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Politik

Kein Internet für Anglophone in Kamerun

25. Januar 2017

Kamerun hat zwei Amtssprachen: Französisch und Englisch. Doch das bilinguale System droht zu scheitern. Nach Protesten wurden die Datenleitungen in den anglophonen Regionen stillgelegt. Die Lage im Land ist angespannt.

Jobs für Jugend in Kamerun
Bild: DW/M. Kindzeka

"Es ist unerträglich", sagt Ngoran Ephraim aufgebracht. Der 34-Jährige leitet ein Internet-Café in Bamenda, der Hauptstadt von Kameruns Nordwest-Region. Normalerweise ist hier Hochbetrieb, doch jetzt bleiben die Stühle vor den Rechnern leer. Das Internet in Kameruns englischsprachiger Region liegt lahm - und das seit mehr als einer Woche. "Studenten können nicht recherchieren. Banken und jegliche Institute, die auf Finanz-Transaktionen angewiesen sind, können nicht mehr arbeiten." Gerade viele junge Leute, die mit dem Internet arbeiten, hätten ihre Jobs verloren, sagt Ephraim.

Der Internet-Shutdown kam ohne Vorwarnung - auf Anweisung aus der Hauptstadt Yaoundé. Seit Jahren protestieren die vorwiegend anglophonen Regionen Nordwest und Südwest gegen die Ausgrenzung im ansonsten französisch geprägten Kamerun. Mitte Januar erklärte die Regierung zwei anglophone Lobbyorganisationen für illegal, Stunden später wurden die Datenleitungen in den beiden Landesteile abgestellt.

Auch der Unterricht in Nigerias Nordwest-Region soll weiter auf Englisch stattfinden, fordern LehrerBild: DW/H. Fischer

Offene Drohungen

Offenbar hatte Kameruns Regierung die Sozialen Netzwerke als Bedrohung empfunden, nachdem Aktivisten zu Generalstreiks aufgerufen hatten. Post- und Telekommunikationsministerin Libom Li Likeng erklärte, sie habe die Internetanbieter wegen der Proteste angewiesen, ihre Dienste auszusetzen. Gleichzeitig warnte sie die Bevölkerung: "Wenn jemand euch bittet, Informationen zu teilen: Seid euch bewusst, dass ihr Rechenschaft ablegen müsst." Noch deutlicher wurde das Ministerium in SMS-Mitteilungen an alle kamerunischen Handynutzer: Wer nicht belegbare Informationen in den Sozialen Netzwerken verbreite, müsse mit Haftstrafen von bis zu zwei Jahren rechnen.

Es ist nicht das erste Mal in jüngster Zeit, dass eine afrikanische Regierung versucht, Bürgerproteste mit Internet-Blockaden zu unterbinden. Länder wie Burundi, Niger oder die Demokratische Republik Kongo kappten in den vergangenen Jahren gezielt die Datenverbindungen. Auch Präsidentschaftswahlen gingen 2016 öfter mit Internet- und Telefonsperren einher - so geschehen in Uganda, Tschad und zuletzt Anfang Dezember in Gambia. In Kamerun war es ein leichtes Spiel: Die Glasfaserkabel-Netze sind in der Hand eines staatlichen Unternehmens, das die Order aus dem Ministerium ohne Zögern umsetzte. Die Internetabdeckung hatte erst in den vergangenen Jahren rapide zugenommen. In Kamerun kommen auf zwei Einwohner rund drei Handys.

Das Erbe der Kolonialzeit: Im heutigen Kamerun herrschten einst Briten und Franzosen

Ein alter Konflikt

Nicht alle in Bamenda sind so erschüttert wie Ngoran Ephraim in seinem Internet-Café. Die Studentin Rita Agbor hofft, dass die Regierungsmaßnahme die Krise entschärfen kann: "Die Fehlinformationen im Netz hatten ein Ausmaß angenommen, das die Stimmung vergiftete. Diese Menschen haben dadurch Gewalt provoziert." Die Ursprünge des Sprachkonflikts reichen ein Jahrhundert zurück: Nach Ende des Ersten Weltkriegs ging das ehemalige deutsche Kolonialgebiet an den Völkerbund über - die Verwaltung teilten sich Frankreich und Großbritannien.

In der Hauptstadt Yaoundé ist Französisch die Sprache Nummer einsBild: DW/M. Kindzeka

Nach der Unabhängigkeit Kameruns votierte die Bevölkerung der heutigen Regionen Nordwest und Südwest für eine Zugehörigkeit zu Kamerun. Französisch und Englisch wurden Amtssprachen - doch in der Praxis bekam die Mehrheitssprache Französisch an vielen Stellen eine Vorzugsbehandlung.

Angst um die Familien 

Es war ein fragiles System, das 2016 endgültig ins Wanken geriet: Mit Großdemonstrationen machten Menschen ihrem Ärger Luft. Richter und Anwälte forderten, dass wichtige Gesetzestexte auch auf Englisch übersetzt würden. Lehrer und Dozenten demonstrierten für den Erhalt des Englischen als Unterrichtssprache.

Als schließlich sogar Rufe nach einer Abspaltung des englischsprachigen Westens laut wurden, eskalierte der Konflikt. Yaoundé schickte Truppen, mindestens ein Demonstrant kam ums Leben, Dutzende wurden verhaftet. Viele Kameruner haben ihre Familien schon aus dem englischsprachigen Landesteil zu Verwandten in den französischsprachigen Regionen gebracht. Auch internationale Organisationen, die in den betroffenen Gebieten aktiv sind, beobachten die Lage genau - um ihre Mitarbeiter notfalls in Sicherheit bringen zu können. Mit der Internetblockade hat der Streit um die Sprachen in Kamerun ein neues Level erreicht.

Mitarbeit: Moki Kindzeka

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