Forschende am MIT haben künstlicher Intelligenz beigebracht eine Coronavirus-Infektion am Husten zu erkennen. Diagnostizieren wir uns in Zukunft jeden Morgen selbst - durch ein kurzes Husten ins Smartphone?
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Dass Smartphones unheimlich viel über uns und andere wissen ist ja eigentlich nichts Neues. Und viele Menschen haben auch längst akzeptiert, dass ihre Endgeräte bzw. die App-Anbieter, die sich dahinter verbergen, längst mehr über sie wissen als sie selbst. Dass mein Smartphone nun aber auch noch erkennen soll, dass ich an COVID-19 erkrankt bin - obwohl ich es selbst noch gar nicht gemerkt habe - klingt doch wohl nach Science-Fiction.
Irrtum: Science ist es, aber keine Fiction. Schon bald könnte vielleicht eine neuartige App auf den Markt kommen, mit der sich eine asymptomatische Coronavirus-Infektion an den Tönen, die wir beim Husten oder Sprechen erzeugen, diagnostizieren lässt.
Während die Trefferquote der Technik bei Infizierten schon sehr gut ist, muss die KI nun noch lernen, Fehldiagnosen bei Nicht-Infizierten zu vermeiden. Falls das auch noch gelingt, könnte die App vielleicht irgendwann die bestehende Corona-Warn-App ergänzen, die tatsächliche Kontakte zu Infizierten erkennt.
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Kann eine App wirklich helfen, die Pandemie einzudämmen?
04:05
Husten-Töne enthalten Biomarker
Auf die Idee mit der Tonanalyse waren drei Informatiker vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) gekommen. Jordi Lugarta, Ferran Hueto und Brian Subriana haben zwischen April und Mai 2020 Tonaufnahmen von 5320 Probandinnen und Probanden genommen. Neben Hustengeräuschen war auch Sprache dabei. Die Töne von 4256 Probanden fütterten die Forscher in den Computer ein, der sie mithilfe eines künstlichen neuronalen Netzes (CNN) auswertete.
Dabei setzten die Forscher auf akustische Biomarker, also bestimmte charakteristische Merkmale in den Tönen, die sie bereits in früheren Studien bei Alzheimer-Patienten gefunden hatten. Dann testeten sie das, was die Maschinen gelernt hatten, an den übrigen 1064 Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Studie.
Viele Treffer - aber bitte keine Panik bei falsch-positiven Ergebnissen!
Die Ergebnisse waren durchaus vielversprechend. "Das Modell erreicht bei Probanden, bei denen in einem offiziellen Test eine COVID-19 Infektion diagnostiziert wurde, eine Sensitivität von 98,5 Prozent" schreiben die Forscher in ihrer Studie, die dem IEEE Open Journal of Engineering in Medicine and Biology zur Veröffentlichung vorgelegt wurde.
Die Spezifizität betrug demnach in der Gruppe 94,2 Prozent. Das würde bedeuten, dass etwa jeder Zwanzigste ein falsch-positives Ergebnis bekommen hätte.
"Unter asymptomatischen Probanden, erzielte es eine Sensitivität von 100 Prozent bei einer Spezifizität von 83,2 Prozent." Das würde bedeuten, dass jeder sonst unerkannt gebliebene COVID-19 Fall richtig diagnostiziert wurde. Dafür hat aber fast jeder fünfte Teilnehmer eine falsch-positive Warnung erhalten.
Das heißt, die Spezifizität müsste wohl noch verbessert werden, damit eine solche App wirklich praxistauglich wird. Denn sollte sie von sehr vielen Menschen täglich genutzt werden, könnten die falsch positiven Ergebnisse schnell dazu führen, dass Labortestkapazitäten erschöpft werden.
Möglicherweise könnten diese Werte auch noch verbessert werden, wenn die Computer mit weiterem Datenmaterial gefüttert werden und daraus maschinell noch mehr über unsere Hustengeräusche lernen.
