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'Khomeini hat mir vertraut'

Interview: Benjamin Wüst1. Februar 2009

Vor 30 Jahren änderte sich im Iran alles: Die Herrschaft des Schahs wurde durch die islamische Revolution beendet. Die Schlüsselfigur war der Imam Khomeini. Der Journalist Peter Scholl-Latour war damals hautnah dabei.

Scholl-Latour (Quelle: DPA)
Khomeini-Vertrauter Scholl-LatourBild: picture-alliance/ ZB

DW-WORLD.DE: Am 1. Februar 1979 kehrte Ajatollah Khomeini aus dem Exil in Paris, in das er vor dem Schah geflohen war, nach Teheran zurück. Die islamische Revolution war in vollem Gange. Sie saßen damals im selben Flieger wie Khomeini. Wie kam es dazu?

Peter Scholl-Latour: Der Flug war die Krönung meiner ganzen revolutionären Vorbereitungen. Ich war damals, als Khomeini noch nicht in Teheran war, schon mit meinem Fernsehteam in Teheran und zeigte ihm in Paris die Filme. Ich habe viel mit iranischen Revolutionären gesprochen. Der Kontakt zu Khomeini entstand über Tabatabei, einem Dozenten aus Bochum, der meine Filme gerne schaute und mit Khomeini verwandt war.

So wurden Sie zu einem Vertrauten von Khomeini…

Naja, Vertraute von Khomeini gab es wohl keine, noch nicht einmal unter den Iranern. Aber ich bin wohl der Europäer, der Ungläubige, der ihm am nahesten gekommen ist – und dem er vertraute.

Der iranische Revolutionsführer Ayatollah Ruhollah Khomeini landet in TeheranBild: picture-alliance/dpa

Wie haben Sie Khomeini erlebt. Was war er für ein Mensch?

Er war sehr streng und lebte sehr asketisch. Seine Exil-Heimat in Frankreich wurde zu einem Wallfahrtsort. Viele Exil-Iraner in Deutschland und Frankreich waren gegen den Schah eingestellt. Plötzlich wurden viele junge Leute von einem religiösen Taumel ergriffen. Selbst die Mädchen, denen die Jeans eigentlich nicht eng genug sein konnten und die sonst in knappen T-Shirts herumliefen, die verhüllten sich plötzlich und die jungen Männer ließen sich lange Bärte wachsen.

Zurück zum 1. Februar 1979: Sie sitzen mit Khomeini im Flieger von Paris nach Teheran. Wie war das? Haben Sie miteinander gesprochen?

Das war kein gewöhnlicher Flug. Wir wurden von einer französischen Sondereinheit begleitet, weil wir nicht wussten, wie wir empfangen werden würden. Wir wussten nicht einmal, ob wir in Teheran landen können. Es bestand außerdem die Gefahr, dass die iranische Luftwaffe uns abschießt, da nicht ganz klar war, ob Teile dieser Kräfte nicht doch noch zum Schah halten würden.

Wie haben Sie diesen Flug erlebt. Wie wirkte Khomeini auf Sie?

Khomeini ist ein sehr ernster Mensch gewesen, man sah ihn fast nie lächeln. An diesem Tag war er aber wirklich entspannt, beinahe sogar heiter. Er saß oben in der Kuppel in der Boeing-Maschine und Tabatabei sagte zu mir: "Der Imam verrichtet nun sein Morgengebet, wenn Sie wollen, können Sie ihn dabei filmen." Das war sehr ungewöhnlich. Und dann geschah etwas ganz merkwürdiges. Er übergab Tabatabei ein großes, gelbes Kuvert, das dieser an mich weitergab und sagte: "Wenn wir bei der Ankunft in Teheran verhaftet oder sogar umgebracht werden, dann verstecken sie dieses Kuvert gut. Wenn alles gut geht, dann geben sie es mir bitte wieder zurück." Als wir ankamen, jubelten dort zwei Millionen Menschen Khomeini entgegen. Ich gab das Kuvert also zurück. Ich habe erst acht Monate später erfahren, was darin war: Es war die Verfassung der islamischen Republik Iran.

Khomeini hatte also Angst, dass man ihn mit der Verfassung erwischt und ihn dann verhaftet.

Ja, die wären ja gefilzt worden und ich als Ausländer wäre wahrscheinlich davor verschont worden. Khomeini wollte vermeiden, dass man die Verfassung bei ihm findet.

Peter Scholl-Latour ist ein deutscher Journalist und Publizist. Er war unter anderem von 1963 bis 1969 ARD-Studioleiter in Paris und anschließend bis 1971 Programmdirektor des WDR-Fernsehens.

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