Kenias Oppositionspolitiker Raila Odinga gestorben
15. Oktober 2025
Der langjährige kenianische Oppositionspolitiker Raila Odinga ist nach Angaben von Behörden am Mittwochmorgen in Indien gestorben. Odinga, der oft als Kenias einflussreichste Oppositionsfigur bezeichnet wird, stand mehr als drei Jahrzehnte im Mittelpunkt der politischen Umbrüche des Landes: Er setzte sich für eine Mehrparteiendemokratie ein, forderte die etablierten Machthaber heraus und verhandelte in Zeiten tiefer nationaler Krisen Friedensabkommen.
Odinga, der in seinem Heimatland meistens Raila genannt wurde, kam am 7. Januar 1945 in Maseno im Bezirk Kisumu im Westen von Kenia zur Welt. Er war der Sohn von Jaramogi Oginga Odinga, einer führenden Persönlichkeit im Kampf Kenias um die Unabhängigkeit, der später erster Vizepräsident des Landes wurde.
Nach seinem Schulabschluss ging Odinga in die Deutsche Demokratische Republik (DDR), die zu Zeiten des Kalten Krieges großzügig Stipendien vergab, und studierte in Magdeburg Maschinenbau. Mit dem Ingenieurdiplom in der Tasche kehrte er 1970 zurück, arbeitete zunächst kurzzeitig als Dozent an der Universität von Nairobi und später in der Verwaltung beim Kenya Bureau of Standards.
Außerdem gründete er ein Produktionsunternehmen, Standard Processing Equipment Construction & Erection (später East African Spectre), das sich mit Flüssiggas-Flaschen und zugehörigen Geräten befasste.
Frühe politische Karriere und Aufkommen des Mehrparteiensystems
Odingas politisches Leben war stark geprägt von der angespannten politischen Lage während der Einparteienherrschaft der Kenya African National Union (KANU) in den 1980er Jahren. Die KANU regierte seit der Unabhängigkeit Kenias von der britischen Kolonialherrschaft im Jahr 1963 fast 40 Jahre, bis sie 2002 die Wahlen verlor.
Wegen seines Engagements für ein Mehrparteiensystem wurde Odinga oft ohne Gerichtsverfahren verhaftet und inhaftiert. Er schloss sich der organisierten Opposition an und zog 1992 für den Wahlkreis Lang'ata ins nationale Parlament ein.
1997 kandidierte Odinga zum ersten Mal für das Präsidentenamt und belegte hinter Präsident Daniel arap Moi und Mwai Kibaki den dritten Platz. Später gründete er die National Development Party (NDP), nachdem er die FORD-Kenya (Forum for the Restoration of Democracy) verlassen hatte. Es hatte Streitigkeiten gegeben: Odinga war nach dem Tod seines Vaters Jaramogi Oginga Odinga mit anderen Oppositionsführern aneinandergeraten.
Mit seinem Charisma und politischem Geschick vereinte er die Oppositionsparteien zur National Rainbow Coalition (NARC), die schließlich 2002 die KANU-Herrschaft beendete und Mwai Kibakis Aufstieg zum Präsidenten ermöglichte. Zwischen 2003 und 2005 war Odinga in Kibakis Regierung als Minister für Straßen, öffentliche Arbeiten und Wohnungsbau tätig. Doch schon nach kurzer Zeit kam es zu Spannungen zwischen den beiden, und Odinga kehrte in die Opposition zurück.
Sein entscheidender politischer Moment kam bei den umstrittenen Präsidentschaftswahlen 2007. Umfragen deuteten darauf hin, dass Odinga die Unterstützung großer Teile der Wählerschaft hatte, doch die Wahlkommission erklärte Mwai Kibaki zum Sieger.
Daraufhin kam es zu Protesten in weiten Teilen des Landes, die von Anfang an ethnische Dimensionen annahmen. Bei der Gewalt nach den Wahlen starben über 1000 Menschen, Hunderttausende wurden aus ihrer Heimat vertrieben. Angesichts der nationalen Krise führte ein international vermittelter Pakt unter der Führung des damaligen UN-Generalsekretärs Kofi Annan zu einer Vereinbarung über eine Machtteilung. Raila Odinga wurde von 2008 bis 2013 Premierminister in einer großen Koalition.
Glückloser Präsidentschaftskandidat
Auch als Premierminister blieb Odinga der Kultur der Opposition verbunden. Nachdem das Amt des Premierministers im Verfassungsreferendum 2010 abgeschafft worden war, kehrte er zurück.
Er kandidierte erneut für das Präsidentenamt in den Jahren 2013, 2017 und 2022, scheiterte jedoch jedes Mal. Im Jahr 2013 klagte er vor Gericht gegen Uhuru Kenyatta wegen Wahlbetrugs, doch der Oberste Gerichtshof entschied gegen ihn. 2022 kandidierte Odinga in einer Koalition mit Martha Karua als Vizepräsidentschaftskandidatin für das Präsidentenamt, verlor jedoch gegen William Ruto. Erneut focht er das Ergebnis vor dem Obersten Gerichtshof an, erneut wurde gegen ihn entschieden.
Odingas umstrittenes Vermächtnis
Odingas lange Zeit in der Opposition brachte ihm sowohl Verehrung als auch Kritik ein. Es wurden oft Vorwürfe laut, er nutze die ethnische Mobilisierung aus, insbesondere die Identität der Luo als Kernbasis. Auch gab es Kritik, dass seine Rhetorik manchmal die Polarisierung verstärke.
Dennoch wuchs seine Rolle als Elder Statesman in späteren Jahren. Im Jahr 2025 entsandte Präsident William Ruto ihn als Vermittler in die schwelende Krise im Südsudan. Beobachter werten dies auch als Zeichen, dass selbst politische Gegner seine diplomatischen Bemühungen anerkannten.
Seine politischen Ambitionen reichten auch über Kenia hinaus: Im Jahr 2024 kündigte Odinga seine Kandidatur für das Amt des Kommissionspräsidenten der Afrikanischen Union an, unterlag jedoch Mahamoud Ali Youssouf aus Dschibuti.
Raila Odingas Leben wird als Beispiel für Beharrlichkeit gepriesen. Obwohl er nie Präsident Kenias wurde, wird ihm zugeschrieben, sich für die demokratischen Rechte eingesetzt zu haben, die viele Kenianer heute genießen.