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Veganismus

Judith Nikula21. April 2014

Immer mehr Menschen in Deutschland leben vegan. Was steckt eigentlich dahinter? Ist es der Wunsch nach einem gesunden Leben oder doch ethische Überzeugung?

Vegan-Aufkleber in Café Mae’s in Bonn (Foto: Leni Moretti Photography)
Bild: www.lenimoretti.com / Leni Moretti Photography

"Möchtest du den Cappuccino mit Soja- oder Mandelmilch?" Anke Cox steht hinter der Theke ihres Cafés. Sie drückt den Knopf der Espressomaschine, lässt Kaffee in einen Becher laufen und greift zum Milchschäumer. Lächelnd reicht sie ihrer Kundin den fertigen Kaffee über die Theke. "Einen schönen Tag noch."

Cox ist Inhaberin des Mae's. Bonns erstes veganes Café eröffnete im Oktober 2013 - mit einer Speisekarte, auf der keine tierischen Inhaltsstoffe zu finden sind. Ein Café wollte Cox schon lange eröffnen, die angebotenen Getränke und Speisen entsprechen ihrem eigenen Lebensstil: Die Eigentümerin lebt seit fünf Jahren vegan.

Am Anfang war der Frust

Anfangs sei der Alltag schwierig gewesen, erinnert sich Cox. Ihre Einkäufe dauerten zuweilen zwei Stunden, jede Verpackungsrückseite musste genau studiert werden, um versteckte tierische Inhaltsstoffe nicht zu übersehen. Auch Restaurantbesuche verliefen nicht problemlos. "Ich war frustriert von ewigen Diskussionen mit Kellnern und Köchen und davon, nur Beilagen essen zu können", erzählt sie.

Immerhin: Tipps zu veganen Restaurants habe sie im Internet gefunden - auf Seiten wie "Deutschland is(s)t vegan". Das Online-Magazin will eine deutschlandweite Anlaufstelle für Veganer sein, informiert über Einkaufsmöglichkeiten, vegane Lebensmittel sowie nachhaltige Projekte und Veranstaltungen.

Kein Fleisch, keine Milch, keine Butter, kein Käse, keine Sahne, kein Ei - stattdessen gibt es aber allerlei Alternativen im Bonner Café Mae'sBild: www.lenimoretti.com / Leni Moretti Photography

Fundgrube Supermarkt

Die höchsten Klickzahlen erzielt das Blogger-Team mit Artikeln über vegane Produkte im Supermarkt. "Das Interesse der Menschen beweist, dass Veganismus in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist. Das Thema verbreitet sich momentan mit rasanter Geschwindigkeit", erklärt Chefredakteur Patrick Bolk.

Die Autoren des Online-Magazins leben aus ethischer Überzeugung vegan. Erst im zweiten Schritt hätten sie sich mit gesundheitlichen Aspekten beschäftigt. Es gibt aber auch andere Beweggründe: Eine Studie der Gesellschaft für innovative Marktforschung (GIM) kommt zu dem Ergebnis, dass ein Großteil der heutigen Veganer lediglich aus Lifestyle-Gründen auf tierische Produkte verzichtet.

"Der Ursprung der Entwicklung findet sich im Tierschutz, doch der momentane Hype beruht teilweise wohl eher auf egoistischen, gesundheitlichen Gründen", bestätigt Bolk. "Veganismus steht in der Öffentlichkeit für einen attraktiven, gesunden Lebensstil." Natürlich wünsche er sich mehr Veganer aus Überzeugung. Doch sei ihm die Verbreitung des Themas wichtiger.

Vegan? Interessiert mich!

Dabei erfordert Veganismus einen sensiblen Umgang mit der eigenen Ernährung, betont Silke Schwartau, Leiterin der Ernährungsabteilung der Verbraucherzentrale Hamburg. Kürzlich hat sie mit ihrem Team einen Marktcheck veganer Fertigprodukte veröffentlicht. Die Ergebnisse fallen größtenteils zwar gut aus. Ein kleiner Teil der getesteten Lebensmittel weist jedoch gefährlich hohe Fett- und Salzgehalte auf.

"Im Internet entstand eine intensive Diskussion, nicht immer fielen die Reaktionen auf unsere Studie positiv aus", sagt Schwartau. "Viele Veganer schreiben uns, dass ihnen gesundheitliche Schwächen der Produkte egal sind, solange keine Tiere getötet und gequält werden." Ohnehin ernährten sich Veganer selten von Fertigprodukten. Eine ausgewogene Ernährung sei wichtiger.

"Vegan leben bedeutet nicht automatisch gesund leben - genau wie eine Ernährung mit viel Fleisch nicht zwingend ungesund ist", erklärt die Ernährungsexpertin. "Tatsächlich hängt für jeden Typ viel davon ab, was und wie viel davon gegessen wird."

Auch Schwartau erkennt in der Gesellschaft ein wachsendes Interesse an Veganismus, ein Interesse, dass vor 20 Jahren noch niemand für möglich gehalten habe. "In den Achtzigern waren Veganer eine Randgruppe der Gesellschaft, teilweise tatsächlich mangelernährt, da entsprechende Ersatzprodukte fehlten." Heute erreichen die Verbraucherzentrale täglich neue Anfragen zu einer veganen Ernährung.

Veganer Kaffee to go

Ob ihre Gäste Veganer sind oder nicht, ob ethisch überzeugt oder nicht, spielt für Anke Cox im Café Mae's nur eine geringe Rolle. Nicht jedem Gast ist bewusst, dass auf der Karte ausschließlich vegane Getränke und Speisen stehen. Das ist von der Inhaberin so gewollt: Sie bewirbt ihr Café nicht explizit als vegan. Natürlich sei der Verzicht auf tierische Inhaltsstoffe ein Alleinstellungsmerkmal, doch wolle sie niemanden abschrecken. Im Mae's ist jeder willkommen. Und der nächste Cappuccino mit Mandelmilch wird bereits bestellt.

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