Kein Ersatz aber Ergänzung zu Labortests
Auf jeden Fall ziehen die Forscher das Fazit, dass "KI-Technologien ein kostenfreies, nicht-invasives, sofort wirksames, jederzeit verfügbares und in großen Maßstab verteilbares Werkzeug bieten, um asymptomatische COVID-19-Fälle zu screenen und bestehende Ansätze zur Eindämmung von COVID-19 zu ergänzen."
Die MIT-Wissenschaftler schlagen vor, dass die Methode etwa angewandt werden könnte um Studenten und Schüler, Arbeiter und Angestellte täglich auf verdächtige Husten-Geräusche hin zu testen. Sollte dann eine Warnung kommen, könnten die Betroffenen ja immer noch einen Labortest machen, um herauszufinden, ob die App Recht hatte.
Vom Fingerabdruck zum biometrischen Datensatz
Vor 125 Jahren wurde erstmals der Fingerabdruck als Beweismittel genutzt. Heute gibt es eine Vielzahl biometrischer Informationen, die Täter hinterlassen: DNA, Töne, Bilder, Daten. Kommen Sie mit uns auf Spurensuche!
Bild: arfo - Fotolia.com
Seit 125 Jahren in der modernen Kriminalistik
1891 baute der in Kroatien geborene argentinische Kriminologe Ivan Vucetic das erste moderne Fingerabdruck-Archiv auf. Seitdem gelten die für jeden Menschen einzigartigen Abdrücke als guter Beweis zur Überführung von Tätern. Hier sichert ein Kriminalbeamter Spuren nach einem Hauseinbruch. Dazu trägt er ein feines Pulver auf die Oberfläche auf - der Fingerabdruck wird sichtbar.
Bild: picture-alliance/dpa
Haltbar machen fürs Archiv
Mit einer Klebefolie wird der Abdruck nun auf ein Papier übertragen und für die Nachwelt erhalten. Früher war das Abgleichen von Fingerabdrücken eine mühsame Arbeit. Man musste die Merkmale auslesen und von Hand vergleichen. Heute übernehmen Computer diese Aufgabe.
Bild: picture-alliance/dpa
Keine Tinte mehr
Auch das Nehmen der Fingerabdrücke hat sich in den letzten Jahren verändert. Heutzutage setzt man dazu Scanner ein. Diese erzeugen sofort digitale biometrische Daten.
Bild: picture alliance/dpa/P. Endig
Aus dem Abdruck wird eine Identität
Der Computer identifiziert auf dem Muster des Fingerabdrucks typische Stellen. Das sind etwa das Zentrum der Fingerlinien oder auch Gabelungen, Abstände und andere Besonderheiten. Die Lage dieser Merkmale ist bei keinen Menschen identisch - auch nicht bei eineiigen Zwillingen.
Bild: itestro/Fotolia.com
Niemand soll zweimal Wählen
Nicht nur in der Kriminalistik kommen Fingerabdrücke zum Einsatz. Immer häufiger werden sie schlicht zur Identifikation eingesetzt - etwa hier bei Wahlen in Nigeria. So kann sichergestellt werden, dass niemand seine Stimme zweimal abgibt und dass auch nur diejenigen wählen können, die im Wählerregister eingetragen sind.
Bild: APC Presidential Campaign Organisation
Wer war schon mal wo?
Entscheidend für die Bearbeitung von Asylanträgen oder die Anerkennung eines Flüchtlingsstatus ist die Frage, wo der Betroffene erstmals die EU betreten hat. Durch eine Registrierung mit Fingerabdrücken lässt sich dies eindeutig nachvollziehen. Vorausgesetzt, alle Behörden sind mit Scannern ausgestattet und nutzen diese auch.
Bild: picture-alliance/dpa/A. Weigel
Finger weg - das sind meine Daten!
