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Politik

Kein Tauwetter in Sicht

Roman Goncharenko
30. Mai 2017

Wenig Spielraum, kühle Stimmung: Russische Beobachter ziehen eine nüchterne Bilanz des ersten Treffens zwischen Macron und Putin. Der französische Präsident versuche sich zu profilieren.

Frankreich - Paris - Vladimir Putin trifft Emmanuel Macron
Bild: Getty Images/AFP/G. van der Hasselt

"Trotz beachtlicher Ergebnisse, die manche Erwartungen übertroffen haben, verlief das Treffen sehr kühl", sagt Tatiana Stanovaya. "In strittigen Fragen wollten weder Putin noch Macron in die Details gehen." So beschreibt die in Paris lebende Expertin des russischen Zentrums für politische Technologien in einem DW-Gespräch ihre Eindrücke vom ersten Treffen zwischen Emmanuel Macron und Wladimir Putin. Ob Syrien oder die Ukraine-Krise und die damit verbundenen westlichen Sanktionen, der Korridor der Möglichkeiten sei "sehr eng". Eine Annäherung zwischen Moskau und Paris dürfte schwierig sein.  

Es war in vielerlei Hinsicht ein ungewöhnlicher Besuch. Dass Putin auf Macrons Einladung nach Paris kommt, wurde erst eine Woche vor dem Reisetermin bekanntgegeben. Seit der Annexion der Krim durch Russland ist der Kremlchef ein seltener Gast in Westeuropa, doch nach Frankreich kam er immer wieder. Im Herbst 2016 sagte Putin überraschend eine geplante Reise nach Paris ab. Es soll thematische Differenzen mit dem damaligen Präsidenten Francois Hollande gegeben haben.

Macron zeigt Härte, Putin wartet ab

Umso größer war die Aufmerksamkeit jetzt. Im Vorfeld des Besuchs hoben manche russische Medien die Tatsache hervor, dass Macron Putin nicht im Élysée-Palast, sondern in der ehemaligen Königsresidenz Versailles empfängt. Das sei Zeichen einer besonderen Wertschätzung. Die offizielle Begründung dafür war eine Ausstellung über den russischen Zaren Peter den Großen.

Nach dem Besuch ziehen Experten eine nüchterne Bilanz. "Viele haben das Gefühl, das Treffen sei weder in einer besonders kritischen noch in einer besonders wohlwollenden Atmosphäre verlaufen", sagte Alexej Chikhachev von der regierungsnahen Denkfabrik Russischer Rat für Außenpolitik im Gespräch mit der DW. Einen Durchbruch habe es nicht gegeben, doch die Staatschefs hätten das auch nicht erwartet, so der Frankreich-Experte aus St. Petersburg. Vielmehr sei es Putin und Macron darum gegangen, die Ansichten des jeweils anderen kennen zu lernen. Dabei habe Macron bereits früher einen harten Dialog mit Russland angekündigt und versuche, sich so als neuer außenpolitischer Spieler auf der Weltbühne zu profilieren.

"Auch Putin hat seine Haltung wohl kaum aufgegeben und wartet ab, weil er weiß, dass alle wichtigen Entscheidungen in einem größeren Format getroffen werden", sagt Chikhachev. In der Ukraine-Frage zum Beispiel sei es das sogenannte Normandie-Format, in dem Frankreich, Deutschland, Russland und die Ukraine seit 2014 eine politische Lösung für den Krieg in der Ostukraine suchen. Macron jedenfalls dürfte die Russland-Politik seines Vorgängers Hollande fortsetzen, glaubt Chikhachev. Hollandes Verhältnis zu Russland sei "nicht sehr gut" gewesen.

Macron für Putin schwieriger als Hollande 

Tatiana Stanovaya sieht einen grundsätzlichen Unterschied zwischen dem alten und dem neuen Präsidenten in Frankreich. Hollande sei passiv gewesen. Macron dagegen wolle Frankreichs Rolle bei der Lösung internationaler Konflikte aufwerten. So habe er nach dem Treffen mit Putin neue Initiativen wie die Schaffung einer Syrien-Arbeitsgruppe und eines zivilgesellschaftlichen Forums mit Russland angekündigt. Für Putin dürfte Macron ein eher schwieriger Partner sein, so die Vermutung der russischen Expertin. Der neue französische Präsident biete Russland eine Art "Vernunftehe" an: "Wir sind gezwungen mit Russland zusammenzuarbeiten, weil wir ein gemeinsames Problem mit dem Terrorismus haben, das wir ohne Russland nicht lösen können." Ein Tauwetter sei nicht in Sicht, und es bestehe das Risiko einer weiteren Abkühlung.

Karikatur von Sergey Elkin: Russia Today (RT) und Sputnik sind für Macron "Instrumente des Einflusses" und "Propaganda"

Einen Vorgeschmack auf neue, härtere Töne aus Paris lieferte Macron am Ende seiner Pressekonferenz mit Putin. Eine russische Journalistin fragte, warum ihre Kollegen aus seiner Wahlkampfzentrale ausgeschlossen gewesen worden seien. Es ging um die russischen Auslandssender RT und Sputnik. Während des Wahlkampfs warf Macron diesen Medien vor, ihn als Kandidaten verunglimpft zu haben. Jetzt nannte er sie in Putins Anwesenheit "Instrumente des Einflusses" und "Propaganda". Solche Äußerungen seien Teil des Wahlkampfs und für einen Präsidenten eher ungewöhnlich, meint Alexej Chikhachev. Sollte Macron mit Russland weiter in dieser "konfrontativen Logik" sprechen, dürfte das den Dialog mit Putin erschweren. 

Für Macron sei das ein persönliches Thema, sagt Tatiana Stanovaya. Wenn Russland keine Möglichkeit findet, die Wogen zu glätten, sollte man keine netten Gesten Macrons in Richtung Moskau erwarten.  

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