In einem ersten Entwurf für ein Abschlusspapier der UN-Klimakonferenz in Ägypten wird ein Ausstieg aus klimaschädlichem Öl und Gas nicht erwähnt. Wiederholt sich das Fiasko der Glasgow-Konferenz?
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Dass nicht alle fossilen Brennstoffe in dem offiziellen Entwurf der Abschlusserklärung der Klimakonferenz erwähnt werden, hat viele Delegierte empört. Schnelles Handeln sei nötig, um die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu beschränken. In dem zehnseitigen Papier, das von der ägyptischen Konferenzleitung am Freitagmorgen vorlegt wurde, wird ein schrittweiser Kohleausstieg gefordert. Der Abschied aus Öl und Gas wird jedoch nicht erwähnt.
Die Verhandlungen im ägyptischen Scharm el Scheich werden sich voraussichtlich über das geplante Konferenzende hinaus bis ins Wochenende hinziehen. Der vorgelegte Text wiederholt die abgeschwächte Sprache der letzten Klimakonferenz in Glasgow, wo am Ende auf Druck von China und Indien statt von einem Kohle-Ausstieg ("phase out") nur noch von einem schrittweisen Abbau ("phase down") die Rede war.
"Wenn diese Klimakonferenz den Ausstieg nicht über Kohle hinaus beschließt, dann ist sie gescheitert," so Nikki Reisch, Klima- und Energie-Direktorin an dem US-amerikanischen Non-profit-Organisation Center for Environmental Law (CIEL). Sowohl die Europäische Union als auch die Unabhängige Allianz von Lateinamerika und der Karibik (AILAC) hätten laut Informationen des Climate Action Networks (CAN) auf den Ausstieg von Kohle im Text gepocht.
Tuvalu führt Bemühungen um Erneuerbare Energien an
Ein Vorschlag des pazifischen Inselstaates Tuvalu, jegliche Art von fossilen Brennstoffen weder zu produzieren noch zu verbrauchen und 100 Prozent Erneuerbare Energien bis 2050 aufzubauen, wurde von allen Parteien während der nächtlichen Verhandlungen angenommen, berichten CAN-Quellen. Allerding unterstützen die Delegierten aus Saudi-Arabien, Russland, Iran, den USA und EU-Staaten Ungarn und Polen den Vorschlag nicht komplett, so CAN weiter.
Weitere positive Verhandlungsergebnisse seien, dass Brasilien sich bereiterklärt habe, im Jahr 2023 ein Gesetz zu schaffen, dass die Abholzung im Amazonas-Gebiet verbietet. Kongo und Indonesien hätten signalisiert, für ihre Waldgebiete nachzuziehen. CAN berichtet weiter, dass die EU, Großbritannien, Australien, Kanada und andere Exporteure fossiler Brennstoffe, darunter Norwegen, die Vereinten Arabischen Emirate und Kuwait sich bereiterklärt hätten, alle neuen Projekte mit fossilen Brennstoffen zu stoppen.
Auch wenn der aktuell vorliegende COP27-Textentwurf ebenfalls - wie in Glasgow letztes Jahr - den Ausstieg von Subventionen für fossile Brennstoffe fordert, stellen Klimaaktivisten die Formulierung in Frage, die für einen Übergang zu Energiesystemen mit niedrigen Emissionen drängt. Dies "öffnet die Tür für die weitere Förderung von fossilen Brennstoffen anstatt einem Wandel zu Erneuerbaren Energien", sagte CIEL-Anwalt Sebastien Duyck in einem Tweet.
Kein Fortschritt bei Kompensation von Klimaschäden
Die große Hürde bei den Verhandlungen ist die Frage, wer für bereits bestehende Klimaschäden in ärmeren Ländern bezahlt. Länder im Globalen Süden haben wenig zu den Treibhausgasemissionen in der Atmosphäre beigetragen, die den Planeten aufheizen, aber sie leiden besonders unter den Auswirkungen von schlimmer werdenden Extremwetterereignissen - wie zuletzt die Flut in Pakistan.
Klima und Umwelt – Ist die Erde noch zu retten?
26:06
In Glasgow konnten sich die Delegierten nicht auf Klimafinanzierungen, den Punkt der sogenannten "Loss and Damages" (Verluste und Schäden), einigen. Ein von der EU vorgelegter Vorschlag würde nun einen speziellen Ausgleichsfonds für besonders gefährdete Staaten ins Leben rufen, sagte EU-Klimakommissar Frans Timmermans Donnerstagabend. Als Gegenleistung müssten die Staaten, die diese Hilfe in Anspruch nehmen wollen, sich dazu verpflichten, Öl, Gas und Kohle herunterzufahren.
Doch der Vorschlag könnte am Widerstand der großen Verschmutzer wie China, Indien und Saudi-Arabien scheitern, die sich selbst in der Vergangenheit als Entwicklungsländer bezeichneten. Deutschland beispielsweise verlangt von China, sich zu beteiligen.
