Keith Richards lebte viele Jahre am Rande der Selbstzerstörung und schrieb mit den Rolling Stones Musikgeschichte. Nun feiert der unkaputtbare Rockstar seinen 80. Geburtstag.
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Seit seinem Aufstieg zum Weltstar in den 1960er-Jahren als Leadgitarrist der Rolling Stones gilt Keith Richards als Inbegriff des Rock'n'Roll. Im Jahr 1973 bezeichnete das britische Musikmagazin "New Musical Express" Richards als den Rockstar, der mit höchster Wahrscheinlichkeit innerhalb eines Jahres sterbe. Da lag das Musikmagazin gründlich falsch. Denn 50 Jahre später ist er immer noch quicklebendig, im Gegensatz zu Zeitgenossen wie Gitarrengott Jimi Hendrix oder seinem ehemaligen Bandkollegen Brian Jones, die beide mit 27 Jahren starben.
Richards ist nun 80 Jahre alt und rockt noch immer. Keef, wie er auch genannt wird, habe zwar nach eigener Aussage keine Lust mehr auf die harten Sachen, trinke aber trotzdem gerne ab und zu noch etwas. Nichtsdestotrotz hat er nie aufgehört, Musik zu machen und seine unnachahmlichen Blues-Rock-Licks für ein weiteres Rolling-Stones-Album eingespielt. "Hackney Diamonds" erschien im Oktober 2023.
Vom englischen Dartford zu weltweitem Ruhm
Keith Richards wurde 1943 in Dartford in der englischen Grafschaft Kent geboren. Seine Mutter kaufte ihm seine erste Gitarre, als er noch ein Kind war. Die Musik von Louis Armstrong und Duke Ellington inspirierte ihn. Er besuchte die Dartford Technical High School für Jungen und sang Sopran im Schulchor. Er trat sogar vor Königin Elizabeth II. in der Westminster Abbey auf.
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Doch bald entwickelte er eine rebellische Ader. Er zog die Musik von Chuck Berry vor und besuchte die Schule nur noch, wenn er Lust hatte. Schließlich wurde er wegen Schulschwänzens von der Schule verwiesen. 1961 traf Richards zufällig auf Mick Jagger, der im gleichen Ort wohnte. Wenig später schloss er sich dessen Coverband Little Boy Blue and the Blue Boys an. Die Band fusionierte später mit Blues Incorporated, nahm den Multiinstrumentalisten Brian Jones auf und gab sich 1962 den Namen The Rolling Stones.
26 Studioalben später und mit schätzungsweise mehr als 200 Millionen verkauften Tonträgern gelten die Stones im Allgemeinen als eine der einflussreichsten Bands aller Zeiten. Richards war maßgeblich an einer Reihe wegweisender Rockalben beteiligt, darunter "Beggars Banquet" (1968), "Sticky Fingers" (1971) und "Exile on Main St" (1972). Mit Mick Jagger schrieb er die meisten Stones-Songs. Sie bildeten ein kongeniales Duo, wie John Lennon und Paul McCartney von den Beatles. Aber Drogen drohten Richards Karriere und sein Leben zu zerstören, lange bevor er die Rock-Unsterblichkeit erlangte.
Ruhm und Druck zerrten an Keith Richards
Sein starker Heroinkonsum in den 1970er-Jahren führte zu mehreren Anklagen wegen Drogenbesitzes und -handels. Mit einem Bein stand er schon im Gefängnis. In einer BBC-Dokumentation aus dem Jahr 2022 sagte er, dass er Heroin, Meskalin, LSD, Cannabis und vieles andere konsumiert habe, "um mit dem Ruhm und dem Druck klarzukommen". Doch Ende der 1970er-Jahre schloss er mit Heroin ab. Richards sagt, er habe 2019 mit dem Rauchen und 2006 mit dem Kokainkonsum aufgehört - nachdem er Kokain geschnüffelt habe, das mit der Asche seines Vaters vermischt war.
"Der Ruhm hat mehr sehr talentierte Menschen getötet als Drogen", sagte er einmal. Der britischen Zeitung "The Telegraph" erzählte er kürzlich, dass er oft dem Rampenlicht entfliehen müsse. Heute greife er statt zu Drogen zu Büchern. "Ich habe immer ein Buch bei mir", sagte er. "Das hält mich bei Verstand. Ich bin nicht dafür gemacht, ein Popstar zu sein, und damit muss ich leben, aber ehrlich gesagt ist es manchmal ziemlich nervig. Deshalb ziehe ich mich ab und zu tagsüber in meine Bücher zurück".
1989 wurde Richards in die Rock and Roll Hall of Fame aufgenommen. Das Magazin "Rolling Stone" setzte ihn 2011 auf Platz vier seiner Liste der 100 besten Gitarristen. Er war nicht nur bei den Stones aktiv, sondern veröffentlichte auch zahlreiche Soloplatten und betrieb Nebenprojekte wie seine Band The X-Pensive Winos. Außerdem war der Musiker in drei "Fluch der Karibik"-Filmen zu sehen. Darin spielte er Captain Teague, den Vater von Jack Sparrow, mit einem Look, der an Richards selbst angelehnt war.
Keith Richards: "Kein Problem damit, alt zu werden"
Richards hat sich stets einen ironischen Humor und eine Art Fatalismus bewahrt, die es ihm ermöglichen, das Altern mit Würde zu akzeptieren und seine erstaunliche Langlebigkeit zu feiern. Auf die Frage, ob die Rückkehr ins Studio, um "Hackney Diamonds" aufzunehmen, wie das Aufsteigen auf ein Fahrrad sei, antwortete Richards in einem Interview mit dem US-Sender CBS am 15. Oktober trocken: "So ähnlich, aber man weiß nicht, ob die Reifen aufgepumpt sind".
"Bisher habe ich kein wirkliches Problem damit, alt zu werden", sagte der Rockstar gegenüber "The Telegraph". "Es gibt einige schreckliche Dinge, die man in der Zukunft sehen kann, aber man muss dort ankommen. Ich komme mit der Vorstellung zurecht, 80 zu sein und immer noch zu gehen und immer noch zu reden. Ich finde [das Altern] einen faszinierenden Prozess."
61 Jahre Rolling Stones
Ihr erstes Konzert spielten sie am 12. Juli 1962 im Londoner Marquee Club. Sechs Jahrzehnte später rocken die Rolling Stones immer noch die Bühnen dieser Welt. Und Mick Jagger wird 80.
Bild: Robin Utrecht/picture alliance
Die Stones feiern ihr 60-jähriges Jubiläum
Vier Teenager traten am 2. Juli 1962 im Marquee Club in der Londoner Oxford Street vor rund 100 Zuschauern auf die Bühne. Vorher hatten sie nur in Garagen gespielt. Sie traten als Ersatz für Alexis Korner an, weil der Blues-Musiker das vereinbarte Konzert aufgrund von gleichzeitig stattfindenden TV-Aufnahmen abgesagt hatte. Seitdem haben die Rolling Stones eine beispielhafte Karriere hingelegt.
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Die Anfänge: Rhythm & Blues
Mick Jagger und Keith Richards kennen sich schon aus der Schulzeit. 1962 gründen sie die Rolling Stones. Mit dabei beim ersten Konzert in London: Tony Chapman am Schlagzeug, Dick Taylor am Bass und Ian Stewart am Piano. Kurz darauf wird umbesetzt. Auf dem ersten Album "The Rolling Stones" (1964) spielt Brian Jones die zweite Gitarre, Bill Wyman den Bass und Charlie Watts die Drums.
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Bad Boy Band
1964 sind die Beatles mit ihren Feel-Good-Songs bereits auf dem Sprung zur Weltkarriere. Andrew Loog Oldham, damals Manager der Stones, will mit den "Rollenden Steinen" einen Gegenpol zu den Fab Four schaffen. Sie sollen sich als die "Bad Boys" der Musikszene einen Namen machen. Bei ihrem ersten TV-Auftritt in der Show "Ready Steady Go" wirken die Jungs allerdings noch ziemlich brav.
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Image-Wandel gelungen
Ein Jahr später kommen die Rolling Stones ins Westfälische: Im eher konservativen Münster spielen sie am 11. September ihr erstes Deutschlandkonzert. Die Polizei hat Mühe, die ausflippenden Fans im Zaum zu halten. Die meisten Münsteraner betrachten die Stones allerdings eher argwöhnisch. Dabei haben die Westfalen noch Glück - in Berlin zerlegen die Fans die Waldbühne geradezu.
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Sex, Drugs & Rock'n'Roll
Keine andere Rockband entspricht in den 1960er-Jahren mehr diesem Klischee als die Stones. Die Kombination von Rockmusik, freier Liebe und Drogenkonsum gehört einfach dazu. Stones-Gitarrist Brian Jones machen die Drogen aber leider krank. Im Juni 1969 verlässt er deshalb die Band. Kurze Zeit später ertrinkt er unter mysteriösen Umständen in seinem Swimmingpool.
Im Mai 1965 sind die Steine zum dritten Mal in den USA auf Tour. Erneut spielen sie überwiegend Coverversionen US-amerikanischer Hits. Sie haben noch zu wenig eigene Nummern. Eines Nachts fällt Keith eine Melodie ein und er zupft sie auf seiner Gitarre. Er findet sie so magisch, dass er sie aufnimmt und Mick vorspielt: Die Hookline ihres ersten Welthits "Satisfaction" ist geboren.
