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Wie Afrika seine Wälder rettet

Martina Schwikowski
9. Oktober 2019

In afrikanischen Ländern verwalten zunehmend die Einwohner ihre Wälder selbst. Doch der Druck auf das Ökosystem bleibt: Firmen setzen auf profitable Baumplantagen, nicht auf Naturvielfalt.

Kyebi Forest Reserve in Ghan
Bild: Getty Images/AFP/C. Aldehuela

Afrikanische Staaten sagen dem Klimawandel den Kampf an: Große Waldflächen werden aufgeforstet. Im Osten hat Äthiopien im Juli möglicherweise einen Weltrekord aufgestellt: Dort sind bis zu 350 Millionen Bäume an einem Tag gepflanzt worden. In Zentralafrika wird Gabun als eines der ersten afrikanischen Länder aus dem Ausland bezahlt, um seine Bäume zu schützen: Fast 90 Prozent der Landesfläche sind mit Wald bedeckt. Norwegen hat zugesagt, über zehn Jahre 150 Millionen US-Dollar zu zahlen, damit es auch künftig so bleibt.

Im westafrikanischen Senegal hat die lokale Bevölkerung gemeinsam mit dem WWF Mangrovenwälder aufgeforstet und Regeln zur nachhaltigen Nutzung der Mangroven aufgestellt. Jetzt patrouillieren Dorfbewohner und Behörden die Wälder gemeinsam, um über die Einhaltung der Regeln zu wachen. In Sambia, im Süden, gibt es eine Bandbreite an Projekten, die besonders die lokalen Gemeinden in den Schutz ihres Waldes einbinden.

Afrikas Wälder sind wegen ihrer einzigartigen Biodiversität und ihres Tierreichtums bekanntBild: picture-alliance/M. Reichelt

Afrika braucht seine Wälder: als Schutz vor Erosion, dem Klimawandel und wegen ihrer einzigartigen Arten- und Pflanzenvielfalt. Doch das Bevölkerungswachstum und der Bedarf an neuen Anbauflächen sorgen dafür, dass immer mehr Wald verschwindet. In Sambia ist die Abholzungsrate des Waldes sogar so hoch, dass es zu den größten Treibhausgasproduzenten der Welt zählt. Denn das in den Bäumen gespeicherte Kohlendioxid wird durch ihre Abholzung und Verwertung freigesetzt und gelangt in die Atmosphäre.

Wo früher Wald war, wächst jetzt Mais

Jedes Jahr werden in Sambia rund 300.000 Hektar Wald abgeholzt - meist, um Holzkohle zu gewinnen und neue landwirtschaftliche Flächen zu erschließen. Teile des Holzes werden auch exportiert. 2017 sicherte die Weltbank dem Land Unterstützung aus einem Klimainvestitionsfonds in Höhe von 200 Millionen US-Dollar zu. Die Regierung arbeitet bereits mit zahlreichen Klimaschutz-Initiativen zusammen, um das Land aufzuforsten. Darunter ist die belgische Naturschutzorganisation WeForest, die in der zentralsambischen Provinz Copperbelt aktiv ist.

Dort, in der Region Luanshya, hatten einst große Kupferbergwerke das Einkommen der Bevölkerung sichergestellt. Doch seit die Ausbeutung des Rohstoffes zunehmend unwirtschaftlich geworden ist und Minen den Betrieb einstellten, versuchen sich die einstigen Bergleute als Maisbauern. "Das ist einer der stärksten Gründe für die Abholzung des Waldes", sagt Matthias De Beenhouwer, Direktor von WeForest in Sambia. Hinzu komme die Herstellung von Kohle, die zur Befeuerung von Kochstellen verwendet werde: "Das ist immer noch die größte Brennstoffquelle in Subsahara-Afrika."

Dramatische Abholzung in Sambia: 300.000 Hektar Wald verschwinden pro JahrBild: picture-alliance/Balance/Photoshot

Einheimische Baumarten pflanzen

In Sambia versucht WeForest seit 2014, die Verbindung der Bewohner mit ihren Wäldern wiederzubeleben: "Wir können ihnen nicht sagen, dass sie auf ihre Wälder achten sollen, wenn sie keine Einkommen daraus beziehen können", sagt De Beenhouwer im DW- Interview. WeForest trainiert zurzeit 1500 Menschen in der Bienenzucht, der Pilzernte und im Anbau von Wildfrüchten, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. "Wir arbeiten eng mit Geschäftsleuten vor Ort zusammen, um Anreize für den Absatz der Produkte zu schaffen", so der Ökologe. Auch einheimische Baumarten würden verstärkt angepflanzt, deren Bestände zuvor für die Verwendung in Bergwerken oder den Export nach China dezimiert worden seien.

