1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Kino unterm Sternenhimmel

Petra Füchsel1. Januar 1970

Wenn die Abende wärmer werden, zieht es Kinofans zum Filmerlebnis nach draußen – oder aber ins Autokino. Denn das nostalgische Erlebnis wird als Gegentrend zu der sterilen Welt der Multiplexx-Center immer beliebter.

Mercedes Benz Classic Open Air
Bild: Daimler AG

Jedes Jahr geben sich die Veranstalter Mühe, neben den bewährten neue attraktive Spielstätten fürs Kinoabenteuer zu finden. Ob Autokino, Open-Air am Flussufer oder vor einer Schlosskulisse – dem Einfallsreichtum sind kaum Grenzen gesetzt. Berlin hat bei diesem Sommer-Trend eine Vorreiterrolle übernommen: Die Metropole entwickelt sich immer mehr zur Haupstadt der Freiluftkinos. Mehr als ein Dutzend Parks, Plätze und Innenhöfe verwandeln sich in diesen Tagen wieder in Open-Air-Kinos. Mit rund 20.000 Plätzen ist die Waldbühne, errichtet im Stil eines griechischen Amphitheaters, der größte Schauplatz. Das Freiluftkino Museumsinsel etwa bietet dagegen neben bequemen Liegestühlen auch den Blick auf imposante Bauten wie die Alte Nationalgalerie – falls der Film mal nicht so spannend ist.

Open-Air-Kino im Auto

Noch in diesem Jahr wurde in Berlin sogar ein neues Autokino eröffnet. Motorisierte Filmfans können sich auf dem Zentralen Festplatz am Kurt-Schumacher-Damm Kinohighlights ansehen. Auf Kino im Auto setzt man in der Sommer-Saison 2003 auch im Saarland. Vor dem Weltkulturerbe in Völklingen, einer gigantischen einstigen Eisenhütte, lockt ein befristet eingerichtetes Autokino zum Filmgenuss. Aber, wie kam es eigentlich zu der Kombination von Film und Mobilität?

Komm Bambino, wir geh'n ins Autokino ...

Der Legende nach sind Autokinos eher zufällig entstanden. Als der Erfinder Hollingshead vor 70 Jahren in Camden (im US-Staat New Jersey) in seinem "Drive In" den Streifen "Wife Beware" zeigte, wollte er eigentlich nur seinen Handel mit Autozubehör ankurbeln. Das neue Angebot verbreitete sich anfangs nur schleppend. Erst mit der steigenden Mobilität in den 1950er Jahren erlebte die neue Idee in den USA plötzlich einen Höhepunkt: Die mehr als 4000 "Drive-In"-Kinos waren bei jungen Pärchen beliebt. Knutschen auf der Rückbank – das war in einer prüden Umwelt jahrelang untrennbar mit dem Autokino verbunden.

Aufstieg und Niedergang einer Idee

In Deutschland setzte sich das Autokino vor allem in den 1960er Jahren durch. Das älteste Autokino Europas empfing 1960 in Neu-Isenburg seine ersten rollenden Gäste mit der Yul-Brynner-Komödie "Der König und ich". In den Hochzeiten des Autokinos kamen pro Jahr rund 500.000 Besucher.

In den 1980er Jahren drohte dann jedoch fast das Aus. Die Betreiber der Autokinos mussten gleich mehrere Tiefschläge hinnehmen: steigende Spritpreise und Öko-Bewusstsein schmälerten die Faszination Auto. Vom Ende der 1970er Jahre an eroberten Heimvideos die Wohnzimmer, 1980 kam noch die neue Sommerzeit dazu. Es wurde im Sommer später dunkel. Und Filme können erst nach Dämmerung gezeigt werden.

Trendwende durch Initiative

Betreiber und Verleiher steuerten in letzter Minute gegen den Trend und versuchten, als Alternative ein Nischenangebot zu präsentieren: Filme in englischer Originalfassung soll die englischsprachige Bevölkerung, Schulen oder Städtetouristen anziehen, eine ausgefeilte Ton- und Lichttechnik ein Highend-Vergnügen möglich machen. Einige Betreiber bieten eine Mischform aus Auto- und Open-Air-Kino an und versuchen das Kino-Erlebnis als Gartenparty zu gestalten. Das Mitbringen von Grills ist ausdrücklich erlaubt und kühle Getränke oder Steaks werden auch auf dem Kino-Gelände angeboten. Selbst für die lieben kleinen Haustiere ist bei manchen Autokinos gesorgt: Katzen, Hunde, Meerschweinchen – (fast) alle Tiere sind erlaubt.

Dass Kino auch abseits des Mainstreams und in anderer Umgebung als der gewohnten sehr gut funktioniert – diese Erfahrung machte auch Peter von Komorowski mit seinem mobilen Kino. Zweimal im Jahr tourt er zu einer jeweils viermonatigen Saison durch das Bundesland Niedersachsen. Mit seinem Angebot: Große Kassenschlager, Klassiker oder Kinderfilme in Gemeindesälen oder Gastwirtschaften vorzuführen – hat auch er erfolgreich eine Nische besetzt und kann über Besuchermangel nicht klagen. Innovative Ideen und das Entdecken der einen oder anderen Nische lassen die romantische Tradition des Autokinos oder Open-Air-Events zum Glück nicht aussterben.

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen