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Kein Wort über Zypern

Alexander Kudascheff, Brüssel21. April 2004

Die UNO hat sich vehement für eine Einigung auf der gespaltenen Insel Zypern eingesetzt. Die Europäische Union verhält sich dagegen äußerst zurückhaltend, schreibt Alexander Kudascheff und meint: das ist falsch.

Seltene Einigkeit und Einmütigkeit in der EU: die europäischen Außenminister haben sich im irischen Tullamore - eigentlich eine berühmte Whiskeystadt, aber nebenbei auch die Heimat des irischen Außenministers und Ratsvorsitzenden Cowen - darauf verständigt, in der Nahostpolitik weiter unbeirrt auf die "road map to peace" zu sezen. Mit anderen Worten: die EU lehnt jede Vorabfestlegung bei Verhandlungen ab, wie sie der amerikanische Präsident Bush gegenüber dem israelischen Premier Sharon vollzogen hatte, als er dessen Forderung, einige wichtige Großsiedlungen auf der Westbank beizubehalten, unterstützte.

Empörung

Hinter den Kulissen des malerischen irischen Städtchens Tullamore waren deutliche Worte der Empörung und auch der Wut über Bush gesprochen worden, vor der Kulisse aber war die Sache einfach: die EU setzt weiter auf den Friedensplan des Nah-Ostquartetts - und sparte sich auch milde Kritik an Washington und Tel Aviv. Dabei ist in der EU inzwischen klar: in der Nahostfrage, im Dauerkrisenherd Palästina/Israel sind die europäischen Außenminister sich weitgehend einig - ganz im Gegensatz zu anderen außenpolitischen Fragen. Allerdings: auch hier sind - kein Wunder - Nuancen erkennbar. So ist der deutsche Außenminister Fischer deutlich Israel-freundlicher als die meisten seiner europäischen Amtskollegen. Das hindert die EU aber nicht daran, Israel für die gezielte Tötung des Hamaschefs Rantisi wortgewaltiger zu verurteilen als die Selbstmordattentate der Palästinenser - doch insgesamt ist die EU im Nahen Osten ausgewogener als früher.

Und Zypern?

Erstaunlich aber war im irischen Frühling etwas ganz anderes: die Außenminister saßen zusammen und verloren über Zypern, das am Wochenende (24.4.) ein Referendum über seine Zukunft abhält, kein Wort, schon gar nicht ein Wort, das nach außen gedrungen wäre. Wie ist das möglich? Da tritt Zypern am 1. Mai der EU bei. Da versucht die UN mit dem ganzen Gewicht ihres Generalsekretärs und Friedensnobelpreisträgers Kofi Annan, die Teilung der Insel mit einem neuen, einem ausgewogenen Plan zu überwinden, und die EU schweigt offensichtlich und stärkt weder die Vereinten Nationen noch die Friedensfreunde auf Zypern.

Immerhin hätten sich die Außenminister doch klar zu einem Ja bekennen können. Immerhin hätten sie versuchen können, den zyprischen Außenminister und seine Regierung in Richtung Frieden zu bewegen, d.h. sich öffentlich und unüberhörbar zu einem Ja beim Referendum zu bekennen. Aber davon ist nichts bekannt geworden. Und so ahnt man, dass in den europäischen Hauptstädten am 24. April - am Abend des Referendums - alle beklagen werden, dass die Inselgriechen (und vielleicht auch die Inseltürken) Nein zum Friedensplan der UN und der EU gesagt haben. Aber hat man etwas dagegen getan? Hat man die UN laut und eindeutig unterstützt? Und hat man die Inselgriechen diplomatisch und undiplomatisch auf die Chance hingewiesen, die dieses Referendum trotz allem darstellt? Es sieht nicht so aus. Und da werden die Klagen der Europäer über die amerikanische Missachtung der UN doch fragwürdiger. Und das bei einer Frage im eigenen Haus, nicht mal im eigenen Hinterhof. Und so wird ein geteiltes Land, in dem die UN mit Soldaten den Waffenstillstand garantiert, und wo Besatzungssoldaten eines Beitrittskandidaten stehen, am 1. Mai der EU beitreten. Auch das ist die Realität der angeblich gemeinsamen europäischen Außenpolitik.