1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Kein Ende des Flüchtlingsdramas auf Kos

Greta Hamann13. August 2015

Kein Dach über dem Kopf, keine Toiletten und stundenlanges Ausharren in der prallen Sonne. So empfängt die EU tausende Flüchtlinge auf der Insel Kos. Die Organisation "Ärzte ohne Grenzen" versucht zu helfen.

Flüchtlinge im Gedränge (Foto: REUTERS/Alkis Konstantinidis)
Bild: Reuters/A. Konstantinidis

Sie können unterhalb dieses Artikels einen Kommentar abgeben. Wir freuen uns auf Ihre Meinungsäußerung!

Ohne eine Registrierung kommen die Menschen nicht weiter. Doch um diese zu bekommen, müssen Flüchtlinge auf der griechischen Urlaubsinsel Kos eine Menge durchmachen. Allein im Juli erreichten rund 7000 Flüchtlinge die Insel in Sichtweite der türkischen Küste. Auf kleinen Schlauchbooten setzen sie von der Türkei über. Nun wollen sie auf das Festland, nach Nordeuropa.

Normalerweise leben rund 33.000 Menschen auf der Insel. Im Moment ist jeder Fünfte ein Flüchtling. Um mit den Menschenmengen klarzukommen, richteten die Behörden eine Registrierungsstelle im Stadion der Insel ein. Bei Temperaturen von über 30 Grad mussten hunderte Menschen dort in der Hoffnung auf ihre Papiere ausharren, ohne Schutz vor der Sonne, ohne Wasser oder Nahrungsmittel und mit viel zu wenigen Toiletten. Die Hilfsorganisation "Ärzte ohne Grenzen" berichtet von schrecklichen Szenen: Es gab keine Möglichkeit aus dem Stadion zu gelangen, manche Menschen kletterten über Zäune, um Nahrungsmittel besorgen zu können. Frauen, Kinder und Babys - alle waren eingepfercht.

Wickeln auf einer Schwimmweste. Auf Kos gibt es keine Flüchtlingsunterkünfte - auch nicht für FamilienBild: picture alliance/AP Photo/A. Zemlianichenko

Menschen schlafen unter freiem Himmel

Das Gedränge in den Wartschlangen, die Sonne, das fehlende Wasser und natürlich die Kriegs- und Fluchterfahrungen sorgen dafür, dass viele der Flüchtlinge unter extremer Erschöpfung leiden. Über 60 Menschen behandelten die Mitarbeiter von "Ärzte ohne Grenzen" in dem Stadion an nur einem Tag, vier mussten sie ins Krankenhaus überweisen, darunter auch eine schwangere Frau. "Es ist mir nicht verständlich, dass so etwas in Europa passiert", sagt Florian Westphal, der Leiter von "Ärzte ohne Grenzen" in Deutschland.

Da es weder eine Erstaufnahme-Einrichtung noch eine zentrale Unterkunft für die Flüchtlinge gibt, schlafen die Menschen in Parks oder am Strand. Sie erhalten keine Lebensmittel, es gibt keine sanitären Einrichtungen. Brice de le Vingne, Leiter der 15 "Ärzte ohne Grenzen"-Mitarbeiter, die derzeit auf Kos im Einsatz sind, erhebt schwere Vorwürfe gegen die Behörden: "Sie haben deutlich erklärt, dass sie nicht die Absicht haben, die Situation für diese Menschen zu verbessern, weil sie denken, das würde noch mehr Flüchtlinge anziehen."

"Menschenverachtend und demütigend"

Florian Westphal von "Ärzte ohne Grenzen" in Deutschland hält diese Einstellung für extrem zynisch: "Wir als EU würden ein ähnliches Vorgehen in den syrischen Nachbarländern niemals zulassen. Stellen sie sich vor, was passiert, wenn diese auf einmal erklärten, sie geben den Flüchtlingen keinen Ort zum Schlafen, kein Essen und keine sanitären Einrichtungen, damit diese nicht weiter auf die Idee kommen, in ihr Land zu flüchten."

Auch Claudia Roth, die Vizepräsidentin des deutschen Bundestages und Abgeordnete der Grünen, war auf Kos. Sie bezeichnet die Verhältnisse dort als demütigend und menschenverachtend: "Ich habe schon viel erlebt, ich war schon in vielen Flüchtlingslagern in der Welt. Doch das, was ich mitten in Europa erlebt habe, war wirklich die Hölle."

Nachdem die Situation Anfang der Woche sogar mit einer Auseinandersetzung mit der Polizei eskalierte, wurden am Donnerstag rund 1300 Flüchtlinge auf das griechische Festland gebracht. Doch täglich kommen weitere Menschen in Schlauchbooten auf der Insel an. Am Freitagmorgen soll eine Fähre vor Kos anlegen. Dort sollen dann täglich rund 2500 Flüchtlinge registriert werden können. Auch ist der Einsatz eines Kreuzfahrtschiffes als temporäre Flüchtlingsunterkunft in der Diskussion.