Eine Gegenüberstellung von historischen Gemälden und zeitgenössischen UNICEF-Reportagefotos präsentiert das Arp-Museum in Remagen. Es bietet einen einzigartigen Blick auf Kinder und Kindheit gestern und heute.
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Ausstellung: "Menschenskinder" gestern und heute
Das Arp Museum in Rolandseck präsentiert derzeit eine Gegenüberstellung von historischen Gemälden und zeitgenössischen UNICEF-Reportagefotos. Die Ausstellung bietet einen einzigartigen Blick auf Kinder und Kindheit.
Bild: 2011 Chris de Bode
Clown im grünen Kostüm
Die Zirkuswelt und die Bühne haben August Macke schon früh fasziniert. In zahlreichen Aquarellen, Gemälden und plastischen Werken hat er zwischen 1905 und 1914 Szenen mit Akrobaten und Clowns dargestellt. Ein wenig verstand sich der Maler selbst als Gaukler, der seine Persönlichkeit hinter einer Maskerade verbirgt. Das Artistenleben empfand er als farbenfrohe Bereicherung des Daseins.
Bild: Arp Museum Bahnhof Rolandseck/Sammlung Rau für UNICEF
Als Clown die Trauer besiegen
Auch für die zehnjährige My-taelle aus Haiti bringen Clowns Freude in den Alltag. Nach dem verheerenden Erdbeben 2010 brach in Haiti alles zusammen, auch der Schulunterricht fiel aus. "Viele Menschen waren furchtbar traurig nach dem Erdbeben, weil sie Familienmitglieder, Freunde oder ihr Haus verloren hatten", erzählt My-taelle. "Wenn ich Clown spiele, bringe ich sie zum Lachen."
Bild: Chris de Bode
Himmlischer Bote
Im 13. Jahrhundert tauchten in der Kunst erstmals kindliche Engel auf, die mit dem Jesuskind spielten oder zum Lobe Gottes musizierten. Unter ihnen findet sich eine ganz besondere Spezies, nämlich der gefiederte Engel, die vor allem nördlich der Alpen populär war. Dieses Exemplar entstand um 1480 in Tirol. Vom Fliegen träumte damals noch niemand - das war göttlichen Wesen vorbehalten ...
Bild: Arp Museum Bahnhof Rolandseck/Sammlung Rau für UNICEF
Aniket träumt vom Fliegen
Aniket ist zehn Jahre alt und lebt mit seiner Familie in einem Armenviertel in Neu-Delhi. Sein Lieblingsprogramm im Fernsehen ist der "Discovery Channel". Seit der Junge eine Weltraum-Sendung sah, träumt er davon, zum Mond zu fliegen: "Es muss so schön sein, auf die Erde hinabzusehen." Fotografiert wurde er von dem Holländer Chris de Bode, der weltweit Kinderträume im Bild festhält.
Bild: 2011 Chris de Bode
Die Rue du Mont-Cenis auf dem Montmartre
Der Maler Stanislas Lépine lebte im 19. Jahrhundert mit seiner Frau und den drei Kindern im Pariser Künstlerviertel Montmartre. Vom Glanz der Varietés ist in seinen Bildern nichts zu spüren; die Familie hauste wie Tagelöhner in einer grauen Mietsbaracke. Obwohl er mit Monet ausstellte, blieb Lépine bettelarm. Was ein solches Leben für seine Kinder bedeutete, lässt sich nur erahnen.
Bild: Arp Museum Bahnhof Rolandseck/Sammlung Rau für UNICEF
Flucht aus Syrien
Armut und Elend prägen auch die einstmals blühende Metropole Aleppo, die zweitgrößte Stadt Syriens. Verzweifelt irrt diese Familie durch die Trümmer ihres umkämpften Viertels. Vielleicht macht auch sie sich auf den steinigen Weg nach Europa, wo die Eltern sich für ihre Kinder ein besseres Leben erhoffen. Fotograf Niclas Hammarström, selbst Familienvater, hielt die trostlose Szene im Bild fest.
Bild: Niclas Hammarström
Nur scheinbar idyllisch: Das Lager
Ganz im Sinne seiner adligen Auftraggeber entschärft der Maler Philips Wouwerman die furchtbaren Kriege seiner Zeit, allen voran den Dreißigjährigen Krieg. Das Lagerleben (um 1650) wirkt beschaulich; Frauen und Kinder im Heerestross anzutreffen, war damals üblich. Der karge Sold der Soldaten verschaffte ihnen eine gewisse Überlebenschance.
Bild: Sammlung Rau für UNICEF
Gaza: Spielen – trotz Krieg
Im Gazastreifen müssen die Menschen immer wieder leidvoll erfahren, was Krieg bedeutet. Zuletzt wurden im Sommer 2014 durch Angriffe rund 54.000 Kinder und ihre Familien obdachlos. Eman Mohammed (27) ist das Kind palästinensischer Flüchtlinge und selbst Mutter zweier Kinder. Sie wuchs im Gazastreifen auf und begann mit 19 Jahren, das Schicksal vor allem der Frauen und Kinder in Fotos festzuhalten.
Bild: Eman Mohammed
Pause im Waisenhaus
Der Waisenhaus-Alltag im 19. Jahrhundert war straff organisiert. Neben regelmäßigen Gebeten und Lese- und Schreibstunden stand Nähunterricht auf dem Plan. Die Mädchen trugen eine Uniform in den Amsterdamer Stadtfarben, denn sie sollten überall als Waisen erkennbar sein. Uneheliche Kinder allerdings wurden in Armenhäuser abgeschoben - ohne Recht auf Bildung. Das Gemälde stammt von Max Liebermann.
