China-USA: "Kein wesentlicher Fortschritt" nach Gesprächen
30. Juli 2025
Es war höchstens ein Zwischenergebnis, aber bei Weitem kein endgültiges. Die letzte Runde der Handelsgespräche zwischen China und den USA in Stockholm zog sich über zwei Tage hin. Offenbar konnten dabei die wichtigsten Differenzen nicht ausgeräumt werden. Die beiden größten Volkswirtschaften der Welt setzen sich für eine weitere Aussetzung der Strafzölle ein. Allerdings gibt es hierfür keinen Zeitplan.
Verglichen mit den beiden vorangegangenen Gesprächen habe die letzte Runde "keinen wesentlichen Fortschritt" erzielt, sagt Claus Soong, Analyst der Berliner China-Denkfabrik MERICS. Es sei wieder "ein Abwarten in der Hoffnung auf eine Veränderung" gewesen. Nun hat US-Präsident Trump das letzte Wort, die Frist vom 12. August zu verlängern - oder eben auch nicht.
Die USA hatten zuvor gewarnt, dass sich der Zollsatz auf chinesische Importe dreistellig entwickeln könnte, wenn die Gespräche scheitern sollten. Im Raum habe nach chinesischen Angaben eine mögliche Fristverlängerung um 90 Tage gestanden.
Der Zollkonflikt belastet die Konjunktur weltweit. Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat zwar seine globale Wachstumsprognose auf drei Prozent angehoben, warnte aber davor, dass eine erneute Eskalation ein großes Risiko bleibe.
Xi-Trump-Treffen noch 2025?
Diese Woche hätten die USA und China ihr unmittelbares Ziel offenbar doch erreicht, sagt dagegen Patricia M. Kim von der Denkfabrik Brookings Institution in Washington. Beide Länder hätten mehr Zeit gewonnen, um auf ein umfassenderes Abkommen hinzuarbeiten, das die Präsidenten Donald Trump und Xi Jinping bei ihrem möglichen Treffen noch in diesem Jahr billigen könnten. Die US-Unterhändler bestritten allerdings, dass das Treffen zweier Präsidenten ein Thema in Stockholm gewesen sei.
Medien berichten, eine Begegnung zwischen Xi und Trump könnte schon Anfang September stattfinden. Am 3. September will China in Peking das Ende des Zweiten Weltkriegs in Asien vor 80 Jahren mit einer großen Militärparade feiern. Der russische Präsident Wladimir Putin hat seine Teilnahme schon längst zugesagt. US-Präsident Trump sagte diese Woche, er habe bereits eine Einladung von China erhalten. Der Außenamtssprecher in Peking will dies weder bestätigen noch dementieren. Ein weiterer Termin für ein Treffen wäre vor oder nach dem APEC-Gipfeltreffen in Südkorea Ende Oktober oder Anfang November.
"China kennt seine starke Verhandlungsposition"
Vor den Gesprächen mit China hatten die USA schon mit der EU, Japan und anderen großen Volkswirtschaften der Welt Handelsabkommen erzielt. Analysten wiesen jedoch darauf hin, dass all die Länder, mit denen die USA jetzt einig geworden seien, sicherheitspolitisch unter dem US-amerikanischen Schutzschirm stünden, China dagegen nicht.
"Über Europa schwebt immer das Damoklesschwert, dass die USA ihre Sicherheitsgarantien zurückziehen könnten. Und deshalb hat die EU die Situation nicht so eskalieren lassen wie China", wird Cyrus de la Rubia, Chefvolkswirt der Hamburg Commercial Bank von der Agentur Reuters zitiert. Der Legende nach ließ der altgriechische Tyrann Dionysios I. von Syrakus im 5. Jahrhundert von Christus ein Schwert an einem Pferdehaar über dem Haupt des Höflings Damokles aufhängen, um ihm die ständige Bedrohung jeden Glückes zu zeigen.
China sei anders aufgestellt, sagt de la Rubia. Das bisherige Gegenmaßnahmenpaket von Peking zeige deutlich, dass China seine starke Verhandlungsposition kenne und "die Handelsgespräche noch für einige Monate lang führen kann."
