Erst einmal wird es wohl nichts mit dem Friedensnobelpreis für Donald Trump. Der Dealmaker-in-Chief hat das Gipfeltreffen mit dem nordkoreanischen Machthaber Kim Jong Un abgesagt. Pikanterweise nur Stunden, nachdem Pjöngjang sein Atomtestgelände in Punggye-ri gesprengt hat, einer - bei aller gebotenen Skepsis - positiven Geste.
Ganz überraschend kommt die Absage nicht. Der Ton zwischen beiden Seiten war in den letzten Wochen rauer geworden. Und es mehrten sich die Zeichen, dass außer einem - für Kim angenehmen - Fototermin in Singapur keine greifbaren Ergebnisse zu erzielen sein würden.
Die US-Administration hat von Anfang an überschätzt, zu welchen Zugeständnissen Nordkorea bereit sein würde. Der Nationale Sicherheitsberater John Bolton hatte die US-Forderungen klar formuliert: Nur vollständige und unumkehrbare nukleare Abrüstung würde mit wirtschaftlichen Erleichterungen belohnt werden.
Eine Verhandlungsstrategie nach dem Motto: Alles oder Nichts. Sie wurde nicht besser durch wiederholte Erinnerungen von Bolton und zuletzt am Montag von Vizepräsident Mike Pence an das "Libyen-Modell". Für Nordkorea war das eine klare Drohung. Libyens Machthaber Ghaddafi hatte die Aufgabe seines Nuklearprograms nicht davor geschützt, 2011 mit militärischer Hilfe des Westens gestürzt und schließlich ermordet zu werden.
Falsch war auch die Einschätzung Washingtons, Sanktionsdruck und militärische Drohungen hätten Nordkorea an den Verhandlungstisch bewegt. Umgekehrt haben eher das mit Atomwaffen und Interkontinentalraketen unterfütterte neue Selbstbewusstsein Verhandlungen aus nordkoreanischer Sicht erst sinnvoll erscheinen lassen - aus einer Position relativer Stärke heraus.
Gipfel hätte vor allem Kim genützt
Natürlich wäre für Nordkoreas Diktator ein Gipfel mit Trump ein enormer Erfolg gewesen. In der kommunistischen Erbdynastie der Kims hatten schon sein Großvater und auch sein Vater auf direkte Verhandlungen mit den USA gepocht. Jetzt aus maximaler internationaler Isolation heraus den Sprung an einen Tisch mit dem US-Präsidenten zu schaffen, hätte Kims Prestige enorm gesteigert. Erst recht, wenn er tatsächlich greifbare Ergebnisse in Form von Sanktionserleichterungen und Wirtschaftshilfen aus Singapur nach Pjöngjang mitgebracht hätte. Aber ob er dafür genau die Instrumente aus der Hand gegeben hätte, die das Überleben der Kim-Dynastie sichern? Wohl kaum.
Vor allem, wenn man sich auf die Amerikaner und ihre Zusagen nicht verlassen kann. Nicht nur das "Libyen-Modell", sondern vor allem der Vertragsbruch beim Atomabkommen mit dem Iran vor zwei Wochen hat die sicher ohnehin bestehenden Zweifel an Washingtons Zuverlässigkeit beträchtlich wachsen lassen.
Noch keine neue Eiszeit
Die Hoffnung auf einen Friedensvertrag, der den geltenden Waffenstillstand nach mehr als sechs Jahrzehnten beenden würde, ist mit der Absage des Treffens erst einmal gedämpft. Gänzlich aufgeben muss man die Hoffnungen aber nicht. Es fällt auf: Nordkorea hat bislang persönliche Angriffe auf Donald Trump vermieden. Umgekehrt lässt der Text der Absage aus dem Weißen Haus ein Fenster zur Verständigung offen.
Man sollte nicht vergessen: Noch im vergangenen Herbst schien die koreanische Halbinsel - nach einer Serie von nordkoreanischen Tests von Interkontinentalraketen einerseits und amerikanischen Drohungen andererseits - am Rande eines verheerenden Krieges. Aber dann: Die Entspannungsrhetorik in der Neujahrsansprache Kims, die Teilnahme Nordkoreas an den Olympischen Winterspielen, das Gipfeltreffen mit Südkoreas Präsident Moon und schließlich die Ankündigung des Kim-Trump-Gipfels in Singapur.
Es bleibt zu hoffen, dass dieses Tauwetter nicht wieder sofort in eine gefährliche Eiszeit umschlägt. Es wäre an der Zeit, dass Diplomaten beider Seiten an einer tragfähigen und realistischen Grundlage für einen Kim-Trump-Gipfel arbeiten. Mit ihrer Alles-oder-Nichts Strategie aber erreichen die USA: Nichts.
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