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Schock in Altamont
Das "Altamont Free Concert", initiiert vom Stones-Management, soll eine Gegenveranstaltung zu Woodstock sein. Neben den Stones auf der Bühne: u.a. Santana, Crosby, Stills, Nash & Young, Jefferson Airplane. Als die Stones auftreten, gibt es Rangeleien im Publikum. Immer wieder muss das Konzert unterbrochen werden. Als Aufpasser fungieren die immer aggressiver werdenden Hells Angels.
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Das Ende der Hippie-Ära
Die Stones spielen gerade "Under my Thumb", als vor der Bühne ein Mann zusammenbricht. Ein Hells Angel hat ihn mehrfach in den Rücken gestochen. Fassungslos steht die Band auf der Bühne. Später spielt sie das Konzert zu Ende. "Wenn Woodstock der Traum war", sagt der britische Fotograf Eamon McCabe später, "dann war Altamont der Albtraum." Die Hippiezeit ist an diesem 6.12.1969 endültig vorbei.
Bild: picture-alliance/AP
1973 noch mit Mick Taylor (2.v.l.)
Die Siebziger bringen den Stones eine Menge Ärger. Vor allem wegen Steuerzahlungen. Die Band flüchtet nach Frankreich, wo sie 1972 mit "Exile On Main St" ein Album aufnimmt, das viele für die beste Stones-Platte überhaupt halten. 1974 steigt Gitarrist Mick Taylor aus und wird durch Ron Wood ersetzt.
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Die bösen 1970er
Äußerlich halten sie dem Rock'n'Roll die Stange, intern aber brodelt es. Keith Richards' Drogensucht bringt ihm eine Verhaftung und einen Entzug, Mick Jagger hat seinen eigenen Kopf. Musikalisch sind die Rebellen zum Establishment übergelaufen - sie springen auf mehrere Züge auf und versuchen sich in anderen Genres wie Funk (Miss You, 1978) und sogar Disco (Emotional Rescue, 1980).
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Geniale Liveband
Was auch immer zwischen den Bandmitgliedern geschehen ist: Anfang der 1980er raufen sie sich zusammen und machen das, was sie am besten können: live spielen. Als Band sind sie so gefragt, dass sie locker ganze Fußballstadien füllen - so auch 1982 in Deutschland, wo sie legendäre Shows gespielt haben, von denen jeder heute noch erzählt, der sie damals gesehen hat.
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Life und roh
Auch nach dem Ausstieg des Gründungsmitgliedes Bill Wyman 1993 machen die Stones einfach weiter und rutschen ins nächste Jahrtausend. Immer wieder wird von Abschiedstourneen gesprochen, doch immer wieder heißt es auch: eine Tour geht noch. Egal wie alt sie sind - ihre Livegigs sind ein Garant ihres Erfolges. 2003 rocken sie beispielsweise Moskau.
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Die "Herumtreiber"
Die Stones treiben sich auf der ganzen Welt herum. 2006 freuen sich die japanischen Fans über das Konzert in der Großstadt Saitama, nördlich von Tokio. Etwas später spielen die Stones in der serbischen Hauptstadt Belgrad. Der Bandname ist wohl vom Blues-Hit "Mannish Boy" von Muddy Waters inspiriert worden. Dort gibt es die Textzeile "I'm a rolling stone" - ein "Herumtreiber".
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Ein Mann, ein Gesicht
Mick Jagger ist nicht das einzige Charaktergesicht der Stones. Aber er zelebriert es am meisten. Auch mit fast 80 Jahren zieht er die wildesten Grimassen, wuselt wie ein verrückt gewordenes Aufziehmännchen mit ungebremster Energie über die Bühne, ist sich auch als Urgroßvater nicht zu schade für seinen Hüftschwung und prägt als Frontmann das Bühnenbild der Rolling Stones seit nunmehr 60 Jahren.
Bild: Getty Images
Charlie Watts stirbt
Und dann erkrankt Charlie Watts an Krebs. Er gilt nach einer Strahlentherapie als genesen und geht weiter mit den Stones auf die großen Touren, viele Jahre noch. Zum letzten Mal sitzt er im August 2019 im Rahmen der "No Filter"-Tour am Schlagzeug, zwei Jahre später stirbt er 80-jährig im Krankenhaus. Die Stones haben ihren Ruhepol, ihr Rückgrat verloren.
Bild: Ian West/PA/picture alliance
Der neue Mann an den Drums
Steve Jordan wollte nur für ein paar Gigs einspringen und mit den Stones die "No Filter"-Tour zu Ende spielen. Doch nun sitzt er weiterhin im Maschinenraum der dienstältesten Rockband. Wobei er mit seinen 65 Jahren das Küken der Band ist und den Altersdurchschnitt erheblich senkt. Auch bei der Sixty-Europa-Tour 2022 war der Neue an den Drums unverzichtbar.
Bild: Rob Grabowski/Invision/AP/picture alliance
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Adaption aus dem Englischen: Kristina Reymann-Schneider