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Kirchenbanken bewegen Milliarden

Klaus Deuse
10. Juli 2024

Unter den zahlreichen Banken in Deutschland gibt es auch einige Institute, die eng mit Kirchen verbunden sind. Ein Glaubensbekenntnis müssen Kunden aber nicht ablegen.

Zentrale der Bank im Bistum Essen
Essener Zentrale der Bank im Bistum (BiB)Bild: BiB

In Deutschland gibt es fast 3000 Banken - von Großbanken über Privatbanken und Sparkassen bis zu Volks- und Raiffeisenbanken. Doch es mischen auch Geldinstitute mit, die man in der heutigen Zeit nicht unbedingt auf dem Finanzparkett erwarten würde. Und zwar zwei evangelische und fünf katholische Kirchenbanken, die unter dem Strich auch Milliarden Euro bewegen.

So gehört die in Dortmund ansässige evangelische Bank für Kirche und Diakonie (KD Bank) mit einem Bilanzvolumen von rund sieben Milliarden Euro heute zu den 30 größten Genossenschaftsbanken in der Republik. Und bei der katholischen Bank im Bistum Essen (BIB) beträgt die Bilanzsumme ebenso kapitale 6,5 Milliarden Euro.

Bei der Kontoeröffnung müssen Kunden aber kein Glaubensbekenntnis ablegen. Denn auf dem Geldmarkt agieren sowohl die KD Bank als auch die BIB als Universalbanken mit allen Dienstleistungen für Privatkunden, vom Kredit für den Autokauf bis zur Immobilienfinanzierung.

Ursprünge in den 1920er Jahren

Die KD Bank wurde, wie die meisten Kirchenbanken, in den 1920er Jahren als kirchliche Darlehnsgenossenschaft zur Finanzierung kirchlicher und caritativer Einrichtungen gegründet.

"Unser Gründer, der Theologe Martin Niemöller, wollte damals einen Kindergarten bauen, konnte von den Sparkassen und Landesbanken dafür aber kein Darlehen erhalten", sagt Ekkehard Thiesler, Vorstandssprecher der KD Bank.

Seit der Gründung hat sich laut Thiesler der Schwerpunkt der Geschäftstätigkeit nicht verändert: die Kreditvergabe für Projekte von Kunden aus Kirche und Diakonie. Dabei handelt es sich um Sozialimmobilien, Krankenhäuser, Kindergärten und Schulen. "Auch soziale und ökologische Projekte finanzieren wir gern. Hierzu haben wir Kredite in Höhe von rund drei Milliarden Euro ausgelegt."

KD-Vorstandssprecher Ekkehard Thiesler (r.) und seine Kollegen Jörg Moltrecht, Dagmar Klüter und Ilona Pollach (v.l.n.r.)Bild: KD Bank

Als Beispiel nennt Thiesler den Bau eines Hauses der Jugendhilfe im evangelischen Dekanatsbezirk München. Mit Krediten fördert die KD Bank außerdem den Neubau von bezahlbarem Wohnraum sowie die Sanierung älterer Gebäude, damit dort verwurzelte Menschen altersgerecht wohnen bleiben können.

Konditionen auf Kante genäht

Natürlich könnten die Kirchen zur Finanzierung von Projekten auch Kredite bei Geschäftsbanken aufnehmen, sagt Stephan Paul, Professor für Finanzierung und Kreditwirtschaft an der Ruhr-Universität Bochum.

Allerdings verfügen Kirchenbanken auf diesem Sektor nach seiner Einschätzung über Spezialisierungsvorteile, schließlich haben sie "Investitionen in Bau und Erhalt, Modernisierung und Erweiterung dieser Häuser immer schon finanziert und besitzen dort ihren Schwerpunkt". Dabei seien ihre Konditionen oft günstiger als die großer Banken.

Natürlich haben auch Kirchenbanken nichts zu verschenken. Doch als Genossenschaftsbank geht es nach den Worten von Vorstandssprecher Thiesler nicht um Gewinnmaximierung, sondern um die Förderungen sozialer Vorhaben. Dabei setze man auf langfristige Geschäftsbeziehungen zu den Kunden. "Auch durch faire und - das sage ich ganz bewusst - auf Kante genähte, gute Konditionen", so Thiesler.

Wenn Bänker Konditionen "auf Kante nähen", dann nicht zum eigenen Nachteil. In der Hinsicht unterscheiden sich Kirchenbanken nicht von Geschäftsbanken. So erwirtschaftete die KD Bank mit 250 Mitarbeitern im vergangenen Geschäftsjahr einen Überschuss von 11,8 Millionen Euro.

