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Politik

Keine Obergrenze für Flüchtlinge

Nina Werkhäuser
3. Juli 2017

Einstimmig haben CDU und CSU ihr gemeinsames Wahlprogramm beschlossen. Die Harmonie ist aber nur vordergründig, sieht man sich die Flüchtlingspolitik an: Strittige Punkte lagert die CSU in ihren "Bayernplan" aus.

CDU und CSU stellen Wahlprogramm vor Angela Merkel und Horst Seehofer
Bild: picture alliance/dpa/M.Kappeler

Dass CDU und CSU Schwesterparteien sind, war beim Thema Flüchtlingspolitik lange nicht zu bemerken. Immer wieder attackierte die bayerische CSU, allen voran Parteichef Horst Seehofer, wenig schwesterlich die Flüchtlingspolitik von CDU-Chefin Angela Merkel. Unvergessen bleibt die grobe Strafpredigt, mit der Seehofer die Kanzlerin auf einer CSU-Tagung öffentlich demütigte. Stein des Anstoßes ist die Forderung der CSU nach einer Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtlingen: Maximal 200.000 im Jahr könne Deutschland verkraften. Einen neuen Koalitionsvertrag ohne Obergrenze werde er nicht unterschreiben, hatte Seehofer immer wieder betont. 

"Dauerhaft niedrig" 

Diese Obergrenze hätte der bayerische Ministerpräsident also gerne ins gemeinsame Wahlprogramm von CDU und CSU geschrieben. Dass sie dort keine Erwähnung findet, ist dem Widerstand von Angela Merkel geschuldet, die ein solches Quorum stets abgelehnt hat. "Meine Meinung zur Obergrenze ist bekannt", sagte sie mit lakonischem Unterton, als sie am Montag zusammen mit Seehofer das gemeinsame Wahlprogramm von CDU und CSU im Konrad-Adenauer-Haus vorstellte, der Berliner Parteizentrale der CDU. Der CSU-Chef verzog keine Miene und blickte starr geradeaus in den überfüllten Saal.

Statt einer Obergrenze findet sich im Wahlprogramm nun folgende Formulierung: "Wir wollen, dass die Zahl der Flüchtlinge, die zu uns kommen, dauerhaft niedrig bleibt." Eine Situation wie im Jahr 2015 dürfe sich nicht wiederholen, heißt es in dem 76-seitigen Papier, das den Untertitel "Regierungsprogramm 2017-2021" trägt. Alle Beteiligten hätten aus dieser Situation gelernt.

"Das soll sich nicht wiederholen": 2015 waren die Behörden überfordert mit der großen Zahl der Flüchtlinge Bild: picture-alliance/dpa/C. Bilan

Was die Stabilisierung der Flüchtlingszahlen "auf niedrigem Niveau" angeht, passe kein Blatt zwischen die Schwesterparteien, betonte Seehofer, der den Gemeinschaftsgeist und die Harmonie zwischen CDU und CSU geradezu beschwor - wenn auch die Körpersprache zwischen ihm und Merkel nüchtern-distanziert wirkte. Er sei "außerordentlich zufrieden" mit der derzeitigen Zahl der Zuwanderer, die er mit 80.000 angab. Folglich werde die Obergrenze "in diesem Jahr juristisch keine Rolle spielen", sagte Seehofer.

Gemeinsam wollen CDU und CSU Algerien, Marokko und Tunesien, wie schon zuvor die Balkanstaaten, als sichere Herkunftsländer einstufen. "Migranten ohne Schutzanspruch" sollen nach Möglichkeit von der gefährlichen Überfahrt nach Europa abgehalten werden, indem die Lebensbedingungen vor Ort verbessert werden. Dazu beitragen sollen Verträge mit afrikanischen Ländern und der von Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) entwickelte "Marshallplan mit Afrika", dem das Wahlprogramm ein eigenes Unterkapitel widmet.

Wollen im Wahlkampf an einem Strang ziehen: CDU-Chefin Merkel und CSU-Chef SeehoferBild: picture alliance/dpa/K.Nietfeld

Ist das strittige Thema "Obergrenze" damit also dauerhaft vom Tisch? Für die CSU keinesfalls. Sie wird - auch mit Blick auf die Landtagswahl in Bayern im kommenden Jahr - ihr Programm im sogenannten "Bayernplan" festhalten, der Ende Juli veröffentlicht wird. "Ich werde meiner Partei empfehlen, dass wir auch unsere Obergrenze dort formulieren", sagte Seehofer in Berlin.

Der "Bayernplan" sei aber "kein Anti-Regierungsprogramm" und stelle die gemeinsame Programmatik nicht infrage. Er formuliere lediglich noch einmal "mit bayerischer Sprache", was die CSU wolle und ihren bayerischen Wählern verspreche. Gehört dazu auch die Bedingung, dass Seehofer seine Unterschrift nicht unter einen Koalitionsvertrag setzt, der keine Obergrenze für Flüchtlinge definiert? "Wir wollen zuerst einmal die Wahl gewinnen, und dann schauen wir weiter", wich der CSU-Chef aus.

Mehr Fachkräfte nach Deutschland holen

Der Streit über die Obergrenze wird also im Interesse eines gemeinsamen Wahlkampfs vertagt, der der Bundeskanzlerin eine dritte Amtszeit als Kanzlerin bescheren soll. Um aber noch eine weitere Gemeinsamkeit hervorzuheben, wiesen Merkel und Seehofer gleich zweifach auf einen weiteren Punkt im Wahlprogramm hin: auf das geplante "Fachkräfte-Zuwanderungsgesetz", das die Arbeitsmigration nach Deutschland erleichtern soll. Wer einen Arbeitsvertrag vorweisen und seinen Lebensunterhalt sichern kann, darf nach Deutschland kommen, so der Plan. Eine "Zuwanderung in die Sozialsysteme" wollen CDU und CSU hingegen unbedingt verhindern.

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