Moderne Smartphones nutzen eine sogenannte "Touch ID"-Funktion. Der Eigentümer weist sich mit seinem Fingerabdruck aus. Wer nicht den richtigen Finger hat, kommt an die Daten nicht heran.
Bild: picture-alliance/dpa Themendienst
Sicheres Banking
So sieht ein Geldautomat im schottischen Dundee aus: Der Besitzer der Bankkarte weist sich mit seinem Fingerabdruck aus. So soll sichergestellt werden, dass kein Taschendieb Geld abheben kann.
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Fingerabdruck im Pass
Deutsche und viele andere Reisepässe enthalten seit 2005 einen digital gespeicherten Fingerabdruck. Dieser ist in keiner anderen Datenbank hinterlegt, sondern nur auf dem Chip im Ausweis. Neben dem Fingerabdruck ist hier auch ein biometrisches Passfoto untergebracht. Auch dieses ist, ähnlich wie ein Fingerabdruck, nahezu niemals bei zwei Menschen gleich.
Bild: picture-alliance/dpa/P. Grimm
Wenn Computer Gesichter erkennen
Gesichtserkennungssoftware, die solche biometrischen Daten verwendet, ist mittlerweile so gut, dass mit Überwachungskameras gesuchte Personen aus großen Menschenmengen heraus identifiziert werden können. Aber auch Privatleute oder Internetdienste nutzen immer häufiger Gesichtserkennung: zum Beispiel um Urlaubsbilder danach zu sortieren, wer darauf zu sehen ist.
Bild: picture-alliance/dpa
Der Erfinder des genetischen Fingerabdrucks
Alec Jeffreys kam 1984 bei Forschungsarbeiten an der Universität Leicester auf die Idee, DNA zur Identifizierung von Menschen einzusetzen. Er hatte durch Zufall auf DNA-Abschnitten ein für jeden Menschen einzigartiges Muster entdeckt. Daraus konnte er ein Bild erzeugen, das ein wenig aussah wie der Strichcode im Supermarkt.
Bild: picture-alliance/dpa
Ein Strichcode für jeden Menschen
In Deutschland werden solche genetischen Fingerabdrücke seit 1998 in einer Datenbank des Bundeskriminalamts gespeichert. Über 18.000 Taten konnten mittlerweile alleine in Deutschland durch DNA-Fingerabdrücke aufgeklärt werden.
Bild: picture-alliance/dpa
Rettung für Unschuldige
Nicht nur Schuldige konnten überführt werden. Auch viele unschuldig Verurteilte verdanken dem genetischen Fingerabdruck ihr Leben. Das "Innocence Project" in den USA konnte die Unschuld von über 100 Gefangenen nachweisen, die fälschlicherweise verurteilt worden waren. Darunter auch Todeskandidaten wie Kirk Bloodsworth, der acht Jahre, elf Monate und 19 Tage auf seine Hinrichtung wartete.
Bild: picture-alliance/dpa
Klarheit für die Opfer
Eine Bewährungsprobe bestand die DNA-Analysetechnik nach den Massenmorden von Srebrenica. Erstmals wurden die Opfer eines Massenmordes systematisch identifiziert und individuell bestattet. Hier nimmt die fünfjährige Ema Hasanovic Abschied von ihrem Onkel. Über 6000 Opfer von Srebrenica - fast alles Männer - konnten so identifiziert und von ihren Angehörigen bestattet werden.
Bild: picture-alliance/AP Photo/A. Emric
Biometrie - auch im Telefon oder im Computer
Biometrische Daten gibt es aber auch dort, wo Informationen scheinbar flüchtig sind - etwa in Schallwellen oder digitalen Daten. Spracherkennungssoftware kann aufdecken, wer jemanden durch Drohanrufe belästigt, denn jede Stimme ist individuell. Und im Internet hinterlassen wir jede Menge Spuren, die auch gut auf den Einzelnen zurückgeführt werden können, der sie hinterlassen hat.