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Politik

Die letzten Brocken der Sondierer

19. November 2017

Familiennachzug, Kohleausstieg und Verbrennungsmotoren - die Stunde der Wahrheit naht für die Jamaika-Unterhändler. An diesem Sonntag wollen sie ihre Sondierungen abschließen. Nähern sich CSU und Grüne doch noch an?

Titelseiten Jamaika Koalition
Bild: Getty Images/AFP/J. MacDougall

Am Samstag erzielten die vier Parteien zwar etliche weitere Einigungen, lagen aber in den zentralen Streitpunkten wie Klima und Migration aber immer noch auseinander. Die Bereiche Landwirtschaft, Kommunen und Wirtschaft seien nun Konsens, sagten Unterhändler.

Jamaika-Unterhändler sprachen von einem sich aufbauenden nötigen "Drama" in der letzten Verhandlungsphase. Die Grünen legten in den Gesprächen über Migration einen neuen Vorschlag vor. In einem der Nachrichtenagentur Reuters am Samstag vorliegenden schriftlichen Angebot betonen sie, dass es keine Abstriche am Asylrecht geben dürfe.

"Integrationsmöglichkeiten der Kommunen im Blick"

Gleichzeitig wird auf den von der Union und vor allem der CSU geforderten Richtwert für die Aufnahme aus humanitären Gründen hingewiesen. "Seit der Wiedervereinigung hat die Zahl der Flüchtlinge insgesamt nur in fünf Jahren 200.000 überschritten", heißt es in dem Text. "Deswegen wollen wir in diesem Rahmen auch in Zukunft handeln, gerade mit Blick auf die Integrationsmöglichkeit in den Kommunen."

Die Grünen bestehen aber darauf, dass der Familiennachzug für Flüchtlinge mit eingeschränkten Schutzstatus nach März 2018 nicht ausgesetzt bleibt. Das lehnt die Union mit Verweis auf eine hohe Zahl an Berechtigten ab. Die FDP will das alles über ein Einwanderungsgesetz regeln.

Kohle- und Motorenstreit

Beim Thema Klima gibt es einen weiteren Dissens. Union, FDP und Grüne bekennen sich zwar zu den deutschen und internationalen Klimazielen. Bis zuletzt umstritten war aber, wie viel CO2 Deutschland bis 2020 zusätzlich einsparen muss. Dass die Stromgewinnung aus Kohle zurückgefahren werden muss, ist inzwischen Konsens. Aber wie sehr? Die Kanzlerin kam den Grünen entgegen. Und wie kann der Wandel in betroffenen Kohleregionen abgefedert werden?

Umkämpft waren bis zuletzt Verbrennungsmotoren, die ins Thema Klimaschutz hineinspielen. Die Union sperrte sich hartnäckig gegen ein Enddatum für Benziner und Diesel, die Grünen pochten auf eine klare Perspektive für nur noch abgasfreie Neuwagen. Unter-Streitpunkte sind die Nachrüstung von Dieselautos für weniger Schadstoffausstoß und eine blaue Plakette für relativ saubere Autos, mit der sich Einfahrverbote für Dreckschleudern in Städte organisieren ließen. Union und FDP wollten davon nichts wissen.

Finanzierbarkeit

Dazu kommt die Finanzierbarkeit. Die Wünsche der Sondierer aus CDU, CSU, FDP und Grünen summierten sich nach Berechnungen von Unionsexperten zeitweise auf mehr als 100 Milliarden Euro. Der Spielraum in den kommenden vier Jahren wurde zuletzt bei gutem Willen auf bis zu 45 Milliarden Euro taxiert. Offen ist, wie stark vor diesem Hintergrund in dieser Legislaturperiode der Solidaritätszuschlag abgebaut werden kann. Er bringt dem Bund derzeit um die 18 Milliarden Euro im Jahr ein.

Wie die Stimmung zwischen den einzelnen Parteivertretern wirklich ist, lässt sich schwerlich sagen. "Ich glaube, wir brauchen ein Stückchen mehr Zeit als bis 18.00 Uhr." Bei der Zuwanderung wolle man "Humanität und Ordnung mit einer Begrenzung der Zuwanderung", sagt CSU-Chef Horst Seehofer vor Beginn der heutigen Gespräche. "Es gibt keinen Kompromissvorschlag, es gibt mindestens fünf", so Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) zum Thema Migration. Grünen-Unterhändlerin Claudia Roth sagte, ihre Partei sei den anderen beim Thema Familiennachzug bereits weit entgegenkommen. Man könne aber keine Grenzen einziehen. Fraktionschef Anton Hofreiter erklärte, es gebe noch Blockaden an verschiedenen Stellen.

Unklare Lage

Dies ändere aber nichts an teilweise schwerwiegenden Differenzen in Kernthemen, wurde von allen Seiten betont. FDP-Vize Wolfgang Kubicki beklagte zudem, es seien wieder neue Streitthemen hinzugekommen. Auch der Grünen-Unterhändler Jürgen Trittin sagte "Bild am Sonntag", die Differenzen seien fast größer geworden. Seehofer sprach von einem "Berg von Problemen", der sich vor den Unterhändlern auftürme.

Sieht neue Streitthemen: Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Wolfgang KubickiBild: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld

In der CSU wurde jedoch betont, dass Kontroversen normal seien, weil vier sehr unterschiedliche Parteien sondierten und einige die Zustimmung von Parteitagen benötigten. Deshalb sei eine "Sondierung de luxe" nötig. Auch FDP-Chef Christian Lindner sprach von "getarnten Koalitionsverhandlungen". Die Grünen brauchen erst eine Zustimmung ihres Parteitages am 25. November, um Koalitionsverhandlungen aufnehmen zu dürfen.

cgn/fab (dpa, rtr)

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