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Kein Durchbruch am Vesuv

Bernd Riegert, zz. Neapel29. November 2003

Nach dem Treffen der EU-Außenminister in Neapel stieg kein weißer Rauch auf, anders als beim Papstwahlkonklave. Weißer Rauch hätte nämlich ein Ergebnis bedeutet.

EU-Regierungskonferenz:<br>Viel Gerede, wenig ResultateBild: AP


Beim Abstimmungsmodus in der künftig 25 Staaten umfassenden Europäischen Union bestehen nach wie vor unverrückbare Gegensätze. Polen und Spanien möchten auf jeden Fall das Abstimmungssystem behalten, das vor drei Jahren in Nizza ausgehandelt worden war. Danach haben Polen und Spanien fast genauso viele Stimmen wie Deutschland und Frankreich, die aber nahezu doppelt so groß sind.

Es geht um einen Interessen-Ausgleich zwischen den sechs großen Staaten und den neunzehn kleinen Staaten der EU. Außenminister Fischer: "Wenn wir das nicht erreichen und einen de facto Rückfall auf Nizza haben, dann werden wir alle zusammen im erweiterten Europa einen bitteren Preis zu bezahlen haben. Uns bleiben nur noch wenige Tage." Der Minister wies darauf hin, dass jetzt alle Kräfte mobilisiert werden müssen - nicht um einen Formel-Kompromiss zu erreichen, sondern einen wirklichen Durchbruch.

Verabschieden oder verschieben?

Mitte Dezember treffen sich in Brüssel die Staats- und Regierungschefs der Union, um die EU-Verfassung zu verabschieden. Der italienische Ratsvorsitzende Franco Frattini schlug mit Unterstützung des britischen Außenministers Jack Straw vor, die knifflige Entscheidung über Macht und Einfluss zu verschieben. Denn erst 2009, wenn eine neue Verfassung in Kraft treten und der Vertrag von Nizza auslaufen würde, ist theoretisch ein neues Abstimmungssystem nötig.

Ein Herumdrücken um die Entscheidung lehnt der deutsche Außenminister Joschka Fischer dagegen kategorisch ab. Es dürfe keine Überbleibsel nach den Verhandlungen geben, die keine Kleinigkeiten, keine Krümel, sondern sozusagen das Hauptgericht, der Sonntagsbraten wären: "Also eine Vertagung der Kern-Fragen, das wäre faktisch ein Eingeständnis des Scheiterns."

In Brüssel droht ein Verhandlungsmarathon

Die Besetzung der EU-Kommission, der Verwaltungsspitze in Brüssel, ist ebenfalls umstritten. Die kleinen Staaten fordern unter Führung Österreichs einen Kommissar pro Land, was die Kommission auf 25 und später 27 Köpfe ausdehnen würde. Deutschland und Frankreich wollen hingegen eine schlankere Kommission mit rotierenden Ländervertretern, wie das der Verfassungsentwurf vorsieht.

An diesem Punkt gäbe es Verhandlungsmasse, meinen EU-Diplomaten. Ansonsten empfehlen sie den Staats- und Regierungschefs sich für den Verfassungsgipfel im Dezember auf Marathon-Verhandlungen einzustellen, die länger dauern könnten als die angesetzten zwei Tage. "Der Bundeskanzler sollte mindestens vier Oberhemden für vier lange Verhandlungsnächte einpacken," lautet ein scherzhafter Ratschlag.

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