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Kaum mehr Sicherheit für Afghanistan

Peter Philipp 14. Oktober 2003

Mit der Ausweitung des UN-Mandats für die Internationale Sicherheitstruppe könnten bald deutsche Soldaten nach Kundus verlegt werden. Gibt es Hoffnungen auf mehr Sicherheit im ganzen Land? Peter Philipp kommentiert.

Gleichsam als Pilotprojekt wird die Entsendung von deutschen Soldaten in die nordafghanische Provinz Kundus betrachtet, für die der UN-Sicherheitsrat jetzt grünes Licht gegeben hat. Seit Monaten (13.10.2003) ist die Erweiterung des Mandats der Internationalen Sicherheitstruppe für Afghanistan (ISAF) im Gespräch. Und ebenso lange sind sich eigentlich alle einig, dass die Truppe ihr Einsatzgebiet über Kabul hinaus ausdehnen muss, wenn sie tatsächlich der Zentralregierung unter Hamid Karsai zu mehr Autorität verhelfen will.

Von einer Normalisierung in Afghanistan kann freilich noch lange nicht gesprochen werden. Oder - schlimmer: Was wir in den vergangenen Monaten erleben - das ist eine Normalisierung, mit der die internationale Gemeinschaft keineswegs zufrieden sein kann. Die Macht der Zentralregierung bleibt auf Kabul begrenzt und sie wird in den 30 Provinzen nur dann respektiert, wenn Kabul sich zuvor mit den örtlichen Warlords – Kriegsherren - arrangiert hat. So war es immer schon in Afghanistan - und auf dieser Grundlage kann kein moderner demokratischer Staat entstehen, wie man ihn vor zwei Jahren in Deutschland, auf der Petersberg-Konferenz nahe Bonn geplant hatte. Schon bei dieser Konferenz war klar gewesen, dass die neue Regierung internationalen Schutzes bedürfte, um auch nur in Kabul zu überleben.

Alte Freundschaft

Dies war der Anfang der ISAF - und auch der Beginn des militärischen Engagements am Gebirgszug Hindukusch. Vielleicht war damals recht blauäugig, wer gedacht hatte, mit der Entsendung von ein paar 1000 Soldaten habe man seine Pflicht und Schuldigkeit getan - eine Verantwortung, die auch auf der sehr alten und ungetrübten Freundschaft zwischen Afghanistan und Deutschland gründet. Schon länger war klar, dass man nicht sagen kann: "Kabul - und nicht mehr!" So verfiel man in Berlin auf die Idee, rund 450 Soldaten in die Provinz Kundus zu entsenden, wenn die Vereinten Nationen das ISAF-Mandat überhaupt auszuweiten bereit seien.

Warum Kundus? Der deutsche Verteidigungsminister Peter Struck hat es wiederholt gesagt: Weil es dort ruhig ist. Eine merkwürdiges Argument, denn: Ist es nicht gerade Aufgabe einer Sicherheitstruppe, in unruhigen Gebieten für Ruhe und Ordnung zu sorgen?!

Unerwarteter Verlauf

Wie auch immer: Diese Diskussion könnte sich schon bald erübrigen, denn in letzter Zeit ist es auch im Norden Afghanistans zu Kämpfen gekommen. Noch nicht in Kundus, aber in der Nähe von Mazar-e-Sharif. Und diese Stadt liegt näher an Kundus als die Hauptstadt Kabul.

Die Vergangenheit hat gezeigt, dass militärische Entwicklungen in Afghanistan einen sehr unerwarteten Verlauf nehmen können. Dies könnte durchaus bedeuten, dass die Entsendung von Bundeswehrsoldaten in den Norden nicht unbedingt ein Abstecher in das sichere Hinterland wird.

Außerdem: Der Sicherheitsrat hat beschlossen, das Tätigkeitsfeld der ISAF generell auszuweiten. Also nicht nur in den Norden, sondern auch in andere Provinzen - je nach Bedarf. Solcher Bedarf besteht fast überall, die ISAF wird dies aber kaum leisten können. Und sie gerät dabei natürlich auch verstärkt ins Visier jener Kräfte, die eine Erneuerung Afghanistans um jeden Preis verhindern wollen. Keine angenehme Situation, vielleicht auch schon längst eine Einbahnstraße, in der man nicht wenden kann und deswegen immer weiter geht. Ohne zu wissen, wo und wie das Ende kommt.

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