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Kein Ende der Stahlkrise in Sicht

30. November 2017

Weltweit wird zu viel und zu billiger Stahl produziert. Alle wissen das und doch will natürlich niemand so richtig zurückstecken. Daran konnte auch der G20-Stahlgipfel in Berlin nichts ändern. Sabine Kinkartz berichtet.

G20 Stahlgipfel in Berlin
Bild: Reuters/A. Schmidt

Kein Durchbruch: Stahlgipfel in Berlin

01:09

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Selbst magere Ergebnisse als Erfolg verkaufen, das ist das tägliche Brot der Politiker. Da macht Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries keine Ausnahme. Nach einem Treffen mit ihren G20-Kollegen aus den wichtigsten Industrie- und Schwellenländern in Berlin verkündete sie mit optimistischem Blick, im Kampf gegen globale Überkapazitäten auf dem Stahlmarkt sei "ein Schritt nach vorne" gemacht worden. "Ich bin sehr froh, dass wir am Ende des ersten Ministertreffens des Stahl-Forums einen positiven Beschluss fassen konnten."

Angesichts des vor allem zwischen den USA, China und Europa eskalierenden Streits über Dumpingpreise und Überkapazitäten auf dem internationalen Stahlmarkt mag jedes gemeinsame Papier als Erfolg zu werten sein. Tatsächlich enthält der Berliner Beschluss aber nichts Weiteres als Selbstverständlichkeiten und bloße Handlungsempfehlungen. Konkrete Schritte oder gar Zielvereinbarungen wurden nicht unterschrieben.

Einig, dass man sich einig ist

Mit dem Papier wurde ein Konsens darüber erzielt, dass Überkapazitäten "ein globales Problem sind und daher globale Antworten" brauchen. Es soll einen "Abbau von marktverzerrenden Subventionen" geben. Des weiteren erkennen die stahlproduzierenden Länder an, dass es fair zugehen muss und dass "Stahlproduktion und der Handel damit Ergebnisse von Marktmechanismen sind und sein müssen". Schlussendlich sind sich alle einig, dass Kapazitäten abgebaut werden und dass dies "zugelassen werden muss".

Damit ist die Gefahr eines mit Subventionen und Strafzöllen geführten Handelskriegs keineswegs vom Tisch. Daraus machte Jamieson Greer, der Stabschef im Büro des US-Handelsbeauftragten auch keinen Hehl. "Wir denken, dass die grundlegenden Probleme noch nicht angegangen worden sind", kommentierte Greer das Konferenzergebnis.

US-Präsident Donald Trump will die heimische Stahlindustrie schützenBild: Reuters/A. P. Bernstein

Drohkulisse bleibt erhalten

Die USA seien zwar "weiterhin stark daran interessiert", mit den anderen Ländern an den grundlegenden Ursachen der Stahlkrise zu arbeiten, so Greer. Sie wollen aber daran festhalten, im Januar auf der Basis eines Berichts von Handelsminister Wilbur Ross darüber zu entscheiden, ob sie weitere Strafzölle gegen ausländische Stahllieferanten verhängen. "Wir werden nicht zögern, die rechtlich möglichen Maßnahmen einzuleiten, um zu einer Reduzierung der Überkapazitäten zu kommen", so Greer in Berlin. Bundeswirtschaftsministerin Zypries hatte im Vorfeld des Gipfels angekündigt, darauf werde Europa gegebenenfalls reagieren. EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström kündigte in Berlin an, die EU werde auf unfaire Wettbewerbspraktiken weiter mit Anti-Dumping-Maßnahmen antworten.

Mehr als 1,6 Milliarden Tonnen Rohstahl wurden im vergangenen Jahr weltweit produziert und auch verkauft. Rund die Hälfte davon war chinesischer Stahl. China ist auch der mit Abstand größte Stahlexporteur der Welt. Das Problem ist, dass rein theoretisch noch weitaus mehr produziert werden könnte. Laut OECD belief sich der Kapazitätsüberhang 2016 auf 737 Millionen Tonnen, soviel wie nie. Rund die Hälfte davon entfällt auf China. Zum Vergleich: Die deutsche Stahlproduktion lag im vergangenen Jahr bei 42 Millionen Tonnen.

China lobt sich

"Wir sind das Problem aktiv angegangen", sagte Chinas Vize-Handelsminister Li Chenggang in Berlin. "Wir haben 115 Millionen Tonnen Kapazität in China abgebaut." Die Regierung in Peking habe beschlossen, bis 2020 auf 150 Millionen Tonnen zu kommen. "Der Kapazitätsabbau ist ein schmerzhafter Prozess. China muss hunderttausende Arbeiter umsiedeln und wir haben einen hohen Preis gezahlt." Jetzt müssten auch die anderen großen Stahlproduzenten konkrete Maßnahmen zur Reduktion ihrer Kapazitäten ergreifen, so Li. "Um eine Situation zu vermeiden, in der nur China etwas tut und die anderen zusehen."

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Bereits im September 2016 hatten die G20-Länder auf dem Gipfeltreffen in der südchinesischen Stadt Hangzhou vereinbart, das Thema Überkapazitäten auf dem Weltstahlmarkt zu einem Schwerpunkt zu machen. Das "Global Forum on Steel Excess Capacity" wurde im Dezember des Jahres bereits unter deutscher G20-Präsidentschaft gegründet. 33 Länder sind beteiligt, auch die OECD ist mit an Bord. Das Forum wurde beauftragt, "zügig konkrete politische Lösungen zum Abbau von Überkapazitäten" zu erarbeiten.

Niemand glaubt mehr an eine schnelle Lösung

Trotzdem drohte das Thema zum Großkonflikt beim G20-Gipfel im Juli dieses Jahres in Hamburg zu werden, an dem US-Präsident Donald Trump und der chinesische Präsident Xi Jinping teilnahmen. Man vereinbarte daher das Ministertreffen Ende November in Berlin. Am letzten Tag der deutschen G20-Präsidentschaft, die am 1. Dezember auf Argentinien übergeht. Allerdings schickten nur fünf Länder tatsächlich ihre Minister nach Berlin, alle anderen Staaten waren lediglich durch Spitzenbeamte vertreten.

Brigitte Zypries und Li ChenggangBild: Reuters/A. Schmidt

Ein Hinweis darauf, dass die wenigsten inzwischen noch an eine schnelle Lösung glauben? Bundeswirtschaftsministerin Zypries bleibt optimistisch. 115 Millionen Tonnen Kapazitätsabbau, das sei doch schon "beachtlich", lobte sie ihren chinesischen Kollegen. "Man sieht daran, dass sich ein Verständnis entwickeln muss und dieses Verständnis entwickelt sich manchmal besser, wenn man nicht gleich mit irgendwelchen Drohungen an der Ecke steht."

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