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PolitikEuropa

Kleine Revolution in Bosnien per Stimmzettel

16. November 2020

Die an den Volksgruppen ausgerichteten Parteien in Bosnien-Herzegowina waren seit Kriegsende 1995 die Platzhirsche im politischen Geschäft. Nun mussten sie bei Kommunalwahlen teils herbe Verluste einstecken.

Auch schlechtes Corona-Krisenmanagement trug zu den Wahlpleiten der National-Parteien bei (Foto: Dragan Maksimovic/DW)
Auch schlechtes Corona-Krisenmanagement trug zu den Wahlpleiten der National-Parteien beiBild: Dragan Maksimovic/DW

Die in ihren jeweilige Volksgruppen dominierenden National-Parteien haben bei den Kommunalwahlen in Bosnien-Herzegowina am Sonntag empfindliche Niederlagen einstecken müssen. In der Hauptstadt Sarajevo verlor die muslimisch-bosniakische Regierungspartei SDA mehrere Stadtteile an ein links-liberales Oppositionsbündnis. Auch verlor die SDA Bürgermeisterposten in bosniakischen Städten wie Gorazde, Jablanica und Novi Travnik, wie die Wahlkommission mitteilte. Im nördlich gelegenen Tuzla wurde der Bürgermeister der gemäßigten Sozialdemokratischen Partei (SDP) wiedergewählt.

Seine SDA verlor in Sarajevo und anderen Städten in der Föderation Bosnien und Herzegowina: Parteichef Bakir IzetbegovicBild: Amel Emric/AP Photo/picture alliance

Im serbischen Landesteil, der Republika Srpska, verlor die Regierungspartei SNSD des serbischen Präsidentschaftsmitglieds Milorad Dodik die Bürgermeisterwahl in der Regionshauptstadt Banja Luka. In Srebrencia, wo im Juli 1995 bosnisch-serbische Streitkräfte 8000 muslimische Männer und Jugendliche ermordet hatten, wurde der serbische Bürgermeister Mladen Grujicic (SNSD) abgewählt. Ihn löst der Bosniake Alija Tabakovic ab. Grujicic hatte den Genozid  - das schlimmste Kriegsverbrechen seit 1945 in Europa - geleugnet.

Beginn eines grundlegenden Wandels?

Fünfzig Prozent der insgesamt rund 3,1 Millionen registrierten Wähler beteiligten sich nach Angaben der Behörden an den Abstimmungen. Bosnien ist seit dem Krieg von 1992 bis 1995 in die Republika Srpska, die Föderation Bosnien und Herzegowina - in der vor allem Bosniaken und Kroaten leben - sowie in den Distrikt Brčko als Sonderverwaltungsgebiet unterteilt. Die im Krieg entstandenen National-Parteien dominieren seit Jahrzehnten das öffentliche Leben in den Gebieten ihrer jeweiligen Ethnie. Ihr Wirken ist durch Korruption, Klientelismus und Vetternwirtschaft bestimmt. Außerdem verhindern sie durch ihr Festhalten an überkommenen Strukturen, von denen nur sie profitieren, die Modernisierung Bosniens und seine Heranführung an die Europäische Union.

Seine SNSD erlitt in der Republika Srpska schwere Verluste: das serbische Mitglied im Staatspräsidium, Milorad DodikBild: Amel Emric/AP Photo/picture alliance

Bosnische Medien werteten die Wahlergebnisse als Beginn eines möglichen Wandels. Sie schrieben sie auch dem Versagen der National-Parteien bei der Bewältigung der Corona-Pandemie zu, von der Bosnien besonders hart betroffen ist. So gab es etwa Korruption im Zusammenhang mit dem Kauf medizinischer Geräte.

sti/ww (dpa, rtr)

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