"Good News" ist Thema der fünften Ausgabe. Zu sehen sind eindrückliche Geschichten: Über eine 100-Jährige, die online geht oder einen Antisemiten, der eigentlich Jude ist. TV-Legende Georg Stefan Troller ist Ehrengast.
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"Film ohne Grenzen": Filme mit Tiefgang
Vor allem die Dokumentarfilme zeigen am diesjährigen Festival Geschichten menschlicher Wandlung: Ob eine Hundertjährige, die online geht oder ein Rechtsextremer, der von seiner jüdischen Herkunft erfährt.
Bild: Claire Beiwert
Georg Stefan Troller und "Fake News"
Im 1966 erschienenen Film "Schwierigkeiten beim Zeigen der Wahrheit" setzt sich Dokumentarfilmer Georg Stefan Troller (links) mit den Bedingungen von Berichterstattung und Wahrheit auseinander - am Beispiel einer populären französischen Fernsehsendung. Indem er den gesamten Produktionsprozess schildert, hinterfragt er die Objektivität der Bilder. Ein aktueller Film in Zeiten von "Fake News".
Bild: picture-alliance/United Archives/S. Pilz
Läuterung: Antisemit mit jüdischen Wurzeln
Czanád Segedi ist Europaabgeordneter der rechtsextremen Jobbik-Partei in Ungarn und glühender Antisemit. Überraschend wird er mit der Tatsache konfrontiert, dass er selbst Jude ist. Der Dokumentarfilm "Keep Quiet" ("Bleib ruhig") von Sam Blair und Joseph Martin begleitet seine Suche nach der eigenen Identität und seiner Familie. Es geht um Schuld und Verantwortung.
Bild: AJH Films
Second Life mit 100 Jahren
An ihrem 100. Geburtstag kauft sich Dagny Carlsson erstmals einen Computer und beginnt, einen Blog zu schreiben. Bald hat sie mehr als eine halbe Million Leser und wird zu Filmpremieren und Talkshows eingeladen. Sie erfüllt sich den lebenslangen Traum, als Lehrerin zu arbeiten und schult Senioren am Computer. In Bad Saarow feiert der Dokumentarfilm der Schwedin Åsa Blanck Deutschlandpremiere.
Bild: SVT
Vergessenenes Paradies?
Auf einer Insel im Indischen Ozean lebt das Volk der Jarawa wie Abgesandte aus einer früheren Zeit. Als eines der wenigen verbliebenen Urvölker pflegen sie ihre Lebensweise als Jäger und Sammler - friedlich und im Einklang mit der Natur. Der französische Regisseur Alexandre Dereims erzählt in "We are Humanity" die Geschichte eines bedrohten Paradieses und seiner Bewohner.
Bild: Claire Beiwert
Die Welt verändern
Der französische Aktivist Cyril Dion und die die Schauspielerin Mélanie Laurent (bekannt u.a. aus "Inglorious Basterds" von Quentin Tarantino) reisen in "Tomorrow - Die Welt ist voller Lösungen" um die Welt und stellen Menschen und Initiativen vor, die nachhaltig wirtschaften und leben. In Frankreich sahen über eine Million Menschen den Film, der positive Beispiele für Engagement präsentiert.
Bild: Move Movie
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Die Festivalmacherinnen Susanne Suermondt und Tanya Berndsen haben sich bewusst einen Ort jenseits der Großstadt gesucht, "einen Raum, wo man sich zurückziehen kann", so Susanne Suermondt. Bad Saarow liegt eine gute Autostunde außerhalb von Berlin, am Scharmützelsee, und ist ansonsten eher wegen seiner seine großzügigen Thermenlandschaft für Wellness bekannt.
Dabei geht es um beim Festival um die großen Fragen unserer Zeit: "Themen sind in unseren Filmen Menschenrechte, Menschenwürde, Humanität. Wir möchten eine Aussage treffen gegen Fremdenfeindlichkeit", so Suermondt. Das diesjährige Motto lautet "Good News" ("Gute Nachrichten"): In Zeiten von einem Dauerstrom schlechter - oder falscher - Neuigkeiten, von Gewalt, Umweltzerstörung und politischer Niedertracht möchte das Festival den Blick auch einmal positive Nachrichten richten.
Der Spielfilm "Maudie" eröffnete das Festival am Freitagabend (15.09.). Darin trifft die einsame Maudie (Sally Hawkins) auf den mürrischen Fischhändler Everett (Ethan Hawke). Maudie leidet an schwerer Arthritis, ist aber voller Lebenswillen und liebt die Malerei. Als sich zwischen den beiden eine zarte Liebesgeschichte entspinnt malt Maudie fortan farbenfrohe Bilder von ihrer Umgebung. Damit wird sie bald über die Grenzen der kleinen Ortschaft hinaus eine Berühmtheit.
"Maudie" bildete eine Ausnahme. Dokumentarfilme dominieren das Programm. Ehrengast ist der deutsche Dokumentarfilmer Georg Stefan Troller, der in den 1960er-Jahren vor allem mit seinen außergewöhnlichen Interviews bekannt wurde, die in Deutschland stilbildend wirkten. Einer seiner Lehrsätze: Die "unverschämten Fragen immer erst nach einigen verschämten" anbringen.
Der Sohn eines jüdischen Pelzhändlers ist Österreicher und entkam den Nazis nur knapp. Mit 17 flüchtete er aus Wien, mit 24 kehrte er nach Europa zurück. Letztes Jahr feierte er in Paris seinen 95. Geburtstag. Als Ehrengast ist er nun mit seinem Film "Schwierigkeiten beim Zeigen der Wahrheit" von 1966, in dem er die Bedingungen von Berichterstattung und Wahrheit beleuchtet.
Das Filmfestival "Film ohne Grenzen" Bad Saarow findet bis zum 17. September 2017 statt. Die Deutsche Welle ist Medienpartner.