Kirchen rufen zum Miteinander auf
23. Mai 2021Bei seiner Predigt im Petersdom in Rom mahnte der Papst zu kirchlicher Einheit und konkreter Barmherzigkeit. Es sei an der Zeit, den Trost des Heiligen Geistes weiterzugeben und einander beizustehen. Dies schaffe man nicht mit Floskeln, sondern nur durch Gebet und Nähe. Abermals sprach sich Franziskus gegen Spaltungstendenzen innerhalb der katholischen Kirche aus.
Es gehe nicht um Konservative und Progressive, Traditionalisten oder Erneuerer, rechts oder links. Wenn dies die entscheidenden Kriterien seien, gehe der "Geist der Kirche" verloren. "Sagen wir Nein zu den Ideologien", verlangte der 84-Jährige. Das Ziel müsse eine "Harmonie in Verschiedenheit" sein. Für Christen ist Pfingsten das Fest des Heiligen Geistes und wird als Geburtsfest der Kirche verstanden.
Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, ermutigte zur Hoffnung auf die Impfstrategie. Momentan hätten viele Menschen das Gefühl, dass ihnen "die Puste" ausgehe, sagte Bätzing im Limburger Dom. Die Arbeit im Homeoffice führe zu Überlastung oder Vereinsamung; Kontaktbeschränkungen, Unterrichtsausfälle und Öffnungsverbote hinterließen Spuren. "Existenznöte und tiefgreifende Sorgen schnüren vielen Menschen die Luft ab", so der Limburger Bischof. Anderen fehle schlicht der Ausgleich zum Alltagsstress.
Insofern sei die Pandemie eine "Atemstörung", nicht nur in medizinischer Hinsicht. Wenn der Atem stocke, sei dies auch ein Anlass, "uns dieser selbstverständlichsten Grundlage unseres Lebens einmal bewusst zu werden, darüber nachzudenken und dafür zu danken", sagte Bätzing.
Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, sagte, die Erfahrungen aus der Corona-Pandemie sollten Anstoß für ein Umdenken sein. Neben einer "tiefen Müdigkeit" sei Nachdenklichkeit das beherrschende Gefühl vieler Menschen, sagte Bedford-Strohm in seiner Predigt in der Münchner Matthäuskirche. Die Pandemie habe den Menschen schmerzlich ihre Grenzen aufgezeigt. Das könne aber der erste Schritt für "ein gutes Leben" in diesen Grenzen sein.
Der Berliner Erzbischof Heiner Koch mahnte einen nachhaltigen Lebensstil an. "Wenn wir die Schöpfung nicht achten, nicht auf ihre Stimme hören, hören wir nicht auf die Stimme Gottes, davon bin ich überzeugt", schreibt er in der "Welt am Sonntag". Dazu gehöre es, den Lebensstil anzupassen, "damit der Mensch wieder im Einklang mit der Schöpfung und mit sich selbst lebt".
Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki warb für eine neue Sprache im Miteinander, "durch die wir einander wirklich hören und verstehen". Gegenseitige Verachtung müsse überwunden werden, sagte er dem Kölner Portal domradio.de. Er habe den Eindruck, dass die Gesellschaft immer mehr auseinanderdrifte, so Woelki. Durch Hasstiraden entstünden "fast schon eigene Kulturen, die sich in ihrer Bubble abschotten und unter dem Radar der gesellschaftlichen Gemeinschaft fliegen".
Der evangelische Landesbischof Ralf Meister aus Hannover unterstrich in seiner Predigt den Wert der gesellschaftlichen Vielfalt und des Miteinanders. Die Aufforderung des Pfingstfestes laute, verschiedene Perspektiven zu kombinieren und verschiedene Sichtweisen miteinander zu verbinden, betonte er.
Auch der württembergische evangelische Landesbischof Frank Otfried July rief die Gesellschaft zum aufeinander Hören und zum einander verstehen Wollen auf. "Wenn nicht mehr gehört wird, wird Verschiedenheit zum Brandbeschleuniger", warnte July gerade mit Blick auf die antisemitischen Vorfälle und Äußerungen bei Kundgebungen zum Nahost-Konflikt.
Auch der Münchner Kardinal Reinhard Marx rief die Christen auf, gegen Rassismus und Antisemitismus ein "Zeichen der Einheit aller Menschen" zu setzen.
uh/rb (dpa, kna, epd)