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Strom für Bus und LKW statt Diesel

30. April 2020

Weltweit fahren die meisten LKW und Busse derzeit mit Diesel. Könnte E-Strom aus Oberleitungen und Batterien eine klimafreundliche Option sein? In einigen Städten gibt es bereits Busse die beides intelligent kombinieren.

In Solingen fährt der Batterie-Oberleitungs-Bus (BOB). Hier holt der Bus seinen Strom aus der Oberleitung und lädt zugleich die Batterie.
Bild: Stadtwerke Solingen/M. Frey

Die neuen Batterie-Oberleitungsbusse in Solingen sind Teil des sauberen Verkehrskonzepts. "Das eröffnet uns nun ganz andere Möglichkeiten. Wir können damit jetzt auch Strecken fahren, wo die Busse früher mit Diesel fuhren", sagt Projektkoordinator Adrian Dogge vom Batterie-Oberleitungs-Bus (BOB) aus Solingen in Nordrhein-Westfalen.

"Während der Fahrt unter der Oberleitung nutzt der Bus den Strom aus der Leitung und lädt zugleich die Batterie auf. Auf den Strecken ohne Oberleitung fährt er dann mit Strom aus der Batterie." Der große Vorteil der Kombination: Man braucht nur ein kleines Oberleitungsnetz, braucht keine Standzeiten fürs Laden, die Batterie ist klein und Kosten werden so gespart.

Jenseits des Oberleitungsnetzes deckt der Bus seinen Energiebedarf aus der Batterie und kann so Dieselbusse ersetzenBild: SW SG-Verkehrsbetrieb/Marcus Frey

Im Kampf für saubere Luft und Klimaschutz rücken jetzt Elektrobusse mit Oberleitungen wieder in den Fokus. Weltweit fahren in rund 300 Städten E-Busse mit Oberleitungen. Derzeit werden immer mehr O-Busse oder Trolleys zusätzlich mit Batterien ausgerüstet. 

O-Bus mit Batterie für Nahverkehr 

Solingen hat rund 50 O-Busse und damit die meisten in Deutschland. Bis 2030 soll der gesamte Busverkehr der Stadt elektrisch laufen und bis dahin auch die heutigen Linien der Dieselbusse ersetzen. Die Batterie der Solinger O-Busse hat eine Leistung von nur 64 kWh. Das entspricht der Batteriekapazität von drei kleinen E-Autos oder einer Luxuslimousine von Tesla. "Diese Kapazität reicht aus für eine Strecke von 20 Kilometer, die wir ohne Oberleitung fahren", erklärt Dogge der DW.

Dieser O-Bus mit Batterie in Bern (Schweiz) bietet dank zwei Gelenken reichlich Platz für Passagiere Bild: bernmobil.ch

Renaissance mit Update 

Den O-Bus gibt es schon seit über 100 Jahren. In Deutschland fuhr er in den 1950er in fast 70 Städten. Ab Mitte der 1970er Jahre wurde er jedoch zunehmend durch Dieselantriebe ersetzt, die Wartung des Oberleitungen wurde vielen Verkehrsunternehmen zu teuer. Nur in Solingen, Esslingen und Eberswalde überlebte der O-Bus.

Auch in Österreich, der Schweiz und Frankreich gibt es immer mehr Interesse für den komplett elektrifizierten Nahverkehr, und die Solinger bekommen viele Anfragen. "Wir erleben ein extrem großes Interesse. Die Verkehrsbetriebe wollen wissen, wie die Kombination funktioniert. Hagen, Marburg und Berlin fragten bei uns nach und überlegen, wieder Oberleitungen zu spannen", sagt Dogge.  

Modern und leise: O-Bus mit Batterie in Nantes (Frankreich) Bild: Omnibus Nantes

Welche Technik für LKW?

Durch die Dieselaffäre und neueEU-Vorgaben für sauberen Stadtverkehr wächst der Druck zur Umstellung der Busflotten. Auch bei den sieben Millionen LKW, die rund fünf Prozent des gesamten CO2 Ausstosses in der EU verursachen, sollen die Emissionen sinken - neue Lösungen werden gesucht.

Im Fokus stehen vor allem drei Optionen:  Elektro-LKW mit Brennstoffzelle und Wasserstoff aus Ökostrom, die synthetische Herstellung von Dieselkraftstoff aus Wasserstoff sowie Elektro-LKW mit Batterie und Oberleitung.

Die effizienteste Lösung ist laut einer aktuellen Studie des Öko-Instituts im Auftrag des Bundesumweltministeriums der Elektro-LKW. Ein 40-Tonnen-LKW kann mit Batterie, Stromabnehmer oder der Kombination aus beidem rund 100 Kilometer mit 150 kWh Strom zurücklegen .