Seltene Erde gegen Halbleiter
Ein Streitpunkt zwischen den USA und China ist die US-Exportbeschränkung der Halbleiterprodukte und die chinesischen Gegenmaßnahmen für den Export von Seltenen Erden. China und die USA brauchen diese Rohstoffe sowie deren Vorprodukte für die eigene Wirtschaft. Beide Regierungen begründen die Beschränkungen unter anderem mit der nationalen Sicherheit.
Die "Chip-Karte" der USA sei jedoch weniger effektiv als die chinesische "Karte mit den Seltene Erden", sagt MERICS-Experte Soong. "China kann seine Kontrolle über den globalen Markt für Seltene Erden und Magnete ausspielen. Die Kontrolle über die Seltenen Erden ist der wahre Schmerzpunkt."
Aus der die weltweiten Auto-, Halbleiter- und Luftfahrtindustrie sind die Seltenen Erden als Rohstoffe nicht wegzudenken. China forscht derzeit mit Hochdruck an eigenen Lithografie-Systemen für die eigene Produktion von Halbleitern und integrierten Schaltkreisen.
Zoll auf ein Schmerz- und Suchtmittel
Bisher hatte US-Präsident Trump die Strafzölle verhängt, weil China in seinen Augen versäumt habe, als Hauptlieferant die Exporte von Fentanyl und dessen Vorprodukten einzuschränken. Fentanyl ist ein synthetisches Schmerzmittel, so zum Beispiel für Krebspatienten. Allerdings wird es auch als Suchtmittel missbraucht, welches noch stärker wirkt als etwa Heroin. Allein 2023 starben 75.000 Menschen in den USA an einer Überdosis von Fentanyl. Fünf Millionen Menschen gelten nach Expertenschätzungen als süchtig. China weist eine Schuld daran zurück mit dem Hinweis, dass es in den USA ja einen populären Junkie-Kult gebe. Gleichzeitig änderte Peking seine Gesetze, um den Export stärker zu kontrollieren.
Die USA würden nicht komplett auf die Fentanyl-Daumenschraube verzichten, glaubt Experte Soong. "Streicht man diesen Faktor, würde der gesamte Zollsatz für chinesische Importe auf weniger als zehn Prozent sinken. Das wäre noch unter dem Niveau der Einigung zwischen den USA mit der EU und mit Japan. Das ist unrealistisch." Derzeit beläuft sich der Fentanyl-Zoll auf 20 Prozentpunkte. "Wenn dieser Vorwand nicht mehr verwendet werden soll, findet Washington bestimmt noch einen neuen."
USA und China stellen Zusatzauflagen
Nach Berichten der englischsprachigen Hongkonger Zeitung South China Morning Post soll der US-Unterhändler weitere heikle Themen angesprochen haben, die sich um China drehen: Überkapazität, Ölimport aus dem Iran, Export von Dual-Use-Gütern an Russland. Dies sind Themen, die nach Einschätzung von Brookings-Expertin Patricia M. Kim, Peking bereits bekannt seien.
Für die Überkapazitäten könnten gemeinsame Lösungsansätze gefunden werden. Peking wisse selbst, dass die Konjunktur einen weiteren Anschub des Binnenkonsums erfordere, sagt Kim. US-Unterhändler und Finanzminister Scott Bessent hatte schon vor dem Treffen klargestellt, dass der Globale Süden die Überkapazitäten Chinas nicht absorbieren könne.
Allerdings würden die Verhandlungen schwieriger, wenn es um strategische Fragen gehe. "Bessent merkte vor den Stockholmer Treffen an, dass die US-Regierung China dazu drängen werde, seine Ölimporte aus Russland und dem Iran einzustellen. Es ist schwer vorstellbar, dass Peking sich auf die Seite der USA gegen seine strategischen Partner Russland und den Iran stellen würde", so Kim im DW-Interview.
"China wird auch seine Forderungen stellen, etwa in der Taiwan-Frage oder die Aufhebung der Exportbeschränkung weiterer Hightech-Produkte. Solche Fragen, die gegen die strategischen Kerninteressen beider Seiten verstoßen, sind schwer lösbar."
Aus dem Englischen adaptiert von Dang Yuan