Keine Angst vor China
23. April 2012Für die deutschen Maschinen- und Anlagenbauer ist China inzwischen der wichtigste Exportmarkt. Im vergangenen Jahr verkauften sie Produkte im Wert von 19 Milliarden Euro nach China. Vor zehn Jahren waren es gerade einmal fünf Milliarden Euro. Mit den deutschen Maschinen bauen chinesische Firmen dann jene Waren, die sie in die ganze Welt verkaufen.
Doch die Aufholjagd hat längst begonnen. Auch in China gibt es inzwischen Maschinenbauer, die hochkomplexe Maschinen anbieten, die den deutschen vielleicht schon bald ernste Konkurrenz machen werden. Rund 500 Firmen präsentieren sich in Hannover. Für deutsche Maschinenbauer ist das eine gute Gelegenheit zu sehen, wie weit die Konkurrenz schon ist, sagt Hannes Hesse, Hauptgeschäftsführer des Branchenverbandes VDMA. "Die Chinesen werden hier in Hannover das Beste vom Besten ausstellen. Wir werden also die technologischen Spitzenprodukte sehen. Die müssen wir dann mit dem vergleichen, was wir anzubieten haben." Fraglich sei allerdings, ob die auf der Messe präsentierten Spitzenprodukte in China auch wirklich in der Breite hergestellt werden können. "Das muss man sich dann angucken. Das wird ein spannender Prozess", so Hesse.
Respekt ja, Angst nein
Auch Joachim Fuhrländer, dessen Unternehmen Windkraftanlagen herstellt, beobachtet die chinesische Konkurrenz aufmerksam. "Respekt vor China haben wir schon, Angst aber nicht." Sein Unternehmen habe vor einigen Jahren eine Lizenz an den größten chinesischen Hersteller von Windkraftanlagen verkauft. "Die Firma ist damit sehr erfolgreich geworden. Aber es war immer unser Konzept, Partnerschaften einzugehen, Lizenzen zu vergeben und Technologie zu teilen. Denn das Teilen hat eigentlich nie arm gemacht", so Fuhrländer.
Das mittelständische Unternehmen aus Rheinland-Pfalz produziert bereits in Indien; Fertigungen in Brasilien, Vietnam und der Ukraine sind im Bau. Das liege auch daran, dass viele Länder, die sich für Windkraft interessieren, Wert darauf legen, dass auch bei ihnen produziert wird. "Brasilien etwa will 60 Prozent lokale Fertigung sehen. Damit tun sich die Chinesen etwas schwer, denn sie möchten gern in China produzieren und in die Welt exportieren. Wir dagegen gehen in die Länder und bieten dort eine Wertschöpfungskette an. Denn die Menschen in den Ländern brauchen ja auch Arbeit."
Das, was Fuhrländer auf der Hannover Messe präsentiert, wirkt auf den ersten Blick unspektakulär und sieht aus wie ein ganz normales Windrad. "Das Besondere daran ist, dass wir Getriebe und Generator in einer Baugruppe zusammengefasst haben und dadurch 60 Prozent Gewicht einsparen", so Fuhrländer.
Weniger Gewicht bedeutet einfacheren Transport und Aufbau, außerdem günstigere Fundamente. Die Windkraftanlage wird damit auch für Länder interessant, in denen Straßen und Logistik weniger gut ausgebaut sind als in Europa. Trotz des geringen Gewichts ist die Leistung vergleichbar mit wesentlich schwereren Anlagen.
Wasserkraftwerk ohne Staudamm
Wie es noch kleiner und leichter geht, zeigt auf der Messe die Firma Smart Hydro Power. Das bayerische Ingenieurbüro ist eine Art Start-up in der Energiebranche und hat nur eine Handvoll Mitarbeiter. Das Produkt der Firma ist ein Mikro-Wasserkraftwerk, das ohne Staudamm auskommt. Es ist eine Turbine, die ein wenig wie ein Mini-U-Boot aussieht. Setzt man die nur 300 Kilogramm schwere Konstruktion in einen Fluss mit ausreichender Strömung, können damit ganze Dörfer mit Strom versorgt werden, sagt Christina Di Santo. "Die erste ist in Peru installiert worden. Da gibt es ein Dorf mit 28 Häusern. Und diese eine Turbine versorgt alle 28 Häuser mit Licht." Smart Hydro Power sieht seine Wasserturbine als umweltfreundliche und kostengünstige Alternative zu Dieselgeneratoren, die gerade in Entwicklungsländern sehr verbreitet sind.
Mit einem typischen Problem der Industrieländer befasst sich dagegen Festo aus der Nähe von Stuttgart. "Der demographische Wandel schlägt zu, die Arbeitnehmer werden immer älter", sagt Unternehmenssprecher Heinrich Frontzek. Wenn es die Rente erst mit 67 gibt, bis dahin aber auch körperlich arbeitende Menschen möglichst volle Leistung bringen sollen, muss eine High-Tech-Lösung her. Das Unternehmen mit seinen mehr als 15.000 Mitarbeitern zählt zu den führenden Spezialisten für Steuerungs- und Automatisierungstechnik.
Kraftverstärker für müde Hände
"Ältere Arbeitnehmer, etwa bei Montagen, brauchen Kraftverstärkung in ihren Arbeitsprozessen. Wir haben deshalb einen Handschuh entwickelt, der von außen die menschliche Kraft verdoppeln kann", so Frontzek. Der Handschuh sieht aus wie eine Roboterhand, die man sich anziehen kann. Auch ferngesteuert ist sogenannte Exo-Hand einsetzbar. Jede Handbewegung des Handschuhträgers wird dann auf einen Roboterarm übertragen, der auch hunderte von Kilometern entfernt sein könnte. Gerade an gefährlichen Orten, etwa im verstrahlten Atomkraftwerk von Fukushima, könnten so Arbeiten ausgeführt werden, ohne auf die Feinfühligkeit menschlicher Hände verzichten zu müssen, sagt Frontzek.