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Ungleiche Rechte

24. Juli 2009

China ist ein Vielvölkerstaat. Neben den Han-Chinesen leben über 55 weitere staatlich anerkannte ethnische Minderheiten im Reich der Mitte. Viele von ihnen streben nach mehr Autonomie im Reich der Mitte.

Protest von Uiguren (Foto: dpa)
Uiguren protestieren für mehr Autonomie in ChinaBild: dpa

Besonders zwei Bevölkerungsgruppen haben in letzter Zeit auf sich aufmerksam gemacht - und damit auch auf die restriktive Minderheitenpolitik der Volksrepublik: die moslemischen Uiguren, die hauptsächlich in der Provinz Xinjiang im Westen leben und die Tibeter, die vor allem durch ihren im Exil lebenden Führer Dalai Lama im Ausland öffentlichkeitswirksam vertreten werden. Beide - sowohl Uiguren als auch Tibeter fordern immer wieder mehr Autonomie in ihren Provinzen. Doch Chinas Führung in Peking unterbindet jeglichen Protest dieser Volksgruppen mit Waffengewalt, wie Anfang Juli in der Provinzhaupstadt Urumqui gegen die Uiguren.

Einteilung aus den 1950er Jahren

Unter der Führung Mao Tse-Tungs wurden die Minderheiten eingeteiltBild: AP

Die Kategorisierung der Minderheiten in 55 ethnische Gruppen geht zurück auf eine Einteilungskampagne der Kommunistischen Partei. Dabei wurden in den 1950er Jahren Kriterien wie gemeinsame Sprache, Sitten oder Gebräuche als Maßstäbe angewandt. Der Ethnologe Professor Björn Alpermann von der Universität Würzburg hat sich mit dieser Einteilung beschäftigt und weiß, dass diese Kampagne damals nicht unproblematisch war. So sei es auch vorgekommen, dass Gruppen aufgeteilt wurden, die sich eigentlich zusammengehörig gefühlt hätten. Und es gibt bis heute auch Gruppen in China, die als eigenständige Ethnien behandelt werden wollen. So fordern bis zu 20 verschiedene Minderheiten ihre staatliche Anerkennung. Denn mit dieser Anerkennung werden den Minderheiten in China per Gesetz auch Sonderrechte eingeräumt, die die han-chinesische Bevölkerung nicht hat - zum Beispiel sind sie von der "Ein-Kind-Politik" ausgenommen.

Eigenständigkeit nur für wenige Minderheiten

Die Uiguren-Provinz Xinjiang im Nordwesten ChinasBild: AP / DW-Montage

Fünf autonome Regionen gibt es im Reich der Mitte, in denen die Pekinger Regierung ethnischen Minderheiten offiziell eine größere Eigenständigkeit gewährt. Dazu gehören neben den Tibetern und den Uiguren auch die Mongolen, die Zhuang im Süden und die muslimischen Hui im Norden des Landes. Nach Pekinger Lesart verwalten diese Gruppen in ihren jeweiligen Regionen sich selbst, doch Professor Alpermann weiß, dass die scheinbare Autonomie nur auf dem Papier existiert. So gebe es zwar Vorschriften, dass die wichtigsten Ämter in den fünf Regionen zwar von den nationalen Minderheiten besetzt werden sollten, das gilt aber nur für die Staatsämter. Einen viel höheren Rang haben aber in China die Parteiämter und die werden nach wie vor durchweg von Han-Chinesen besetzt.

Einfordern von Rechten

Erhaltung der Sprache und Kultur, freie Religionsausübung - das sind nur einige Rechte, die durch die Autonomie gewährleistet werden sollen. In der Praxis werden diese Rechte von den Han-Chinesen an den Hebeln der Macht aber meist nicht zugestanden. Das ist der Hauptgrund, dass sie von den größeren Gruppen wie Tibeter, Uiguren und Mongolen vehement immer wieder eingefordert werden.

Die Mongolen verweisen stolz auf ihre Geschichte - vor allem unter dem Führer Dschingis KhanBild: AP

"Bei den Mongolen ist es mittlerweile schon so weit, dass sie mehr und mehr das Gefühl haben, ihre eigene Kultur zu verlieren" erklärt Ayin Hu, ein Mongole, der seit mehreren Jahren in Deutschland studiert. Seiner Aussage nach gab es in den letzten 20 Jahren immer mehr Druck, dass sich die Mongolen an das allgemeine China anpassen mussten, denn selbst in der autonomen Region "Innere Mongolei" sind sie mit 20 Prozent Bevölkerungsanteil in der Minderheit. Laut Ayin Hu kann man sich dort mittlerweile besser auf Chinesisch als auf Mongolisch verständigen. Und die Kinder lernen meistens von Anfang an Chinesisch anstatt Mongolisch, weil die Eltern sich davon bessere Chancen in der Schule, in der Ausbildung, beim Studium und um Berufsleben erhoffen.

Nicht alle wollen sich einfügen

Dieser schleichende Assimilationsprozess, den die Mehrheit der Han-Cinesen natürlich gerne sieht, stößt aber - anders als bei den Mongolen - bei den Tibetern und den Uiguren immer wieder auf Widerstand. Sie befürchten das Aussterben ihrer eigenen Kultur und wehren sch manchesmal auch gewaltsam dagegen. Das aber duldet die Führung in Peking nicht. Sie erklärte am Dienstag (22.07.2009), dass sie keinem Unabhängigkeitsbestreben irgendeiner Provinz jemals nachgeben werde. Und das hat durchaus auch wirtschaftliche Gründe, denn die Minderheiten-Regionen sind in fast allen Fällen sehr rohstoffreich. Und das ist Land, das die chinesische Führung unter allen Umständen unter ihrer Kontrolle wissen will.

Autor: Chi Viet Giang
Redaktion: Ralf Buchinger

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