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Klimaklage: Peruanischer Bauer vs RWE scheitert vor Gericht

Louise Osborne
28. Mai 2025

Der Landwirt wollte eine Beteiligung des Konzerns an Klima-Schutzmaßnahmen gegen Gletscherschmelze in Peru erreichen. Obwohl eine Revision nicht möglich ist, werten Umweltschützer den Prozess als Erfolg.

Ein Mann mit einer dicken Fleecjacke und einer gelben Kappe steht vor einem türkisen Gletschersee in den Bergen. Peru | Saúl Luciano Lliuya
Saul Luciano Lliuya aus Peru hatte den deutschen Energieriesen RWE verklagt hat, sich an Schutzmaßnahmen für sein Dorf in den Anden zu beteiligen. Bild: Alexander Luna/Germanwatch e.V.

Das Oberlandesgericht (OHG) im westdeutschen Hamm hat die Klimaklage des peruanischen Landwirts nach einem zehnjährigen Prozess abgewiesen. Er hatte vom Energieriesen RWE Schadensersatz für die Gefahr von Überschwemmungen im Zusammenhang mit schmelzenden Gletschern verlangt. 

Bei der Urteilsverkündung erklärten die Richter, dass der Schaden am Eigentum des Klägers durch eine Gletscherflut nicht hoch genug sei. Sie schlossen eine Berufung aus.

Die Umweltorganisation Germanwatch, die den Kläger während des langen Prozesses unterstützt hat, bezeichnete das Urteil dennoch als "bahnbrechend" und "großen Erfolg".

"Die Entscheidung des Gerichts, die auf den ersten Blick wie eine Niederlage klingt, weil die Klage abgewiesen wurde, ist in Wirklichkeit ein historisches Grundsatzurteil, auf das sich Betroffene an vielen Orten der Welt berufen können", so die gemeinnützige Organisation in einer Erklärung.

"Denn in zahlreichen anderen Ländern wie Großbritannien, den Niederlanden, den USA und Japan gibt es ganz ähnliche gesetzliche Vorgaben."

Klimafall seit zehn Jahren vor Gericht

Vor fast zehn Jahren hatte Saul Luciano Lluiya erstmals eine Klage gegen das Energieunternehmen RWE vor einem deutschen Gericht eingereicht, die jedoch zunächst abgewiesen wurde. Er forderte das Unternehmen auf, seinen Anteil zur Finanzierung von Schutzmaßnahme in Peru zu zahlen. RWE gehört zu den größten Emittenten von Treibhausgasen.

Lliuyas Dorf Huaraz liegt im Westen Perus, in einem Tal unterhalb des Palcacocha-Gletschersees. Seit steigende Treibhausgasemissionen zu einem globalen Temperaturanstieg geführt haben, tauen die Gletscher in der Region immer weiter ab. 

Der Palcacocha-Gletschersee steigt seit Jahren stetig an. Eine Flutwelle könnte das unterhalb gelegene Dorf gefährden. Bild: Walter Tapia Hupiu/Germanwatch e.V.

Durch das Schmelzwasser hat sich der Wasserstand des Sees oberhalb von Lliuyas Dorf seit 2003 mehr als vervierfacht.  Experten warnen vor einem erhöhten Überschwemmungsrisiko, das schlimme Folgen für die Region haben könnte. Sollten etwa große Eisblöcke vom Gletscher in den See brechen, könnte dies zu meterhohen Überschwemmungen in Teilen des Ortes führen, heißt es.

Lliuya hatte das Energieunternehmen auf der Grundlage eines deutschen Gesetzes verklagt, das Anwohner vor Beeinträchtigungen durch die Handlungen ihrer Nachbarn schützen soll. Seine erste Klage gegen das Unternehmen wurde 2015 von einem Gericht in der Stadt Essen, in der RWE seinen Hauptsitz hat, abgewiesen. Im Jahr 2017 gab ein höheres Gericht in der nahe gelegenen Stadt Hamm Lliuya jedoch Recht.

Im März dieses Jahres hörten die Richter in Hamm Beweise von beiden Seiten dafür an, ob sein Haus tatsächlich in Gefahr ist und ob RWE dafür verantwortlich gemacht werden kann.

"Ich fühle eine große Verantwortung", sagte Lliuya im Vorfeld der diesjährigen Anhörung. Für ihn gehe es in diesem Fall "um den Kampf gegen den Klimawandel und das Abschmelzen der Gletscher und darum, diejenigen, die den Schaden verursacht haben, zur Rechenschaft zu ziehen."