WeForest hat sich ein Ziel gesteckt: Bis 2022 sollen die Gemeinden in der Lage sein, ihre Arbeit selbstständig und kostendeckend zu leisten. Dann könnte die Finanzierung von außen gestoppt werden. "In der Vergangenheit gab es den Ansatz, die Wälder nur noch für Besucher begehbar zu machen, aber das war zum Scheitern verurteilt. Die Gemeinde spielt eine zentrale Rolle im Waldschutz", sagt De Beenhouwer. Und sie hätten inzwischen ein starkes Bewusstsein für die Folgen des Klimawandels entwickelt.

Wenn die Bevölkerung mitzieht

Auch in Äthiopien engagiert sich WeForest in Zusammenarbeit mit der lokalen Bevölkerung im Waldschutz. Eines der Projektgebiete ist der Desa'a-Wald im Norden des Landes, der zu den letzten immergrünen Bergwäldern Äthiopiens zählt. Früher lag er ständig im Nebel, sorgte für Regen in dem von Dürre geplagten Land. Jetzt leidet er unter Trockenheit, nur noch zehn Prozent sind relativ intakt.

In Äthiopien will die Regierung vier Milliarden Bäume neu anpflanzenBild: DW/N. Desalegn

Auf Bürgerbeteiligung setzt auch die äthiopische Regierung mit ihrem Aufruf, bis Oktober vier Milliarden Bäume zu pflanzen. Am 29. Juli haben Privatpersonen und Regierungsvertreter an rund 1000 Orten laut offiziellen Angaben 350 Millionen Bäume am einem Tag gepflanzt. Viele Staatsbedienstete hatten für die Aktion frei bekommen. Sollten die Angaben stimmen, dann hat das Land unter Premierminister Abiy Ahmed damit einen inoffiziellen Weltrekord erbracht - und gleichzeitig ein Zeichen gegen die Wüstenbildung und die Schäden der Abholzung gesetzt: Aufforstung als gemeinsame Sache.

Monokulturen zugunsten der Privatwirtschaft

Doch nicht jede Aufforstung ist nachhaltig. Rita Uwaka, eine nigerianische Expertin der Umweltorganisation "Friends of the Earth", betont, dass die Urwälder des Kontinents in den vergangenen Jahren enorm gelitten hätten. "Eine weit verbreitete afrikanische Redensart besagt: Der Wald ist unser Leben", so Uwaka. "Aber in jüngster Zeit werden industrielle Plantagen mit einer einzigen Baumart als eine Art Wald angesehen." Dabei seien diese keineswegs nachhaltig: Monokulturen schadeten häufig der Bodenqualität und dienten vor allem dazu, private Profite zu erwirtschaften.

Öl-Pipeline im Regenwald in Nigeria: Gemeinden verwalten Wälder häufig selbstständigBild: picture-alliance/AP Photo/G. Osodi

In Nigeria zählt der Ekuri-Wald im Bundesstaat Cross-River zu den letzten intakten Regenwäldern. "Die Gemeinde verwaltet 333.000 Hektar selbständig mit Erfolg. Die lokalen Gemeindevorsteher haben Richtlinien zur Nutzung festgelegt. Wer sich nicht daran hält, wird bestraft", erklärt Uwaka. Es stehe fest, welche Gebiete unantastbar seien, wo also nicht gejagt, gepflückt oder gesammelt werden dürfe. Andere Flächen sind für die Ernte von Früchten oder traditioneller Medizinpflanzen zugänglich. "Bergbaufirmen haben Druck auf die Gemeinde ausgeübt, ihnen das Land zu überlassen. Doch sie blieben standhaft." Zu Recht, findet Uwaka: "Wälder besitzen vielfältige Ökosysteme und unterstützen die Bedürfnisse der Menschen. Das ist die beste Lösung für die verheerende Klimakrise, die wir erleben."

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