Kinderarbeit nimmt ab - doch nicht in Afrika
14. Juni 2025
Es ist ein Fortschritt - und ein Arbeitsauftrag zugleich: Weltweit gibt es 138 Millionen Kinderarbeiter, verglichen mit geschätzten 160 Millionen im Jahr 2020. Dies geht aus einem gemeinsamen Bericht des Kinderhilfswerkes der Vereinten Nationen (UNICEF) und der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) hervor, der anlässlich des Welttages gegen Kinderarbeit am Donnerstag veröffentlicht wurde.
Der Rückgang ist eine gute Nachricht für das Kindeswohl. Noch im Jahr 2000 schätzte die ILO, dass 245,5 Millionen Kinder arbeiteten. Dieses Minus um fast 50 Prozent ist besonders bedeutsam, da die Zahl der Kinder im gleichen Zeitraum um 230 Millionen gestiegen ist.
Auch die Zahl der Kinder (nach der Definition der ILO 5- bis 17-Jährige), die "gefährliche Arbeiten" verrichten - meist im Bergbau, in der Industrie oder in der Landwirtschaft - ist von 79 Millionen im Jahr 2020 auf 54 Millionen im Jahr 2025 gesunken.
Armut in Haushalten verstärkt Kinderarbeit
Allerdings geht die ILO davon aus, dass es noch Jahrzehnte dauern wird, bis die Kinderarbeit vollständig abgeschafft ist.
Rund 86,6 Millionen Kinderarbeiter - und damit fast zwei Drittel aller Kinderarbeiter - entfallen auf Afrika südlich der Sahara.
Nankali Maksud, Regionalberaterin für Kinderschutz bei UNICEF , sagte der DW: "Die Prävalenzrate ist gesunken. Zwischen 2020 und 2024 sind wir von 24 Prozent auf 22 Prozent gesunken. Die größte Herausforderung in dieser Region ist jedoch das schnelle Bevölkerungswachstum. In absoluten Zahlen haben wir also keine großen Fortschritte gemacht."
Besonders besorgniserregend ist für Maksud, dass jüngere Kinder (im Alter von 5 bis 11 Jahren) den größten Anteil der Kinderarbeiter ausmachen. "Wir gehen nicht ernsthaft genug gegen die Armut auf Haushaltsebene vor, insbesondere in ländlichen Gebieten. Ohne den richtigen politischen Willen und die nötigen Finanzmittel, um diesen Haushalten zu helfen, werden wir das Problem der Kinderarbeit nicht lösen können", sagte sie der DW.
Priorität: Zugang zu Bildung verbessern
Darüber hinaus ist Maksud der Ansicht, dass regionale Bemühungen zur Verbesserung des Zugangs zu qualitativ hochwertiger Bildung Priorität haben müssen, ebenso wie eine stärkere Durchsetzung von Gesetzen zur Bestrafung von Kinderarbeit. Maksud wünscht sich, dass Hochrisikofaktoren wie Bergbau und Landwirtschaft engmaschiger kontrolliert werden, und dass es mehr Rechenschaftspflichten in Lieferketten geben soll.
In den meisten unserer Länder gibt es entsprechende Gesetze", sagte Maksud. Problem sei jedoch die häufig mangelhafte Durchsetzung. "Die Ministerien, die für Themen wie Kinderarbeit zuständig sind, verfügen meist über die kleinsten Budgetposten."
Lisa Zimmerman, Leiterin des UNICEF-Länderbüros in Madagaskar, sagte, dass dort 47 Prozent der 5- bis 17-Jährigen von Kinderarbeit betroffen seien - ein viel höherer Anteil als in anderen Teilen Afrikas südlich der Sahara.
"Kinderarbeit betrifft Jungen etwas häufiger als Mädchen. Auch Kinder auf dem Land sind stärker betroffen als in der Stadt, und im Allgemeinen sind Kinder aus armen Familien betroffen", sagte Zimmerman der DW. "32 Prozent aller Kinder in Madagaskar müssen unter gefährlichen Bedingungen Kinderarbeit verrichten. Das ist die schlimmste Form der Kinderarbeit."
Klima-Schocks zwingen zu neuen Arbeitsformen
Zahlreiche klimabedingte Probleme, von Dürren bis zu Wirbelstürmen, plagen die von der Landwirtschaft abhängigen Madagassen. "Klimaschocks zwingen Familien und Kinder zur Arbeit, zu neuen und gefährlicheren Arbeitsformen", sagte Zimmermann.
