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Politik

Kaum Wiederaufbau nach dem Zyklon Idai

Antonio Cascais
14. März 2020

Rund 1300 Menschen starben, als der Wirbelsturm Idai vor einem Jahr auf das südliche Afrika traf. Er richtete vor allem in Mosambik und Simbabwe schwere Schäden an. Wie steht es um den Wiederaufbau?

Mosambik Zyklon Idai
In Beira hat der Zyklon auch das Gebäude des Flughafens beschädigtBild: picture-alliance/AA/. Balci

"Ich werde mich niemals mit der Zerstörung meiner Stadt abfinden", sagt Daviz Simango, Bürgermeister von Beira, der zweitgrößten Stadt Mosambiks. Am 14. März 2019 traf Zyklon Idai in der Nähe der 500.000-Einwohner-Stadt aufs Land. Hunderte Bürger verloren das Leben, Hunderttausende ihr Zuhause. "Heute, ein Jahr später, gibt es immer noch viele Menschen, die verzweifelt sind, weil sie kein Dach über dem Kopf haben", sagt Simango im DW-Interview. "Wir appellieren an die internationale Gemeinschaft, uns nicht zu vergessen." Tatsächlich sind in Beira immer noch Zehntausende obdachlos. In den betroffenen Gebieten brauchen mehr als eine Million Menschen nach wie vor Nothilfe. Mehr als 200.000 Häuser sind nach wie vor beschädigt oder vollständig zerstört.

"Es gib viel Aufbauarbeit in Beira und Umgebung, aber die meisten Handwerksbetriebe sind geschlossen", sagt Félix Machado, Vizepräsident des örtlichen Unternehmerverbandes. Allein in der Provinz Sofala, zu der Beira gehört, seien nach der Verwüstung durch die Wirbelstürme mehr als 20.000 Arbeitsplätze verloren gegangen, sagt der Unternehmer im DW-Interview. Fast alle Betriebe seien finanziell am Ende. Die Verwaltung in der Hauptstadt Maputo sei inkompetent - das behindere die Aufbaubemühungen: "Wir leiden unter der überbordenden Bürokratie. Unsere Handwerksbetriebe wollen anpacken und wiederaufbauen, aber dafür brauchen sie Geld. Wir wollen keine Almosen, sondern günstige Kredite, um eigenständig auf die Beine zu kommen."

Beira wartet auf versprochene Hilfsgelder

Im Juni 2019 fand in Beira eine internationale Geberkonferenz statt, bei der vor allem die Weltbank und die Europäische Union viel Geld zur Bewältigung der Schäden zusagten, die Idai und sechs Wochen später der Wirbelsturm Kenneth verursachten. "Allein die EU hat 100 Millionen Euro zugesagt", erinnert sich Machado. Es seien auch Vertreter einzelner europäischer Länder nach Beira gekommen, auch aus Deutschland: "Sie alle haben Hilfe versprochen, aber bis heute ist - zumindest bei uns, den Privatbetrieben in der Provinz Sofala - nichts angekommen." Die DW erfuhr aus Kreisen der EU-Kommission, 90 Millionen seien bereits geflossen, die übrigen 10 Millionen Euro kämen einem Jobprogramm zugute.

Im kommenden Juni soll es Überbrückungskredite zu einem vergünstigten Zinssatz von 10,25 Prozent statt der marktüblichen 23 Prozent für die örtlichen Betriebe geben. Im Topf seien allerdings insgesamt nur 15 Millionen US-Dollar. Das reiche bei Weitem nicht aus, meint Félix Machado.

In Dondo, unweit von Beira, sind knapp ein Jahr nach dem Zyklon die Reparaturarbeiten noch lange nicht abgeschlossenBild: AFP/K. Prinsloo

Die von den Wirbelstürmen am schwersten betroffene Provinz Sofala ist eine Hochburg der mosambikanischen Opposition. Auch Beiras Bürgermeister Simango gehört der Oppositionspartei MDM (Movimento Democrático de Moçambique) und nicht der Regierungspartei FRELIMO an. Das erleichtere nicht gerade die Zusammenarbeit mit den Zentralbehörden in der Hauptstadt Maputo, gibt Simango im DW-Interview zu bedenken. Dennoch sehe er seine Stadt, ein Jahr nach Idai, auf einem guten Weg: "Die Eckpfeiler für unseren Wiederaufbauprozess sind der Küstenschutz, die Wasserversorgung und Kanalisation, der Wohnungsbau, die kommunale Infrastruktur sowie der Straßenbau. Wir schauen mit Optimismus in die Zukunft."