Bild: Sammlung Rau für UNICEF, Foto: Peter Schälchli
"Ich lese, also bin ich"
Die Palästinenserin Laura Boushnak dokumentiert in muslimischen Ländern die sozialen und kulturellen Veränderungen im Leben von Mädchen und Frauen. Im Jemen hat sie diese Schulmädchen im Bild gebannt. Ein Sprichwort dort lautet: Ein Mädchen verlässt ihr Haus nur zweimal - wenn es heiratet, und wenn es stirbt. Die Chancen, zur Schule zu gehen, sind gering, aber diese Mädchen haben es geschafft.
Bild: Laura Boushnak
Porträt eines jungen Adeligen
Wer im Holland des 17. Jahrhunderts etwas auf sich hielt, ließ sich von Abraham van den Tempel porträtieren. Dieser Knabe posiert selbstbewusst mit seinen Jagdhunden, die Flinte zur Jagd in der Hand – ein Vergnügen, mit dem sich der Adel die Zeit vertrieb. Den Überlieferungen nach soll es sich um James Scott handeln, den illegitimen Sohn des englischen Königs Charles I.
Bild: Sammlung Rau für UNICEF/Foto: Mick Vincenz
Ihr erstes Gewehr
Gerade mal acht Jahre alt und schon eine Waffe in der Hand. Das kleine Mädchen fürchtet sich vor Zombies, aber nicht deshalb haben ihren Eltern ihr ein Übungsgewehr in Bonbonfarbe mit scharfer Munition geschenkt: Der Waffenkult in den USA ist ungebrochen. Nur wenige Eltern stimmten zu, dass An-Sofie Kesteleyn ihre Kinder mit dem Gewehr fotografiert - aus Angst vor schärferen Waffengesetzen.
Bild: An-Sofie Kesteleyn
Portrait einer jungen Frau als Flora
Über diese Venezianerin wurde in Kunstkreisen schon viel gerätselt: Ist sie vielleicht eine der Schwestern des Künstlers Giandomenico Tiepolo? Offenbar soll die Unbekannte den Frühling verkörpern, der üppige Blütenstrauß, der das Barett nahezu überwuchert, deutet darauf hin. Im 18. Jahrhundert wurde der weiblichen Anmut genauso gehuldigt wie heute, nur das Schönheitsideal hat sich geändert.
Bild: Sammlung Rau für UNICEF, Foto: Peter Schälchli
Junge Schönheiten für die Laufstege der Welt
In Sibirien träumen viele Mädchen schon als Kinder von einer Karriere als Topmodel. Aus ihren Sehnsüchten und Hoffnungen ziehen Talentsucher von internationalen Modelagenturen ihren Nutzen. Anastasia Taylor-Lind hat die Mädchen bei Modeschauen und Bikini-Terminen begleitet, obwohl es der Fotografin widerstrebt, dass die Kinder den eigenen Körper als Ware einsetzen.
Bild: Anastasia Taylor-Lind
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Kinder lagen Gustav Rau (1850-1954) Zeit seines Lebens sehr am Herzen. Er arbeitete im Kongo als Tropen- und Kinderarzt, aber er legte sich auch eine umfassende Kunstsammlung aus Gemälden und Skulpturen zu, die den Alltag der Kinder über die Jahrhunderte widerspiegelt. Sie ist in der Sammlung Rau im Remagener Arp Museum in Rolandseck zu sehen. Da ist zum Beispiel das Gemälde "Pause im Waisenhaus" von Max Liebermann, der von den Kindern als Motiv so fasziniert war, dass er sich in Amsterdam sogar ein Atelier im Waisenhaus einrichtete.
Der Maler Stanislas Lépine gewährt einen Einblick in seine "Rue du Mont-Cenis auf dem Montmartre", die wenig mit der Glitzerwelt des Theaters und der Varietés gemein hat. Obwohl er 1874 Seite an Seite mit Claude Monet und Henri Fantin-Latour an der ersten Pariser Impressionisten-Ausstellung teilnahm, gelangte er Zeit seines Lebens nie zu Ruhm und lebte mit seiner Familie von der Hand in den Mund. Ein bitteres Schicksal auch für seine drei Kinder.
Neben Gemälden, die die Trostlosigkeit und die Armut vergangener Jahrhunderte beleuchten, die Kinder immer als Leidtragende im Fokus, gibt es in Raus Sammlung aber auch die prunkvolle Welt der Adligen, die sich in prächtiger Kleidung von angesagten Malern ihrer Zeit auf Leinwand bannen ließen.
Diesen künstlerischen Zeitzeugen hat man im Arp-Museum jetzt zeitgenössische prämierte Fotografien aus dem internationalen Wettbewerb "UNICEF-Foto des Jahres" gegenübergestellt. "Menschenskinder. Kinderleben zwischen Wunsch und Wirklichkeit" heißt die Ausstellung. Historische Gemälde und herausragende Reportagefotos zeigen den Blick auf Kinder und Kindheit vom Mittelalter bis in die Gegenwart. Es liegen Jahrhunderte zwischen den Ölbildern und den Fotografien, und doch hat sich die Botschaft der Bilder kaum verändert: Sie berichten vom Kindersegen, schildern aber auch den harten Alltag vieler Kinder in den Elendsvierteln und Krisengebieten der Erde. Sie zeigen Verzweiflung und Freude, Sehnsüchte und Hoffnungen. Und sie bieten einen eindrucksvollen Einblick in das Leben von Kindern im Wandel der Zeit.
Die Ausstellung in Remagen läuft noch bis zum 14. August 2016.