Einige ländliche Gemeinden im trockenen Südwesten Madagaskars haben sich anstelle oder neben der Landwirtschaft dem Glimmerabbau aus Gestein zugewandt. Glimmer ist eine Gruppe von Mineralen, die in vielen technischen Bauteilen Anwendung findet. Madagaskar ist nach Russland und Indien der drittgrößte Exporteur. Der Sektor hat in den letzten Jahren einen Boom erlebt, da das Material im Bereich der erneuerbaren Energien verwendet wird.
"Es sind dann vor allem Kinder, die in die Minen klettern müssen, um ihre Familien zu unterstützen und genug zu essen zu haben", beklagt Zimmermann.
Der Glimmerabbau in diesen Gemeinden betrifft oft die ganze Familie, von den Ältesten bis zu den kleinen Kindern. Sie berichteten UN-Forschern außerdem, dass sie sich kein Essen leisten können, wenn ihre Familienmitglieder nicht arbeiten.
Ausbeutung von Kindern im Bergbau
Die ILO definiert Kinderarbeit als Arbeit, die Kindern ihre Kindheit, Würde, ihr Potenzial und ihre Entwicklung, insbesondere im Hinblick auf die Schulbildung, raubt. Dagegen haben Gemeinschaften in ganz Afrika ihre eigenen Vorstellungen davon, was Kinderarbeit ausmacht und wann sie notwendig ist.
Lydia Osei, eine Forscherin der Universität von Ghana, hat Trends innerhalb der ghanaischen Gesellschaft beobachtet.
„Kinderarbeit ist ein riesiges Problem, aber wir haben als Volk keine bewussten Anstrengungen unternommen, damit umzugehen", sagte sie der DW.
Besonders kritisch gesehen wird in Westafrika die Kinderarbeit im Bergbau, in der Landwirtschaft und bei der Hausarbeit. In Ghana häufen sich die Berichte über Kinderarbeit im Kakaoanbau und im informellen Bergbau.
"Ich glaube nicht, dass Eltern wollen, dass ihr achtjähriges Kind im Steinbruch arbeitet und dort geschlagen und verletzt wird. Aber weil die Tradition es erlaubt, dass Kinder zum Unterhalt der Familie beitragen, nehmen sie ihre Kinder mit in den Kleinbergbau", sagt Osei.
Arbeitgeber in Bergbaubetrieben beteiligen sich häufig an der Kinderarbeit, indem sie Kindern erlauben, neben ihren Eltern zu arbeiten. Kleine Kinder werden beim Sortieren von Materialien eingesetzt oder müssen in Bereiche klettern, die für Erwachsene unzugänglich sind.
"Normalerweise erhalten junge Menschen kein Bargeld als Bezahlung. Sie bekommen Steine oder Erze", sagte Osei. "Aber weil die minderjährigen Arbeiter meist etwas bekommen, was sie als ausreichend erachten, empfinden sie es nicht als Ausbeutung. Und deshalb hält die Beziehung an."
Wie in anderen Gemeinschaften zeigen sich die Folgen des Schulausfalls und des frühen Arbeitsmarkteintritts erst langfristig. ILO und UNICEF fordern daher von den Regierungen in Subsahara-Afrika Strategien, mit denen der Teufelskreis der Kinderarbeit durchbrochen werden kann.
Trotz der Enttäuschung darüber, dass es bis 2025 nicht gelungen ist, Kinderarbeit zu beseitigen, erklärte UNICEF-Regionalberaterin Maksud gegenüber der DW, dass es auch Fortschritte gebe: Auf dem ganzen Kontinent gebe es immer mehr Gesetze zur Beendigung der Kinderarbeit und zugleich Anstrengungen für mehr Bildungschancen. Schlüssel für weiter verbesserte Chancen sei das Wachstum der Volkswirtschaften.
"Familien versuchen zu überleben und treffen Entscheidungen - nicht, weil sie schlechte Menschen sind, sondern weil sie überleben wollen. Und wenn wir ihnen einen Ausweg bieten, werden sie ihre Kinder vielleicht nicht mehr zum Arbeiten auffordern", sagte sie.
Dieser Artikel wurde aus dem Englischen adaptiert.