Skeptischer äußert sich Arcénio Sebastião, DW-Korrespondent in Beira: Die Stadt sei verwundbarer denn je und denkbar schlecht auf einen möglichen neuen Tropensturm vorbereitet: "Es gibt praktisch keine Präventionsmaßnahmen, keine Frühwarnsysteme für Tropenstürme. Es gibt keinerlei Hinweis darauf, dass die Stadt bei einem neuen Sturm besser gewappnet wäre als vor einem Jahr."

Buzi-Fluss: Gefährliche Lebensader

Stillstand beim Wiederaufbau und mangelhafte Präventionsarbeit seien auch und vor allem im Landesinneren zu verzeichnen, meint Journalist Arcénio Sebastião. In der Ortschaft Búzi, am Ufer des gleichnamigen Flusses, etwa eine Autostunde südwestlich von Beira, sei die Lage besonders prekär. "Vor einem Jahr brachte der Búzi-Fluss den Tod", sagt Sebastião: Der Tropensturm Idai habe eine mehrere Meter hohe Flutwelle verursacht, die alles mit sich gerissen habe. Ein Jahr danach seien die Schäden immer noch überall sichtbar. Die meisten Häuser seien nach wie vor zerstört, tausende Menschen lebten immer noch in Zeltlagern, die auf einer Anhöhe, in einiger Entfernung vom Flussufer, errichtet wurden.

Die Wassermassen, die Idai ins Land schleuderte, ließen den Buzi über die Ufer tretenBild: MSF/Pablo Garrigos

"Viele zogen inzwischen zurück ans Ufer des Flusses, wo die Felder am fruchtbarsten sind", sagt Bernardete Roque, Verwaltungsdirektorin des Búzi-Bezirks. Dort aber sei es für die Menschen sehr gefährlich: Tropenstürme könnten jederzeit neue Flutwellen auslösen. Die Menschen hätten jedoch kaum Lehren aus der Idai-Katastrophe gezogen: "Wir appellieren schon seit Jahren an die Menschen hier, sich nicht in den Risikogebieten niederzulassen. Wir sagen ihnen, sie sollen sich in höher gelegeneren Gegenden niederlassen. Aber unsere Appelle finden kaum Gehör."

Im Februar 2020 trat der Búzi erneut über seine Ufer: Wieder wurden die Felder der Bauern zerstört. Und wieder wurden hunderte Menschen obdachlos und mussten umgesiedelt werden. Ein Lernprozess habe hier nicht stattgefunden. Das liege an der Not der Menschen. Sie hätten einfach keine Alternativen, sagt DW-Korrespondent Arcénio Sebastião.

Simbabwe: Korruption und Misswirtschaft erschweren Wiederaufbau

"Auch in Simbabwe fühlen sich die meisten Überlebenden des Zyklons Idai von der Regierung im Stich gelassen", berichtet DW-Korrespondent Privilege Musvanhiri aus Chimanimani im Südosten des Landes. Die meisten Idai-Opfer lebten immer noch in improvisierten Lagern und schlafen in Zelten. In Simbabwe starben im März 2019 mehr als 300 Menschen infolge des Zyklons Idai. Zehntausende verloren ihr Zuhause.

"Viele der betroffenen Gebiete sind nach wie vor völlig unbewohnbar", bestätigt der simbabwische Minister July Moyo, der für die lokale Verwaltung im Land zuständig ist. Schuld sei vor allem der Klimawandel. Es bereite der Regierung viel Mühe, neue Gebiete für die Umsiedlung der betroffenen Menschen zu erschließen.

Diese Mutter und ihre Tochter in Buhera, Simbabwe haben von einer Hilfsorganisation ein neues Haus bekommenBild: Getty Images/AFP/J. Njikizana

Wäre Simbabwe heute besser auf eine Naturkatastrophe vorbereitet? "Wenn erneut ein Sturm wie Idai auf uns zukäme, wäre die Regierung jetzt erst recht überfordert", meint Privilege Musvanhiri. Die Wirtschaft Simbabwes liegt darnieder. "Die Regierung ist jetzt mit scheinbar drängenderen Problemen beschäftigt", sagt Musvanhiri. "Der Staat wäre nicht imstande, eine erneute Sturmkatastrophe zu meistern."

Mitarbeit: Arcénio Sebastião, Privilege Musvanhiri

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