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Gesellschaft

Kirche regelt Entschädigung von Missbrauch neu

5. März 2020

Die katholischen Bischöfe in Deutschland haben neue Regeln für Zahlungen an Opfer sexueller Gewalt in der Kirche beschlossen. Die Missbrauchsopfer reagieren mit Wut und Enttäuschung und sprechen von moralischem Versagen.

Frühjahrs-Vollversammlung Deutsche Bischofskonferenz
Gottesdienst im Mainzer Dom bei der Frühjahrs-Vollversammlung der Deutschen BischofskonferenzBild: picture-alliance/Kirchner/Neundorf

Zum Abschluss ihrer Frühjahrsvollversammlung in Mainz haben die katholischen Bischöfe in Deutschland über neue Grundsätze für Zahlungen an Opfer sexueller Gewalt in der Kirche entschieden. "Damit nehmen wir Bischöfe unsere institutionelle Verantwortung noch einmal deutlicher wahr", sagte der neue Vorsitzende der Bischofskonferenz, Georg Bätzing. Künftig seien höhere Zahlungen als bisher möglich und es gebe ein einheitliches Verfahren für alle 27 Bistümer.

Entschädigung nur im Einzelfall über 50.000 Euro

Künftig soll ein zentrales unabhängiges Gremium die Höhe der Zahlungen festlegen, wie der Trierer Bischof Stephan Ackermann erläuterte. Diese sollen auf dem Niveau gerichtlicher Schmerzensgeldentscheidungen liegen, und zwar im "oberen Bereich" - die entsprechenden Tabellen reichen nach seinen Angaben bis etwa 50.000 Euro. In Einzelfällen könnten aber auch höhere Leistungen möglich sein.

Die materielle Leistung sei nur eine Komponente in der Begegnung mit den Betroffenen, betonte der Trierer Bischof, der Beauftragter der Bischofskonferenz für Fragen des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger im kirchlichen Bereich ist. Seit 2011 wurden nach Angaben der Bischofskonferenz Empfehlungen für etwas mehr als 2000 Menschen in Höhe von insgesamt 10,1 Millionen Euro ausgesprochen, also im Durchschnitt 5000 Euro.

Zahlungen auch aus der Kirchensteuer möglich

Die Bischofskonferenz ließ offen, aus welchen Töpfen die Schmerzensgelder gezahlt werden, wie der Limburger Bischof Bätzing sagte. Es ist demnach Sache der Bistümer, ob sie aus ihrem Vermögen heraus oder aus der Kirchensteuer zahlen. "Es gibt Diözesen, die haben keine anderen Quellen als die Kirchensteuer, gerade im Osten des Landes", fügte Bätzing hinzu. Finanzschwache Bistümer oder Orden sollen durch einen gemeinsamen Fonds entlastet werden. Wo möglich, sollten aber auch die Täter zur Kasse gebeten werden.

Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK), die Vertretung der katholischen Laienverbände, hat sich entschieden dagegen gewandt, dass die Kirche ihre Ausgleichszahlungen aus den laufenden Kirchensteuereinnahmen deckt.

Die Bischöfe Ackermann und Bätzing stellen die neuen Grundsätze zur Opferentschädigung vorBild: Imago Images/epd/K. Schäfer

Der Beschluss der Bischofskonferenz bleibt hinter den Empfehlungen einer unabhängigen Arbeitsgruppe zurück, die der Konferenz vergangenen September auf der Vollversammlung in Fulda vorgelegt worden waren. Diese hatte entweder pauschal rund 300.000 Euro Entschädigung oder alternativ ein je nach der Schwere des Falles abgestuftes Modell mit 40.000 bis 400.000 Euro Zahlungen vorgesehen.

"Was für ein Versagen"

Entsprechend groß ist die Wut und Enttäuschung der Opfer angesichts des neuen Konzepts. "Die Kirche in Deutschland ist nicht bereit, für ihre Verbrechen die Verantwortung zu übernehmen und ihren Opfern eine Entschädigung anzubieten", erklärte der Sprecher der Opferinitiative Eckiger Tisch, Matthias Katsch: "Was für ein Versagen! Was für eine verpasste Chance."

Indirekt forderte Katsch Katholiken zum Kirchenaustritt auf. Die jetzige Entscheidung der Bischofskonferenz müsse auch Konsequenzen für Katholikinnen und Katholiken haben, erklärte er. "Wollen sie auch weiterhin eine Kirchenstruktur unterstützen mit ihren Beiträgen, die so offensichtlich am Geld klebt und ihre Opfer missachtet? Wollen sie auch weiterhin für das moralische Versagen ihrer Hirten in Mithaftung genommen werden?", fragte Katsch.

Laut der sogenannten MHG-Studie, einem interdisziplinären Forschungsprojekt zum Thema sexueller Missbrauch in der katholischen Kirche, wurden von 1946 bis 2014 mindestens 3677 Kinder und Jugendliche Opfer sexueller Gewalt Hunderter Priester, Diakone und männlicher Ordensangehöriger.

qu/ww (dpa, afp, kna, epd)

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