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PolitikPakistan

Kein klarer Sieger bei Parlamentswahl in Pakistan

Shamil Shams
11. Februar 2024

Bei den Wahlen in Pakistan konnte sich keine Partei als klarer Gewinner durchsetzen. Nun müssen Koalitionen gefunden werden. Arbeitslosigkeit, Inflation und Umweltkatastrophen bleiben die zentralen Themen.

Pakistan | Gruppe von Menschen, die der PTI-Partei angehören, schwenken Fahnen
Anhänger von Khans Partei Pakistan Tehreek-e-Insaf (PTI) feiern in Islamabad das WahlergebnisBild: Abdul Majeed/AFP

Bei der am 8. Februar abgehaltenen Parlamentswahl in Pakistan haben unabhängige Kandidaten die meisten Stimmen errungen. Viele von ihnen stehen mit der Partei des inhaftierten Ex-Premierministers Imran Khan Pakistan Tehreek-e-Insaf (PTI) in Verbindung. Die Partei selbst war von der Wahl ausgeschlossen, deshalb waren viele ihrer Kandidaten als Unabhängige angetreten, die keine Regierung bilden dürfen.

Dennoch hatte die PTI mit einer größeren Zustimmung gerechnet und kurz nach den ersten Auszählungen Wahlfälschung angeprangert. Als die zu Protesten aufriefen, drohte die Polizei mit einem harten Durchgreifen gegen Demonstranten.

Wer in Islamabad künftig die Geschicke der asiatischen Atommacht lenken würde, blieb zunächst ungeklärt. Die von Ex-Premierminister Nawaz Sharif gegründete und vom Militär unterstützte Partei Muslimliga-Nawaz (PML-N) erzielte nach offiziellen Angaben 75 Sitze, die Pakistanische Volkspartei (PPP) kam auf 54 Sitze. Kleinere Parteien erreichten 34 Sitze, zwei blieben unbesetzt.

Schwierige Regierungsbildung erwartet

Die PML-N erklärte sich zur Partei mit den meisten Sitzen. Zur Bildung einer Regierung muss sie jedoch mit Rivalen und Unabhängigen sprechen. Für am wahrscheinlichsten gilt eine Koalition zwischen der PML-N und der PPP. Beide Parteien hatten bereits eine Regierung gebildet, nachdem sie Khan im April 2022 durch ein Misstrauensvotum gestürzt hatten.

Das vorläufige Endergebnis wurde erst mehr als 60 Stunden nach Schließung der Wahllokale am Donnerstag veröffentlicht, was Zweifel an der Auszählung aufkommen ließ. Sowohl Khan als auch Sharif - seit längerem erbitterte Rivalen - hatten bereits den Sieg für sich reklamiert.


Erzrivalen im Kampf um die Macht: Nawaz Sharif (links) und Imran Khan (rechts)Bild: Daniel Leal/Arif Ali/AFP/Getty Images

Imran Khans Partei möchte Regierung bilden

"Imran Khan wird sich vom Gefängnis aus um die Parteiangelegenheiten kümmern. Khans Partei wird eine Regierung in der Provinz Khyber Pakhtunkhwa bilden, aber in der Nationalversammlung wahrscheinlich in der Opposition sein", sagt Qamar Cheema, politischer Analyst in Islamabad, im Gespräch mit der DW. Der frühere Regierungschef wurde in mehreren Fällen im Zusammenhang mit Korruption und der Weitergabe von Staatsgeheimnissen verurteilt. Er war von der Kandidatur bei den Wahlen ausgeschlossen worden.

Steht noch mehr Instabilität bevor?

Viele Pakistaner hatten gehofft, dass die Wahlen am 8. Februar die seit langem andauernden politischen und wirtschaftlichen Turbulenzen des Landes beenden würden. Da jedoch keine Partei eine siegsichernde Mehrheit im Parlament erreicht hat, dürfte der erbitterte Konflikt zwischen Khan und Sharif andauern. Und das in einer Zeit, in der Pakistan vor großen Problemen steht.

Das südasiatische Land leidet unter einer schweren Finanzkrise, hoher Inflation und Arbeitslosigkeit. Umweltkatastrophen wie Überschwemmungen haben die Lage zusätzlich verschärft. Viele Pakistaner haben folglich Schwierigkeiten ihren Lebensunterhalt zu bestreiten und sind enttäuscht von denen, die in der Politik den Ton angeben.

Viele Pakistaner haben gehofft, die Wahlen würden mehr Stabilität bringen. Wahlplakat in LahoreBild: Tanveer Shahzad/DW

"Es spielt keine Rolle, wer an die Macht kommt.", sagt Sarah Khan, eine Lehrerin aus der Hauptstadt Islamabad, im Gespräch mit der DW. "Jeder, der an die Macht kommt, muss politische Stabilität in das Land bringen, und das geht nicht, ohne Vertrauen in der Öffentlichkeit aufzubauen. Wahlen sind also wichtig, aber ich glaube nicht, dass sie einen großen Unterschied machen werden."

