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Deutsche Waffen in Drittstaaten

Heiner Kiesel9. Dezember 2014

Deutschlands Rüstungsexporte bleiben auf einem hohen Niveau. Auf der Liste der Empfänger der Waffen made in Germany stehen auch zweifelhafte Regierungen.

Munition Sturmgewehr G36 (Foto: dpa)
Exportschlager aus Deutschland: Munition für das G 36Bild: picture-alliance/dpa

Der evangelischen und der katholischen Kirche sind Exporte von deutschen Waffen und Rüstungsgütern an Länder außerhalb von EU und NATO ein Dorn im Auge. Besonders die Lieferungen an Länder, in denen die Einhaltung der Menschenrechte nicht immer gegeben ist, werden von der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE) kritisiert. "Besondere Sorge bereitet uns die weiter steigende Bedeutung nordafrikanischer Staaten und Länder aus dem Nahen und Mittleren Osten als Abnehmer deutscher Rüstungsgüter", betonte der katholische Vorsitzende der GKKE, Prälat Karl Jüsten bei der Vorstellung des Rüstungsexportberichts seines Gremiums. So darf Algerien eine Fertigungsanlage für den Transportpanzer Fuchs bauen. "Damit gibt die Regierung die Kontrolle über Re-Exporte und Endverbleib weitgehend aus ihren Händen", warnt Jüsten.

Saudi-Arabien soll Patrouillenboote im Wert von 1,5 Milliarden von der deutschen Lürssen Werftengruppe bekommenBild: picture-alliance/dpa

Die Kirchen sehen unter anderem den Verkauf von 146 Patrouillenbooten an Saudi-Arabien mit Skepsis. Sie bezweifeln, dass der Hinweis auf den Erhalt von Arbeitsplätzen ein tragfähiges Argument für die Genehmigung des Waffendeals sei. "Es besteht die Gefahr, dass aus ökonomischen Erwägungen Waffenlieferungen genehmigt werden, die der politischen Klugheit und Ethik widersprechen", erklärte Prälat Martin Dutzmann, der evangelische Vorsitzende der GKKE. Die Kirchenvertreter raten dazu, die Rüstungsindustrie in Europa stärker zu verschmelzen und so Überkapazitäten abzubauen. Dadurch würden sich die Staaten unabhängiger von den Märkten außerhalb der westlichen Bündnisse machen.

Kritik an Waffenlieferungen in Krisenregionen

An Staaten der NATO und der EU wurden im Jahr 2013 Rüstungsausfuhren im Wert von 2,24 Milliarden Euro genehmigt, aber 3,6 Milliarden Euro an die übrigen Länder. Unter diesen Drittstaaten gingen die meisten Güter an Algerien (825,7 Mio.), Katar (673,3 Mio.), gefolgt von Saudi-Arabien, Indonesien und Israel. Im ersten Halbjahr 2014 erreichte der Anteil der Rüstungsexporte an Drittstaaten mit 63,5 Prozent ein Rekordhoch. "Was als Ausnahme gedacht war, ist zur Regel geworden", mahnt Jüsten. Die Kirchen lehnen Rüstungsexporte in Krisenregionen generell ab. Auch die Aufrüstung von einzelnen Staaten dort, die dann für Stabilität sorgen sollen, sehen sie mit großer Skepsis.

Beifall bekommen die Kirchen für ihre Position von der Bundestagsfraktion der Linken. Abseits von ein bisschen zusätzlicher Transparenz stehe nach einem Jahr von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel unter dem Strich so gut wie nichts auf der Habenseite einer echten Einschränkung von Rüstungsexporten, äußerte sich Jan van Aken, außenpolitischer Sprecher der Oppositionspartei. Aken vermisst eine von der SPD angekündigte Umkehr bei der Rüstungsexportpolitk. "In der Praxis gehen Gabriel und Merkel Hand in Hand bei der Aufrüstung der Welt mit deutschem Kriegsgerät." Die Grünen vermissen ebenfalls Transparenz, "auch wenn die Bundesregierung das Parlament und die Öffentlichkeit jetzt häufiger über ihre Genehmigungen für Rüstungsexporte unterrichtet", moniert die sicherheitspolitische Sprecherin der Grünen, Agnieszka Brugger.

Vielleicht doch ein Kurswechsel beim Waffenexport

Die GKKE legt ihre Rüstungsberichte seit 1997 vor. In den vergangenen Jahren wurden die Zahlen der Kirchen vor denen der Bundesregierung vorgestellt. Dass es diesmal nicht so war und die Bundesregierung Mitte Oktober einen Zwischenbericht über die im ersten Halbjahr erteilten Rüstungsexportgenehmigungen und Kriegswaffenexporte vorgelegt hat, wertet das Kirchengremium als positiv. Die Kirchen zollen der Bundesregierung Anerkennung dafür, dass sie die Lieferung eines Gefechtsübungszentrums an Russland verhindert hat.

Ebenso führen die Kirchen einen "drastischen Rückgang der Kleinwaffenlieferungen in Drittstaaten" an. Dieser sank von 18 Millionen Euro im ersten Halbjahr 2013 auf 1,4 Millionen Euro im gleichen Zeitraum 2014. Es gebe Hinweise auf einen Kurswechsel, meinen die Experten der Kirchen. So durfte beispielsweise Heckler&Koch keine Bauteile mehr für die Herstellung des beliebten Sturmgewehrs G36 nach Saudi-Arabien liefern. "Wir begrüßen die Ankündigung von strengen Maßstäbe für den Export von Kleinwaffen und die Schritte zu einer wirksameren Endverbleibskontrolle", unterstrich Jüsten und mahnte eine schnelle Umsetzung dieser Versprechen an.

Hofft auf mehr Offenheit der Bundesregierung: Karl JüstenBild: DW/H.Kiesel
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