"China hat im Moment 28 Prozent der Treibhausgasemissionen. Also müssen sie auch mit beitragen, mit den Schäden umzugehen", sagte Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze im Bayrischen Rundfunk. "Da verstecken sie sich immer dahinter, dass sie ein Entwicklungsland seien. Aber de facto sind sie kein Entwicklungsland mehr."
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"Wir können uns kein Scheitern leisten"
Timmermans sagte, die Reaktionen auf den Vorschlag hätten ihn ermutigt. "Es geht darum, hier nicht zu versagen," sagte er. Die Verhandlungen seien heikel. "Wir können uns kein Scheitern leisten", sagte er. "Wenn unsere Schritte nach vorn nicht erwidert werden, dann wird es offensichtlich ein Scheitern geben."
"Die EU-Position hat sich dramatisch verändert und bekommt viel Unterstützung von vielen Entwicklungsländern," sagte Lola Vallejo vom Think Tank Institute for Sustainable Development and International Relations. Dieser neue Impuls könnte die USA, die keinem Deal zustimmen wolle, möglicherweise isolieren, sagte sie weiter.
UN-Generalsekretär Antonio Guterres sprach Donnerstagabend von einem "Zusammenbruch des Vertrauens" zwischen Entwicklungsländern und Industriestaaten. "Das ist nicht die Zeit für Schuldzuweisungen. Mit gegenseitigen Schuldzuweisungen ist die Katastrophe für eine gegenseitige Zerstörung programmiert," sagte er. "Die Welt schaut zu und es gibt eine einfache Botschaft: Wir müssen liefern."
Wie der Klimawandel die Wälder des Nordens bedroht
Brände, Schädlingsplagen, Erderwärmung: Der subarktische boreale Wald spielt eine wichtige Rolle für die Zukunft unseres Planeten. Doch durch den Klimawandel ist er ebenso gefährdet wie der Amazonas-Regenwald.
Bild: Ed Jones/AFP
Märchenhafter Morgennebel
Nebel hängt über den Wäldern im Westen der kanadischen Provinz Quebec. Über Kanada, Skandinavien, Russland und Alaska erstreckt sich der Ring des borealen Nadelwalds, benannt nach Boreas, dem griechischen Gott des Nordwinds. Für die meisten Laubbäume ist es hier zu kalt: Der boreale Nadelwald ist die nördlichste Waldzone der Erde. Doch auch hier steigen aufgrund des Klimawandels die Temperaturen.
Bild: ED JONES/AFP
Kühler Klimaretter
Nur Wasser und Bäume, soweit das Auge reicht: Die 1,2 Milliarden Hektar des borealen Waldes bedecken, wie hier in Quebec, zehn Prozent der Erdoberfläche und speichern gigantische Mengen der weltweiten Kohlenstoffemissionen - mehr als alle tropischen Wälder der Erde zusammen. So trägt der nördliche Wald signifikant zur Verlangsamung der globalen Erwärmung bei.
Bild: ED JONES/AFP
Schöner Schein
Sterne strahlen über den Wäldern von Quebec. Doch der idyllische Anblick ist trügerisch: Forschende vermuten, dass die borealen Wälder in diesem Jahrhundert an einen Wendepunkt gelangen könnten - und vom CO2-Speicher zu einer bedeutenden Quelle des Treibhausgases werden können.
Bild: Ed Jones/AFP
Friedhof der Bäume
Denn die nördlichen Wälder sind eines der vom Klimawandel am meisten betroffenen Ökosysteme der Erde: Immer schlimmer wütende Waldbrände, Schädlingsbefall und das Auftauen des Permafrostbodens machen dem Wald zu schaffen. Diese Espen in der Quebecer Gemeinde La Haute-Cote-Nord mussten nach einer Insektenplage gefällt werden.
Bild: ED JONES/AFP
Schädlinge auf dem Vormarsch
Der kanadische Ökologe Louis de Grandpre zeigt auf ein Loch in einer Tanne, das von einem Knospenwurm stammt. Hunderttausende Hektar Waldfläche hat der Schädling bereits zerstört - und es werden wohl noch mehr werden: "Mit der fortschreitenden globalen Erwärmung kann der Knospenwurm jetzt in Gebiete vordringen, in die er früher nicht gelangen konnte“, sagte de Grandpre der Nachrichtenagentur AFP.
Bild: ED JONES/AFP
Spur der Verwüstung
Auch in Finnland machen Insekten dem Wald zu schaffen: Holzkäfer haben einen Stollen in einen Baum in Lappland gegraben. Untersuchungen zeigen, dass die skandinavischen Wälder in den vergangenen 20 Jahren immer häufiger von Käfern befallen werden.
Bild: IPSGALLERY MARKUSMELIN/AFP
Blauer Hoffnungsschimmer
Dank der Erderwärmung haben die Schädlinge leichtes Spiel: Die Bäume sind bereits durch die Trockenheit geschwächt und haben es daher schwer, die gefräßigen Insekten abzuwehren, die wiederum von den längeren Sommern und wärmeren Wintern profitieren. Doch es gibt auch Hoffnung: Die Blaubeeren auf dem Bild wachsen in einem Gebiet Kanadas, das sich nach einem Insektenbefall regeneriert hat.
Bild: ED JONES/AFP
Bedrohte Nahrungskette
Nicht nur der Wald ist bedroht, sondern auch seine Bewohner: Durch den Klimawandel finden diese Rentiere immer weniger Futter. Weil es häufiger regnet als schneit und der Regen auf dem Boden gefriert, werden die Futterpflanzen mit einer schwer zu durchdringenden Eisschicht überzogen. In Kanada geht die Zahl der Rentiere bereits so stark zurück, dass sie dort als gefährdete Art eingestuft sind.
Bild: OLIVIER MORIN/AFP
Ödland für Ölsand
Der Mensch trägt noch zusätzlich zur Futter-Knappheit bei: Das Luftbild zeigt einen Betrieb in der Provinz Alberta, in dem Ölsand abgebaut wird, mitten im Herz der borealen Wälder Kanadas. Für die riesigen Tagebaue wurden große Flächen Kiefern gerodet.
Bild: Ed Jones/AFP
"Betrunkener Baum"
Skeptisch blickt der Ökologe Louis de Grandpre zu einem schief stehenden Baum am Ufer eines Sees auf. Der Baum hat sich aufgrund des schmelzenden Permafrostbodens bereits geneigt; wenn der Boden vollständig erodiert, wird er umfallen - ebenso wie zahlreiche seiner Artgenossen, die aufgrund ihrer Schieflage als "betrunkene Bäume" bezeichnet werden.
Bild: ED JONES/AFP
Schrumpfender Lebensraum
Es ist ein Teufelskreis: Während der Boden auftaut, zerfressen Bakterien die über Tausende von Jahren angesammelte Biomasse und erzeugen Kohlenstoff- und Methan-Emissionen, die wiederum zur Beschleunigung der globalen Erwärmung beitragen. Und so ist der Lebensraum dieses Braunbären, der inmitten blühenden Wollgrases in der finnischen Taiga steht, zunehmend bedroht.
Bild: M. Woike/blickwinkel/picture alliance
Grüne Grenze
Wenig Grün, viel Grau: Tote Baumstämme ragen in der kanadischen Provinz Alberta in den Himmel. Der Wald trägt hier immer noch Spuren eines riesigen Brandes im Mai 2016. 90.000 Menschen mussten damals in Sicherheit gebracht werden, viele verloren ihr gesamtes Hab und Gut in dem Inferno. Der Waldbrand war die verheerendste Naturkatastrophe in der Geschichte Kanadas.
Bild: ED JONES/AFP
Waldbrände: Immer größer, immer heftiger
Waldbrände nehmen in Alaska, Kanada und Sibirien immer mehr zu - und richten heute doppelt so viel Schaden an wie noch vor einem Jahrhundert. Sie sind eine der größten Bedrohungen für die Wälder des Nordens. "Die Brände sind jetzt heftiger und erstrecken sich über größere Gebiete", erklärt der Waldforscher Yan Boulanger, der hier gerade eine Bodenprobe entnimmt.
Bild: ED JONES/AFP
Spirale der Zerstörung
Der Waldforscher David Paré untersucht eine Messstation nahe Quebec. Ausgelöst werden Waldbrände meist von Blitzschlägen - und während der immer häufiger auftretenden Hitzewellen im Sommer gibt es öfter Gewitter. Es ist eine Spirale der Zerstörung: Waldbrände führen zu massiven Treibhausgas-Emissionen, die wiederum den Klimawandel anheizen.
Bild: ED JONES/AFP
Altes Wissen gegen neue Probleme
Indigene Gemeinschaften praktizieren schon lange ein kulturelles Abrennen des Waldbodens. Die indigene Wissenschaftlerin Amy Cardinal Christianson erklärt, dass diese kontrollierten Waldbrände die Auswirkungen nicht intendierter Brände verringern können: Brände, die etwa durch Blitzschlag verursacht werden und vor allem in den Baumkronen lodern, können sich dann weniger stark ausbreiten.
Bild: ED JONES/AFP
Ungewisse Zukunft
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hoffen, dass Wiederaufforstung, technologischer Fortschritt, indigene Methoden und Schutzgebiete - wie hier in einem Reservat der Innu bei Quebec - dazu beitragen, den borealen Wald zu retten. "Wir wissen nicht, wie die Zukunft dieser Wälder aussehen wird", sagte Forscher De Grandpre gegenüber AFP.
Bild: Ed Jones/AFP
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Redaktionelle Mitarbeit: Tim Schauenberg.
Der Artikel wurde aus dem Englischen adaptiert.