Bei Wasserstoff und Brennstoffzelle sind die Verluste höher: Zwar kann Wasserstoff aus erneuerbaren Strom klimaneutral erzeugt werden, jedoch geht Energie bei der Produktion von Wasserstoff  und in der Brennstoffzelle verloren. Mit 150 kWh Strom kann ein 40 Tonnen-LKW mit Brennstoffzelle so nur rund 42 Kilometer fahren.

Wird aus 150 kWh Strom synthetisch Dieselkraftstoff hergestellt, sinkt die Effizienz weiter und der Diesel-Truck mit 40 Tonnen schafft nur noch knappe 30 Kilometer. 

Batterie und Oberleitung für LKW? 

Batterietechnik für LKW wird für die Hersteller immer wichtiger. Volvo und Renault verkaufen seit 2019 E-Trucks mit Batteriereichweiten für 200 bis 300 Kilometer, MAN und Daimler planen die Serienproduktion ab 2021 und Tesla will in diesem Jahr mit der Auslieferung von E-Trucks beginnen. Angestrebt werden Batteriereichweiten von mindestens 480 Kilometer.

Nach Berechnungen des europäischen Automobilverbandes (ACEA) fahren rund 85 Prozent aller Lastwagen in der EU derzeit weniger als 150 Kilometer. "Die erforderlichen Batteriegrößen gibt es, das ist machbar, und nachts lassen sich diese Fahrzeuge aufladen", sagt LKW-Experte Stef Cornelis vom europäischen Umweltverband Transport and Environment der DW. 

Eine größere Herausforderung sind lange Strecken mit bis zu 1000 Kilometer am Tag. "Die E-LKW müssen laden. Das geht zum Teil mit Schnellladern an Rastplätzen oder an Stromleitungen der Autobahnen während der Fahrt. Jetzt brauchen wir einen Masterplan für diese Infrastruktur", so Cornelis. 

"Der Aufbau von so einer Infrastruktur braucht Zeit", sagt Ingo Hodea vom Bundesverband Spedition und Logistik. "Deswegen bin ich diesbezüglich skeptisch und sehe eher Wasserstoff als Lösung."

Oberleitungen und Stromschienen

Oberleitungen an Autobahnen könnten die Reichweiten von LKWs wesentlich erweitern. In Deutschland, USA, China und Schweden gibt es bereits Teststrecken mit Oberleitungen. In Schweden werden auch Stromschienen in der Straße und das Laden mit Induktion während der Fahrt getestet. "Auch in Indien hat sich das Verkehrsministerium sehr positiv zum LKW mit Stromschienen in der Straße und Oberleitungssystem geäußert und lässt untersuchen, wie man das implementieren kann", sagt Hasso Grünjes, verantwortlich für eHighway bei Siemens. 

Das Oberleitungssystem ist eine Weiterentwicklung aus der Technik, die auch für Eisenbahnen eingesetzt wird. Während der Fahrt können die LKW an der Oberleitung an- und abdocken. Unter der Leitung nutzen die LKW den Strom direkt und können gleichzeitig die Batterie für die Weiterfahrt aufladen.

Die Politik muss sich noch entscheiden: Teststrecke auf der Autobahn bei FrankfurtBild: picture-alliance/dpa/S. Stein

Das Bundesumweltministerium (BMU) hat bisher über 120 Millionen Euro in die Entwicklung und Erprobung von Oberleitungen an Autobahnen investiert.

Laut der Studie des Öko-Instituts ist der Aufbau eines Oberleitungs-Netz an Autobahnabschnitten volkswirtschaftlich besonders günstig und die aussichtsreiche Option für Klimaschutz im Straßengüterverkehr. Die Autoren empfehlen den Aufbau von Oberleitungen auf rund 4000 Kilometern in Deutschland, einem Drittel des Autobahnnetzes. Kosten: rund 12 Milliarden Euro, die sich durch Einnahmen aus Mautgebühren finanzierbar ließen.

"Die Politik muss den Rahmen geben und damit Planungssicherheit schaffen", sagt Studienleiter Florian Hacker und zeigt sich optimistisch. "Es gibt das Ziel der Bundesregierung, ein Drittel des Güterverkehrs bis 2030 elektrisch zu betreiben. Die Fahrzeughersteller werben für Veränderungen und Regeln. Mit den Autobahnen mitten in Europa hat Deutschland einen sehr großen Hebel. Ich bin optimistisch, dass da etwas passiert."

Im Oberleitungsbus elektromobil

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Erste Elektro-Autobahn für Lkw in Deutschland

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