stammt - geklärt.

Nach den Regeln der islamischen Religion werden Tiere "geschächtet"Bild: picture-alliance/dpa

Außerdem müssen Lebensmittel laut Islam speziellen Anforderungen an Hygiene und Herstellung entsprechen. Dazu gehört auch, dass sie frei von Blut und Fäkalien sind. Zudem müssen Tiere artgerecht gehalten werden und sollen gutes Futter erhalten. Bei der Schlachtung muss für jedes Tier ein kurzes Gebet gesprochen werden, und es sollte in Richtung Mekka gedreht sein. Die Einführung von einheitlichen Gütesiegeln würde für die Kunden Klarheit schaffen.

Zurückhaltung bei deutschen Händlern

Die Lebensmittelindustrie, vor allem große Konzerne wie Nestlé, Zentis, Wiesenhof, Meggle oder Haribo, lassen Produkte deshalb schon länger als halal zertifizieren. Denn nur mit einem solchen Zertifikat können Unternehmen das Vertrauen der muslimischen Kundschaft gewinnen. Dennoch sind viele kleinere deutsche Unternehmen nach wie vor vorsichtig, wenn es um diese Zertifizierung geht. Yavuz Özoguz, Chef der Halal-Zertifizierungsstelle M-Haditec in Bremen, bemängelt das. Es gebe schon viele Halal-Produkte in großen Supermärkten, diese würden aber nicht offensiv vermarktet. "In Frankreich, Belgien oder den Niederlanden gibt es in den Geschäften Theken, wo groß 'halal' drüber steht."

Für die Zurückhaltung in Deutschland gibt es einige Begründungen: Zum einen fürchteten offenbar einige deutsche Unternehmen die Reaktion nicht-muslimischer Kunden auf das Angebot. Außerdem dächten bei Halal-Schlachtungen viele an Tierquälerei, sagt ein Sprecher des Europäischen Halal-Zertifizierungsinstituts (EHZ). Das Schächten von Tieren ohne Betäubung gebe es in der Massenproduktion aber nicht mehr.

Uneinigkeit unter Halal-Zertifizierern

Die uneinheitliche Kennzeichnung von Halal-Lebensmitteln gilt als Problem. Es gibt mehrere Zertifizierungsstellen in Deutschland, fünf davon haben eine Allianz gegründet. Sie haben aber kein einheitliches Siegel.

Tom Buschmann von Mekkafood ist der Meinung, dass an dieser Stelle der Verbraucherschutz gefragt wäre. Denn die verschiedenen Zertifizierungsstellen vertreten die Ansichten von unterschiedlichen Rechtsschulen und Glaubensrichtungen des Islam. Die islamischen Speisevorschriften sind zwar im Grundsatz eindeutig, lassen aber zugleich in der Durchführung zahlreiche Interpretationsspielräume zu. Weltweit ist Malaysia das einzige Land mit einem eindeutigen staatlichen Gesetzeswerk zu diesem Thema.

Halalfleischverkauf in FrankreichBild: AP

Halal-Lebensmittel werden sich etablieren

Sowohl Tom Buschmann als auch Yavuz Özoguz sind der Meinung, dass sich die Halal-Lebensmittelindustrie auch in Deutschland etablieren wird – nicht nur bei Muslimen. Denn die Qualität der Halal-Lebensmittel würde durch artgerechte Tierhaltung und weniger Düngemittel überzeugen. Die Experten sind sich dennoch einig, dass es in Deutschland etwas länger dauern wird als in anderen europäischen Ländern.

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