1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

KI: Der Computer weiß, was dir fehlt

Ann-Christin Herbe
11. November 2018

Künstliche Intelligenz steckt mittlerweile in vielen Technologien. Stück für Stück erobert die KI dadurch die Medizin. Die Einsatzmöglichkeiten sind vielfältig - und manchmal auch kurios.

Illustration Vernetzung im Gehirn (Pixabay)
Künstliche Intelligenz erobert die Technik in Krankenhäusern und ArztpraxenBild: picture alliance / Klaus Ohlenschläger

Niemand arbeitet fehlerfrei. In manchen Bereichen ist das aber gefährlicher als in anderen. In der Medizin kann zum Beispiel eine falsche Diagnose fatal sein – deshalb soll die Fehlerrate in der Zukunft durch künstliche Intelligenz (KI) deutlich vermindert werden. Auch wenn viele erfahrene Mediziner dem Einsatz von KI in Krankenhäusern und Arztpraxen kritisch gegenüberstehen, forschen Wissenschaftler in Labors rund um den Globus täglich an weiteren Einsatzmöglichkeiten für die Medizin. Die möglichen Einsatzbereiche für KI-Technologie sind überraschend vielfältig. 

Erbkrankheiten bei Kindern mit Big Data früher erkennen

Aufsehen erregte Mitte Februar 2019eine Studie amerikanischer und chinesischer Forscher. Die Mediziner hatten die Patientenakten von 1,362 Millionen Kindern und Jugendlichen zwischen null und 18 Jahren mit Hilfe künstlicher Intelligenz durchforscht und dabei 101,6 Millionen Datenpunkte einbezogen.

Dabei kam heraus, dass die künstliche Intelligenz herausfinden kann, welche Patienten am dringendsten behandelt werden müssen. Das kann KI offensichtlich sogar besser als unerfahrene Ärzte.

Auch könnte die Technik Hinweise auf seltene Erkrankungen oder schwer erkennbare Erbkrankheiten liefern, die Hausärzte oft nicht gleich erkennen, schrieben die Forscher um Kang-Zhang von der Guangzhou Medical University im Fachjournal "Nature Medicine". 

Mehr zu KI: Hilft uns die "Moral Machine" weiter?

Die menschliche Nase ist KI bei der Atemanalyse unterlegenBild: Colourbox

Krankheiten erschnüffeln 

Der menschliche Atem enthält viele Stoffe, die zum Erkennen verschiedener Krankheiten genutzt werden können. Eine menschliche Nase ist aber nicht empfindlich genug, um die mehreren Hundert Stoffverbindungen im Atem vollständig wahrzunehmen. Britische Forscher haben eine durch KI gesteuerte Technologie entwickelt, die besser als eine Menschennase funktioniert.

Dafür wird der Atem eines Patienten von verschiedenen Sensoren erfasst. Daraus errechnet der Computer unter Nutzung künstlicher Intelligenz eine 3D-Grafik. Bestimmte Moleküle im Atem deuten zum Beispiel darauf hin, dass ein Patient Krebs hat. Die Sensoren können das frühzeitig erkennen und sind zudem wissbegierige Lerner. Indem Computer die Analysedaten vieler Patienten speichern und mit dem medizinischen Befund abgleichen, können sie ihre Diagnosen immer präziser stellen. 

Dem Arzt die subjektiven Schmerzen zu beschreiben ist nicht immer einfach. KI soll mit Sensoren helfen.Bild: picture-alliance/Arco Images/F. Waldhaeusl

Schmerzwahrnehmung

Wo tut es denn weh? Eine Frage, die viele schon einmal beim Arztbesuch gehört haben. Aber nicht immer ist es leicht, die Schmerzen genau zu verorten oder treffend für den Mediziner zu beschreiben. Für Kinder oder Demenzpatienten ist es beispielsweise sehr schwierig, ihr subjektives Schmerzempfinden richtig auszudrücken. Künstliche Intelligenz soll dabei helfen, mit automatischer Schmerzerkennung.

Das funktioniert so: Hochauflösende Sensoren messen, wie Patienten auf Schmerzreize körperlich reagieren. Aus den Reaktionen der Haut, der Muskeln, der Atmung und zuletzt des Kreislaufs errechnet der Computer dann das subjektive Schmerzerleben.

Mehr zu Künstlicher Intelligenz: Listicle: Kampfmaschinen ohne Kontrolle?

Anhand der Kopfform oder der Stellung der Augen kann der Computer seltene Generkrankungen erkennenBild: picture-alliance/picturedesk/H. Ringhofer

Diagnose von Generkrankungen durch Gesichtserkennung

Ein weiteres Einsatzgebiet ist die Gesichtserkennung. Die künstliche Intelligenz soll Medizinern dabei helfen, seltene Generkrankungen bei Kindern festzustellen – und zwar mithilfe der genauen Vermessung von Gesichtern.

Die Messwerte werden direkt mit vorhandenen Werten aus einer Datenbank abgeglichen, die spezifische genetische Dispositionen umfasst. Bestimmte seltene Generkrankungen lassen sich nämlich anhand der Kopfform oder der Stellung der Augen erkennen. 

Maschinen, die von KI gesteuert werden, erkennen Melanome teilweise effektiver als erfahrene DermatologenBild: picture-alliance/OKAPIA KG, Germany/Neufried

Risiken frühzeitig erkennen

Fehler bei der Diagnose sind fatal. Künstliche Intelligenz kann die Fehlerrate vermindern. Und wenn sie den Arzt nicht ersetzen kann, so ist sie in manchen Bereichen doch eine große Hilfe. Gerade in der Hautkrebs-Diagnose hat sich KI bereits als äußerst nützlich erwiesen. Eine Studie zeigt, dass eine Maschine, die vorher mit zahlreichen Bildern einer hoch gefährlichen Hautkrebssorte trainiert wurde, weniger gefährliche Melanome übersah als erfahrene Dermatologen. 

Auch in der Gastroentrologie wird mittlerweile KI eingesetzt. Die Technologie soll zum Beispiel effektiver erkennen, ob Polypen in der Darmschleimhaut wirklich entfernt werden müssen oder nicht. 

Durch KI gesteuerte Chatbots sollen Betroffenen bei Depressionen zur Seite stehenBild: picture-alliance/PhotoAlto/F. Cirou

Ersatz für den Psychotherapeuten?

Wer einen Termin beim Psychotherapeuten braucht, der muss unter Umständen geduldig sein. Monatelange Wartelisten machen es für Betroffene oft unmöglich, schnell Hilfe zu erhalten. Künstliche Intelligenz soll in solchen Fällen die menschliche Rolle des Therapeuten vorläufig ersetzen.

Die Technik basiert auf der kognitiven Verhaltenstheorie: Patienten, die Symptome von Depressionen zeigen, können mit einem durch KI gesteuerten Chatbot kommunizieren. Dieser fragt nach dem Befinden, gibt Ratschläge, wie der Betroffene mit seinen Problemen umgehen sollte und steht 24 Stunden für Gespräche zur Verfügung. Eine Studie mit amerikanischen Collegestudenten zeigt einen Rückgang von Depressionen, nach regelmäßiger Interaktion mit dem Chatbot. 

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen