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Klimaschutz: Wie gelingt Stopp auf unter zwei Grad?

7. Februar 2019

Für den Stopp der Erderwärmung auf unter zwei Grad muss der Ausstoß von Treibhausgasen schnell enden, um mindestens 30 Prozent bis 2030 im Vergleich zu heute. Wo liegen die Potentiale? Experten haben es nun untersucht.

Klima-Demo in Hannover
Bild: picture-alliance/Geisler-Fotopress/P. Graf

"Klimaschutz ist eine Frage von Leben und Tod", sagte UN-Generalsekretär António Guterres auf der Klimakonferenz in Kattowitz. "Wenn wir versagen", Arktis und Antarktis weiter schmelzen, der Meeresspiegel steigt, dann gebe es ein "globales Klimachaos", mehr Menschen würden sterben. Die Dringlichkeit der Situation könne kaum überschätzt werden. "Wir brauchen mehr Taten und mehr Ehrgeiz", mahnt Guterres.

Mehr dazu: Klimaschutz: Die fünf wichtigsten Schritte

Begrenzung auf zwei Grad möglich

Entscheidend für den Klimaschutz sind die nächsten zehn Jahre. "Bei aller wissenschaftlichen Komplexität ist eines klar: Wir haben nur ein Jahrzehnt, um die CO2-Wende zu schaffen und die Menschen noch vor den größten Risiken des Klimawandels zu schützen", sagt Johan Rockström, Direktor vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). Ohne drastische Reduktion von Treibhausgasen in den nächsten Jahren wird nach Prognosen des Weltklimarats und UN-Reports das Zwei-Grad-Ziel verfehlt.

Unter Klimaexperten gibt es Skepsis und zugleich Zuversicht, ob die Trendwende noch gelingen kann. "Der Klimawandel ist bereits jetzt Realität, er wird gefährlicher und tödlicher und das schneller als erwartet", sagt Jake Schmidt, Direktor vom Natural Resources Defense Council (NRDC), einer der größten Umweltorganisationen in den USA.

Doch anderseits hat "die Welt ein Zeitfenster, um die Ziele des Pariser Abkommens zu erreichen", die Emissionen von Treibhausgasen schnell genug zu senken. "Wir haben die Möglichkeit, mit sauberer Energie unseren Kindern ein stabiles und sicheres Klima zu hinterlassen. Dazu brauchen wir nur den Willen, um es auch zu schaffen", so Schmidt.

Schmidt untersuchte nun zusammen mit anderen Wissenschaftlern aus den USA, Asien und Deutschland in einer Studie "realistische Potentiale" zur CO2-Reduktion weltweit und wertete dafür vorhandene Einzelstudien aus. Die Wissenschaftler konzentrierten sich dabei auf Maßnahmen, die bereits existieren und zum Teil auch auf dem Weg sind, wie den Aufbau von erneuerbaren Energien oder Maßnahmen zur Kohle-Reduktion.

Allerdings brauchten diese Potentiale noch einen Schub und müssten stärker in den Fokus genommen werden. Würden alle Potentiale in den nächsten zehn Jahren genutzt, so sei eine Begrenzung der Erderwärmung auf zwei Grad noch möglich.

Bei einer Fortführung der derzeitigen Politik würde nach UN-Prognosen der jährliche Ausstoß von Treibhausgasen von heute 53,5 Gigatonnen (1 Gigatonne = 1 Milliarde Tonnen) pro Jahr auf rund 59 Gigatonnen in 2030 ansteigen. Die damit verbundene Klimaerwärmung läge laut UN-Report bei über drei Grad bis zum Ende dieses Jahrhunderts.

Wo stecken die größten Potentiale?

Die Autoren der Studie mit dem Titel "Realizing the Promise of Paris: Roadmap to a safer climate", sehen die wichtigsten Maßnahmen zur CO2-Reduktion darin, die Verbreitung von erneuerbaren Energien und Elektroautos schneller voranzutreiben, keine Kohlekraftwerke mehr einzusetzen und die Energieeffizienz in der Industrie zu verbessern.

Darüber hinaus würde auch die Einschränkung der Fleischproduktion helfen, da für den Anbau von Viehfutter Regenwälder gefällt werden und bei der Haltung von Rindern das Treibhausgas Methan entsteht.