Der peruanische Landwirt hatte RWE aufgefordert, sich anteilig an den geschätzten Kosten für den Bau von Hochwasserschutzanlagen zu beteiligen, um das Dorf vor dem steigenden Wasser des Sees zu schützen. Der Anteil, den die Firma nach Ansicht des Klägers tragen sollte, entspricht etwa 17.000 Euro (19.000 US Dollar). 

RWE ist nicht selbst in Peru tätig und hatte stets betont, man habe sich immer an die nationalen gesetzlichen Bestimmungen gehalten. Der Konzern hatte wiederholt in Frage gestellt, warum er überhaupt für mögliche Klimafolgeschäden in Peru zur Rechenschaft gezogen werden soll.

In einer Erklärung gegenüber der DW sagte RWE Anfang des Jahres: "Wenn es einen solchen Anspruch nach deutschem Recht gäbe, könnte auch jeder Autofahrer haftbar gemacht werden. Das halten wir für rechtlich unzulässig und gesellschaftspolitisch für den falschen Ansatz". 

Unternehmensverantwortung für globale Emissionen

Als Energiekonzern, der überwiegend Kohle verstromt, gehört RWE zu den größten Emittettenten von Treibhausgasen in Europa. Eine Analyse ergab, dass das Unternehmen nach aktuellem Strand für knapp 0,4 % der weltweiten Emissionen verantwortlich ist, mehr als doppelt so viel wie etwa Griechenland.

Das Verbrennen von Kohle setzt viele Treibhausgase frei, die zur globalen Erwärmung beitragen. Bild: Christoph Hardt/Panama Pictures/picture alliance

Indem das Gericht in Hamm den Fall im Jahr 2017 für zulässig erklärte, erkannte es die grenzüberschreitenden Auswirkungen des Klimawandels an - auch wenn Schäden Tausende von Kilometern entfernt auftreten. Germanwatch, die den Bauern bei seiner Klage unterstützten, wertet dem Prozess in Hamm deshalb trotz des Urteils als einen Erfolg. 

"Einige der in diesem Fall vorgebrachten Argumente sind übertragbar, auch wenn sie in anderen Gerichtsbarkeiten nicht direkt anwendbar sind", sagte Petra Minnerop, Professorin für internationales Recht an der Durham University.

"Und das ist es, was wir bei Rechtsstreitigkeiten im Allgemeinen sehen, dass die Prozessparteien versucht haben, die Argumente zu übertragen und auch aus den Urteilen der Gerichte zu lernen und dann die Beweise und rechtlichen Argumente vorzulegen."

Schaffung eines Präzedenzfalls für Klimaprozesse

Lliuya und seine Anwälte feierten das Ergebnis als Präzedenzfall für andere Klimaklagen.

Vor dem Urteil in Hamm sagte Noah Walker-Crawford, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Londoner Grantham Research Institute on Climate Change, der Fall werde wahrscheinlich "Auswirkungen auf die ganze Welt haben".

Seit Beginn des Verfahrens gegen RWE sind laut Walker-Crawford weltweit rund 40 weitere Verfahren gegen große Unternehmen wegen ihrer Verantwortung für den Klimawandel anhängig gemacht worden. Darunter auch in Belgien, Indonesien und den Vereinigten Staaten. 

"In den letzten Jahrzehnten gab es nur unzureichende politische Fortschritte in Bezug auf den Klimawandel, vor allem auf internationaler Ebene und besonders in Hinsicht auf Verluste und Schäden und verheerenden Auswirkungen, mit denen Gemeinden auf der ganzen Welt konfrontiert sind. Deshalb sehen wir immer häufiger, dass sich Gemeinden aus Verzweiflung an die Gerichte wenden", so Walker-Crawford weiter.

Andere Rechtsexperten bezweifeln die Auswirkungen des Falles auf weitere Klima-Urteile. 

"Es ist etwas, das wahrscheinlich anderen Gerichten als Orientierung dienen oder als etwas zitiert werden wird, das ziemlich stark und mutig ist [...] Aber ich würde nicht sagen, dass dies Auswirkungen darauf hat, wie andere Gerichtsbarkeiten entscheiden werden", so Minnerop.

Der Artikel wurde aus dem Englischen adaptiert. 

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