"Die Wähler haben ein gespaltenes Mandat erteilt", sagt Maliha Lodhi, Politikwissenschaftlerin und frühere Repräsentantin Pakistans bei den Vereinten Nationen. "Das sind keine guten Nachrichten für die politische Stabilität." Auch sie rechnet damit, dass die Regierungsbildung schwierig wird.

Imran Khan im Clinch mit dem mächtigen Militär

Die Wahlen am Donnerstag kreisten um einen Ex-Premier, der die Militärgeneräle, die mit eisernem Griff an der Macht festhalten, herausgefordert hat. Im Jahr 2018 hatten Khans Gegner den Militärs noch vorgeworfen, ihm den Weg zur Macht geebnet zu haben. Doch bis zum Misstrauensvotum im April 2022, bei dem Khan aus der Regierung gedrängt wurde, waren die Spannungen zwischen ihm und den Generälen angestiegen.

Pakistan: Das Militär und die Wahlen

02:37

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Khan beschuldigte das Militär, das Misstrauensvotum gegen ihn inszeniert zu haben. Den USA warf er vor, dass Militär und rivalisierende Parteien unterstützt zu haben, um ihn aus dem Amt des Premierministers zu entfernen - eine Behauptung, die Washington kategorisch zurückweist.

Nach einer jahrelangen Konfrontation mit dem Militär waren Khans Anhänger im Frühjahr 2023 im ganzen Land auf die Straße gegangen,  um gegen seine Verhaftung zu protestieren. Die Proteste schlugen in Gewalt um. Einige Randalierer begannen, militärische Einrichtungen anzugreifen und in Wohngebieten der Armee zu randalieren.

In den Monaten nach den Unruhen begannen die Behörden, mutmaßliche Demonstranten, darunter PTI-Mitglieder, vor Militärgerichte zu stellen. Hochrangige und mittlere Parteifunktionäre der PTI kündigten in Scharen ihren Rücktritt an und erklärten ihre Unterstützung für das Militär.

Khans Unterstützer hofften, dass eine "Sympathieabstimmung" für den inhaftierten Parteichef dazu führen würde, dass die PTI die Wahlen am Donnerstag deutlich für sich entscheiden würde. Dazu kam es laut offiziellen Auszählungen nicht. Schon als die Wahlkommission die Bekanntgabe der Wahlergebnisse verzögerte, beschuldigten PTI-Funktionäre und Unterstützer Khans die Behörden, die Wahl zu Sharifs Gunsten manipuliert zu haben.

Einige PTI-Anhänger sagten der DW in Karatschi, dass ihre Partei die absolute Mehrheit gewonnen hätte, wenn das Wahlgremium nicht über Nacht "die Ergebnisse geändert" hätte. Die Behörden weisen diese Vorwürfe als haltlos zurück.

Nächste Regierung steht vor großen Herausforderungen

Wer auch immer die nächste Regierung bilden wird, steht vor großen Herausforderungen. Die dringlichste davon ist die Sanierung der Wirtschaft. Wird die nächste Regierung es versäumen, die Inflation zu senken und die Beschäftigungsmöglichkeiten zu erhöhen, wird sie wahrscheinlich sehr unpopulär werden. Und der ökonomische Druck auf die Bevölkerung könnte sich noch erhöhen.

Viele Pakistaner kämpfen um ihren täglichen UnterhaltBild: Rizwan Tabassum/AFP

Pakistan ist bereits in hohem Maße von den Rettungspaketen des Internationalen Währungsfonds (IWF) abhängig. Die nächsten Verhandlungen mit der UN-Sonderorganisation sollen nach dem Amtsantritt der neuen Regierung stattfinden. Die harten Bedingungen des IWF könnten den nächsten Premierminister dazu treiben, die Steuern zu erhöhen und Reformen durchzuführen, die die Bürger wahrscheinlich weiter belasten werden.

"Wenn eine schwache Koalitionsregierung entsteht, wird sie nicht in der Lage sein, die Wirtschaftsreformen auf den Weg zu bringen, die dringend notwendig sind, um das Land wieder auf den Wachstums- und Investitionspfad zu bringen", betont Politologin Lodhi.

Eine weitere große Herausforderung für die nächste Regierung wird der Umgang mit einem Anstieg militanter Angriffe sein. Der ist in den vergangenen Monaten entlang der Grenzen zu Afghanistan und dem Iran in den Provinzen Belutschistan und Khyber Pakhtunkhwanstieg zu verzeichnen. Um dieser Bedrohung zu begegnen, muss der nächste Premierminister möglicherweise die Sicherheitskräfte stärken. Militäroperationen in diesen Gebieten wären dann nicht ausgeschlossen.

Ergänzende Berichterstattung von Haroon Janjua aus Islamabad und Agenturmaterial (Reuters, AFP)

Aus dem Englischen adaptiert von Florian Weigand

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