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KI und Urheberschaft: US-Bestellerautoren verklagen OpenAI

Nadine Wojcik
22. September 2023

ChatGPT wird mit vielen Texten trainiert, auch mit literarischen. US-amerikanische Autoren klagen nun gegen das Unternehmen OpenAI, dem der Chatbot gehört. Darunter sind Jonathan Franzen und George R. R. Martin.

Auf zwei Tasten stehen jeweils Minifiguren: Ein Roboter und ein Mann.
Mensch und Maschine: In den USA gibt es derzeit einen Urheberrechtsstreit um künstlich geschaffene TexteBild: Christian Ohde/picture alliance / CHROMORANGE

"Schreibe einen Romananfang zum Thema Einsamkeit in der Großstadt im Stil von Jonathan Franzen." Die Vorschläge von ChatGPT auf Eingabeaufforderungen, auch Prompts genannt, wie diesen begeisterten Nutzerinnen und Nutzer weltweit, als das auf künstlicher Intelligenz basierende, lernende System vergangenes Jahr online ging. Der Versuch zeigt: Innerhalb von Sekunden spuckt der Chatbot etwas aus, das in der Tat nach einem literarischen Text klingt, wenngleich die Sätze länger erscheinen, als etwa in Franzens Bestseller "Die Korrekturen" aus dem Jahr 2001. 

Die KI-AnwendungChatGPT wurde und wird mithilfe großer Mengen textbasierter Daten trainiert. So kann das KI-Sprachmodell Muster erkennen und darauf aufbauend Texte generieren, die klingen, als wären sie von Menschen gemacht. So kann auch der Stil von Schriftstellerinnen und Schriftstellern ein Stück weit imitiert werden.

Hat OpenAI wissentlich Urheberrecht verletzt?

Dagegen gehen nun prominente Autorinnen und Autoren vor. Sie verklagen das US-amerikanische Unternehmen, das ChatGPT entwickelte. Der Vorwurf gegen OpenAI lautet, das KI-Modell unter anderem mithilfe urheberrechtsgeschützter Werke trainiert zu haben. Dies käme einer Urheberrechtsverletzung gleich, so der Vorwurf.

Jonathan Franzen, preisgekrönter Verfasser von "Die Korrekturen", gehört zu den KlägernBild: Marcus Brandt/picture alliance/dpa

Die 57 Seiten lange Anklageschrift wurde am 19. September bei einem Districtcourt in New York von dem Schriftstellerverband Authors Guild gemeinsam mit 17 Bestsellerautorinnen und -autoren eingereicht - darunter der "Game of Thrones"-Schöpfer George R. R. Martin, der Autor von "Die Korrekturen" (2001) Jonathan Franzen und der weltweit für seine Justizthriller bekannte John Grisham. In der Sammelklage "Authors Guild vs. OpenAI" wird argumentiert, dass ChatGPT minderwertige Nachahmungen der Werke erstellen könne und diese unerlaubt vervielfältige.

Chatbot-Texte: Schaden sie Schriftstellern?

In der Klage wird unter anderem der Fall von George R. R. Martin ausgeführt. Demnach hat ChatGPT einen nicht autorisierten Entwurf einer möglichen Fortsetzung des Bands "A Clash of Kings" erstellt. Das Ergebnis trug den Titel "A Dance With Shadows" und nutzt Charaktere aus Martins bestehender Fantasy-Saga "A Song of Ice and Fire" (auf Deutsch: "Das Lied von Eis und Feuer"), worauf die Erfolgsserie "Game of Thrones" basiert. Die Kläger finden, die mit dem Chatbot erstellten Inhalte würden die Werke "nachahmen, zusammenfassen oder umschreiben" und damit Schriftstellern schaden. Statt ausschließlich frei zugängliche Literatur zu nutzen oder Lizensierungsanfragen zu stellen, seien bewusst Urheberrechtsverletzungen begangen worden. Denn ohne Verwendung urheberrechtlich geschützter Werke hätte ChatGPT nicht die nötigen Textdaten gehabt, so die Kläger.

George R. R. Martin erschuf mit seiner Fantasy-Saga "Das Lied von Eis und Feuer" die Grundlage für "Game of Thrones"Bild: Liam McBurney/picture alliance / empics

Das von Microsoft mitfinanzierte Start-Up kommentierte die Klage zunächst nicht. Doch befragt man den Chatbot, liefert dieser auch auf den Prompt "Gibt es Probleme mit den Urheberrechten bei ChatGPT bezüglich Texten von Schriftstellern?" eine umfassende Antwort. Diese klingt nach einer diplomatischen Beschwichtigung. Genannt werden Quellen, aus denen das System gelernt haben will und solche, die nicht verwendet worden seien - eben "um mögliche Urheberrechtsverletzungen zu vermeiden." 

Schriftstellerverband fordert Schadensersatz

Dass sehr wohl Urheberrechtsverletzungen begangen wurden durch die Nutzung von konkreten Werken von Schriftstellerinnen und Schriftstellern bei der Entwicklung von ChatGPT, glaubt hingegen der Verband Authors Guild. Gemeinsam mit den Bestsellerautoren klagt dieser darum nun stellvertretend für 13.000 Mitglieder und fordert Schadensersatz für den "systematischen Diebstahl in großem Stile". Bereits im Juli hatten Tausende Mitglieder der Authors Guild mit einem Offenen Brief gegen die kostenlose Nutzung ihrer Werke für die Entwicklung künstlicher Intelligenz protestiert.

Der Fall tangiert Grundsatzfragen hinsichtlich des Urheberrechts und der Nutzung von KI-Technologien. Im Verfahren zu klären ist, ob tatsächlich Urheberrechte verletzt wurden und ob das "Fair Use"-Prinzip gilt. Fair Use (auf Deutsch: Angemessene Verwendung) ist eine Rechtsdoktrin des US-amerikanischen Copyrights. Sie besagt, dass unter Umständen auch nicht autorisierte Nutzungen von geschütztem Material erlaubt sind, wenn sie etwa der öffentlichen Bildung dienen. Das Urteil im Verfahren "Authors Guild vs. OpenAI" könnte hier zum Präzedenzfall hinsichtlich Urheberschaft und Verwendung von KI-Modellen werden. Sollten die Schriftsteller Recht bekommen, drohen Schadensersatzzahlungen in Millionenhöhe.

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