Zentrale der evangelischen Bank für Kirche und Diakonie (KD-Bank) in DortmundBild: Bernhard Fischer/KD Bank

Pro Anteil winkt den Eigentümern nun eine Dividende von vier Prozent. Den Großteil der Anteile halten Mitglieder kirchlicher Institutionen.

Zum Vergleich: Mit rund 1.520 Mitarbeitern betreut die Sparkasse Dortmund ca. 300.000 Kunden und weist einen Bilanzgewinn von acht Millionen Euro aus.

Vom Spezialisten zur Universalbank

Neben der angestammten Kundschaft aus Kirche und Diakonie umfasst der Kundenkreis der KD Bank inzwischen rund 28.000 Privatkunden, die oft auch beruflich oder ehrenamtlich im Umfeld von Kirche und Diakonie tätig sind.

Der Anteil der Privatkunden an der Bilanzsumme liegt inzwischen bei zehn Prozent. Der Trend, Kirchenbanken immer mehr als Universalbanken zu nutzen, überrascht Finanzwissenschaftler Stephan Paul nicht. "Viele Kunden schätzen die Rundum-Betreuung durch nur eine Bank, wollen nicht ihr Haus von dem einen und das Auto von einem anderen Kreditinstitut finanzieren lassen." Außerdem stehen die Zinssätze, die Kirchenbanken ihren Kunden für Tages- oder Festgeld bieten, denen großer Geschäftsbanken oder Sparkassen in nichts nach.

Das gilt auch für die katholische kirchliche Genossenschaftsbank BIB, der Bank im Bistum Essen. Ähnlich wie bei der evangelischen KD Bank liegt der Schwerpunkt der BIB auf der Finanzierung von Sozialeinrichtungen, von der Altenpflege bis hin zu Krankenhäusern.

Mit knapp 180 Mitarbeitern bringt es die katholische Kirchenbank auf eine Bilanzsumme von 6,5 Milliarden Euro. Geld, mit dem die BIB, so Vorstandssprecher Peter Güllmann, etwas bewegen will. "Wir sind die Kirchenbank, die mit über 4,5 Milliarden Euro mit das größte Kreditportfolio hat."

Peter Güllmann, Vorstandssprecher der katholischen Kirchenbank BIBBild: BiB

Zu einer sozial-ökologischen Geschäftspolitik gehört für Güllmann auch ein Fonds, mit dem weltweit Mikrokredit-Institute finanziert werden, die Menschen in Entwicklungsländern Kleinstkredite zur Verfügung stellen. "Insgesamt finanzieren wir mit unserem Mikrokreditfonds mehr als 750.000 Menschen weltweit."

Privatkunden im Blick

Gegenüber Großbanken wie der Deutschen Bank wirken Kirchenbanken dagegen wie Zwerge. Die Deutsche Bank hatte 2023 über 90.000 Mitarbeiter und eine Bilanzsumme von 1300 Milliarden Euro.

Allerdings vermitteln Kirchenbanken bei der Geldanlage das Gefühl, in besonderer Weise Geld und Ethik in Einklang bringen zu können. Entscheidend ist aber auch für Kirchenbanken, was unter dem Bilanzstrich herauskommt. So verzeichnete die BIB im vergangenen Jahr einen Zuwachs von über 1500 neuen Privatkunden, Tendenz steigend.

Fast 15 Prozent des Geschäftsvolumens, so Vorstandssprecher Güllmann, entfallen mittlerweile auf Privatkunden. "Privatkunden sind für eine Bank, die eine sozial-ökologische Ausrichtung hat, eine wichtige Zielgruppe. Wir sind ja nicht nur eine Bank, die sich auf Institutionen konzentriert, sondern die auch in der Breite der Bevölkerung verankert sein möchte."

Zur Verankerung in der Gesellschaft gehöre, den Kunden auch Konsumkredite und Immobilienfinanzierungen anzubieten. Dass die BIB-Bänker das Geldgeschäft beherrschen, belegt die Bilanz des vergangenen Jahres. Nach Abzug aller Steuern betrug der Gewinn über 30 Millionen Euro.

Auch günstige Kredite für kirchliche Einrichtungen gibt es nicht zum Nulltarif. Die Dividende für die Mitglieder der kirchlichen Genossenschaftsbank wurde auf 3,5 Prozent angehoben. "Ethik und Rendite gehen zusammen, passen zusammen und gehören zusammen bei uns in der Bank", so Güllmann.



Hinweis der Redaktion: Der Artikel wurde am 12.7.2024 aktualisiert, um deutlicher zu machen, dass die erwähnten Institute zwar eng mit den Kirchen verbunden sind, diesen aber nicht gehören.

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