Die Experten untersuchten 24 existierende Maßnahmen zur Reduktion von Treibhausgasen weltweit und bewerteten das diesbezügliche Potential.

Demnach könnte der Einsatz von erneuerbaren Energien – vor allem von Solar- und Windenergie – den CO2-Ausstoß weltweit am stärksten senken, um bis zu zehn Gigatonnen (Gt) CO2 pro Jahr bis 2030. Die Experten nehmen allerdings an, dass nicht das gesamte Potential voll ausgeschöpft wird und rechnen mit einer Reduktion von 8,2 Gt.

Ein fast ebenso großes Potential zur CO2-Reduktion könnte die Landwirtschaft haben. Wird die Abholzung von Wäldern gestoppt und werden Flächen aufgeforstet, so ließen sich die Emissionen um bis zu 4,5 Gt pro Jahr senken. Und würde zudem der Fleischkonsum auf eine "gesündere Ernährung" weltweit umgestellt, so ließen sich zusätzlich bis zu 4,4 Gigatonnen CO2 pro Jahr einsparen. 

Politik entscheidet über Zukunft

"Wir müssen bestehende wirksame Mittel weiter verfolgen und zusätzlich Maßnahmen großflächig einsetzen. So können wir einer Zwei-Grad-Welt näher kommen", erklärt Studienautor Takeshi Kuramochi vom NewClimate Institut in Köln.

"Mich stimmt positiv, dass wir alle Maßnahmen auf dem Tisch haben und wissen wie es geht. Wir müssen sie umsetzen. Das ist eine Frage des politischen Willens und der reicht bei weitem derzeit nicht aus", ergänzt Niklas Höhne vom NewClimate Institute.

Ein großes Potential für den Klimaschutz hat auch der Abbau von Subventionen für fossile Energien. "Derzeit fördern wir fossile Brennstoffe mit über 500 Milliarden Euro pro Jahr. Das ist eine höhere Summe als die, mit der wir erneuerbare Energien fördern, also positive Dinge tun. Das ist absurd und muss als allererstes beendet werden", so Höhne gegenüber der DW. Würden allein die direkten Subventionen abgebaut, so ließen sich weltweit pro Jahr bis zu 4,1 Gigatonnen CO2 einsparen.

Verfolgten die Länder in den kommenden Jahren eine ambitionierte Klimapolitik und setzten weniger Kohle und Öl ein, so ließen sich bis zu zehn Gigatonnen CO2 zusätzlich pro Jahr einsparen und die klimafreundliche Energiewende würde verstärkt.

Mehr dazu: Wie wird Europas Energie klimaneutral? 

Szenario: Zügige Wende mit ambitionierter Politik

Durch die Umsetzung der Maßnahmen könnten die Emissionen laut Studie um insgesamt 19 Gigatonnen CO2 weltweit bis 2030 reduziert werden.

Dadurch würde der CO2-Ausstoß im Jahr 2030 noch etwa 39 Gigatonnen betragen und würde laut UN-Angaben zu einer Begrenzung der Temperaturerhöhung auf unter zwei Grad führen.

Um die Erwärmung auf 1,5 Grad zu beschränken, müssten weltweit jedoch erheblich größere Anstrengungen unternommen werden. Dazu müssten die 24 vorgestellten Maßnahmen maximal umgesetzt werden und nicht nur, wie von den Autoren angenommen, bis zu einem gewissen Grad.

Darüber hinaus müssten weitere Maßnahmen umgesetzt werden. Als eine Option gilt laut Sonderbericht des Weltklimarats (IPCC) die CO2-Entfernung aus der Atmosphäre.

Die Autoren des Weltklimarats und des UN-Reports betonen ebenfalls die Dringlichkeit zum schnellen Handeln und sehen im Einsatz von erneuerbaren Energien und einer veränderten Forst- und Landwirtschaft das größte Potential, die Treibhausgase schnell zu senken und die Pariser Klimaziele zu erreichen. "Die gute Nachricht ist, dass einige notwendige Maßnahmen bereits auf der ganzen Welt im Gange sind. Diese müssten aber beschleunigt werden", sagt IPCC-Autorin Valerie Masson-Delmotte und Mitautorin Debra Roberts ergänzt: "Die nächsten Jahre sind wahrscheinlich die wichtigsten in unserer Geschichte".

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