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Politik

"Klare Front gegen Trump bei Iran-Abkommen nötig"

19. Oktober 2017

Der Schweizer Abgeordnete Tim Guldimann war von 1999 bis 2004 Botschafter im Iran und vertrat dort auch die Interessen der USA. Er äußert sich im DW-Interview sehr kritisch zur Iran-Politik Trumps.

Schweizer Botschafter Tim Guldimann
Ex-Botschafter Guldimann: Kein Anzeichen für Vertragsverletzung durch IranBild: Schweizerische Botschaft in der Bundesrepublik Deutschland

DW: Könnte es Trump gelingen, das Iran-Abkommen tatsächlich zu sabotieren? 

Tim Guldimann: US-Präsident Donald Trump macht Innenpolitik: Er weiß, dass vor allem im Kongress eine große Skepsis, um nicht zu sagen großer Widerstand, gegen dieses Abkommen besteht. Der Kongress wirft dem früheren Präsidenten Barack Obama vor, dieser hätte sich beim Abschluss des Iran-Deals nicht mit den Abgeordneten abgestimmt, sondern eigenmächtig gehandelt. Ich habe erst vorgestern mit einem Kongressabgeordneten der Republikaner gesprochen, der gesagt hat: Erstens sind wir alle dagegen, und zweitens war das von Obama nicht korrekt. Dadurch, dass Trump diese kritische Stimmung in Bezug auf Obama mobilisiert, könnte er im Kongress Erfolg haben, indem dort der Iran-Deal in Frage gestellt wird.

Trump hält das Iran-Abkommen für den "schlechtesten Deal aller Zeiten." Was ist Ihre Meinung dazu?

Trump begründet das mit zwei Punkten. Erstens mit den in dem Abkommen vorgesehenen Fristen, also mit der Zeitdauer der Beschränkungen und Kontrollen des iranischen Atomprogramms. Diese Fristen sind laut Trump viel zu kurz. Er erwähnt aber nicht, dass diese Fristen zehn Jahre dauern. Das heißt, dass sich Iran Beschränkungen unterwirft, die zehn Jahre andauern. Erst danach hätte der Iran die Möglichkeit, sich davon zu befreien, um beispielsweise mehr Zentrifugen zur Uran-Anreicherung zu bauen.

Das zweite von Trump angeführte Defizit: Das iranische Raketenprogramm sei überhaupt nicht berücksichtigt. Letzteres war allerdings nicht Gegenstand des Abkommens. Er hätte gerne eine viel weiter gehende Verpflichtung Irans  als das, was im Atom-Abkommen festgelegt wurde. Für eine solche Erweiterung insbesondere auf die Raketen-Aufrüstung Irans bräuchte es natürlich eine Vereinbarung mit dem Iran, und ich sehe nicht, wie das möglich sein sollte.

An seinem Raketenprogramm lässt Iran nicht rütteln Bild: picture-alliance/AP Photo/V. Salemi

Ajatollah Ali Chamenei warf am Mittwoch den Europäern vor, der amerikanischen Einschüchterungspolitik zu folgen. Sie dürften sich nicht in das iranische Raketenprogramm und in die iranische Politik in der Region einmischen. Was kann Europa tun, um das Atomabkommen mit dem Iran zu erhalten?

Europa, Russland und China sind jetzt allesamt gefordert, klar Position gegen die amerikanische Position einzunehmen. Federica Mogherini, die Beauftragte für Außenbeziehungen der Europäischen Union, hat das schon getan, ebenso der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel. Emmanuel Macron hat unmittelbar nach der dubiosen Ankündigung von Trump mit Rohani in Teheran telefoniert. Es besteht also die Hoffnung, dass die Europäer gegenüber der amerikanischen Position klar Stellung beziehen.

Es gibt überhaupt keine Gründe zu behaupten, die Iraner hielten sich nicht an das Abkommen, solange die Internationale Atomenergie-Behörde das Gegenteil bestätigt. Zu behaupten, wie Trump, die Iraner seien wegen Vertragsbruchs eine Bedrohung für die regionale Stabilität, hat also keine Grundlage. Umgekehrt ist es schon sehr bemerkenswert, dass der deutsche Außenminister gesagt hat, ein Ausstieg der USA gefährde Frieden und Stabilität in der Region. Ich glaube, hier sind wir im transatlantischen Verhältnis zu einem neuen Punkt gekommen, und zwar wegen der Präsidentschaft von Trump, die diese Beziehungen stark belastet.

Internationale Atomenergiebehörde bestätigt bislang Irans Einhaltung des VertragsBild: picture-alliance/dpa/R. Schlager

Für wie wahrscheinlich halten Sie es, dass der Iran doch noch über das Raketenprogramm verhandelt oder zu Zugeständnissen bewegt werden kann?

Der Iran hat in den vergangenen Monaten klar geäußert, dass er sein Raketenprogramm weiter auszubauen will. Die Position Teherans ist: Das ist unsere souveräne Verteidigungspolitik und wir lassen uns hier nicht reinreden. Das ist sicher legitim im Sinne des Völkerrechts. Iran ist ein souveräner Staat. Das ist ungefähr so, als ob der Iran gegenüber den USA oder anderen Staaten aufträte: Jetzt möchten wir gerne über euer Raketenprogramm mit euch sprechen. Das geht nicht, was ihr tut. Also, hier hat der Iran die klare Position eines Staates, der dem Sperrvertrag beigetreten ist, sich auch an diesen Vertrag hält, dem nie bewiesen werden konnte, dass er mit dem Bau einer Atombombe diesen Vertrag verletzt.

Die amerikanische UN-Botschafterin Haley warf gestern Abend Teheran vor, gleich mehrere UN-Resolutionen zu verletzen, und sagte: Wenn ein Schurkenstaat - und sie sprach vom Iran - dabei sei, Langstreckenraketen zu entwickeln, habe man bald das nächste Nordkorea vor der Tür. Wird der Iran ein neues Nordkorea?

Es gibt einen markanten Unterschied zwischen Nordkorea und Iran. Iran ist Mitglied des Atomwaffensperrvertrags, der ihm verbietet, Atomwaffen zu entwickeln. Nordkorea ist nicht Mitglied dieses Vertrags und hat Atomwaffen gebaut und testet sie auch, stellt also eine klare Bedrohung der US-Politik dar. Deshalb: Wenn die USA zu irgendeiner Art von Verständigung mit Nordkorea kommen wollen, sollten sie sich hüten, ein nach 13 Jahren Verhandlungen mit ihrer Beteiligung geschlossenes Abkommen – eben das Atomabkommen mit dem Iran - in Frage zu stellen.

 

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