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Wie man den Boden gegen den Klimawandel aufrüstet

22. September 2022

Gesunde Böden sind die Basis für Ernährungssicherheit und Artenvielfalt. Was kann man tun, um sie vor Hitzewellen und Dürren in Zukunft besser zu schützen?

Trockener Erdboden mit Rissen und ein paar kleinen Grünpflanzen
Sind die Böden ausgetrocknet, kann zuviel Regen zum Problem werdenBild: picture alliance/PantherMedia

Erde wird schnell mal als der Dreck an unseren Schuhen übersehen, als das zum Teil matschige Universum der Gärtner und Bauern, mit dem man eigentlich nicht viel am Hut hat. Dabei ist es für uns alle überlebenswichtig. Ohne Erde wird es mit dem Anbau von Lebensmitteln problematisch.

Boden ist eine komplexe Materie. Es ist ein Gemisch aus mineralischen und organischen Abfällen, in dem es von mikroskopisch kleinem Leben nur so wimmelt. Für eine produktive Landwirtschaft ist vor allem nährstoffreicher Mutterboden extrem wichtig. Bis sich dieser entwickelt, kann es allerdings Jahrhunderte brauchen. Auf der andere Seite kann er innerhalb von wenigen Jahren zerstört werden oder infolge einer Dürre, wie diesen Sommer in Europa, austrocknen und erodieren. 

"Wir beobachten, dass die Dürren immer intensiver werden und die Bodenerosion ebenfalls zunimmt", sagt Lizeth Vasconez Navas, Wissenschaftlerin am Institut für Bodenkunde der Universität Hamburg.

Auch wenn es vielleicht unlogisch klingen mag, nach Monaten mit wenig Regen ist ein heftiger Regenguss nicht unbedingt ein Segen für die Landwirte. Bestimmte Böden, insbesondere lehmhaltige, können so trocken werden, dass sie nicht mehr in der Lage sind, Wasser aufzunehmen. Wenn es dann regnet, fließt das Wasser über den Boden hinweg und spült dabei Tonnen von Erde und wertvolle Nährstoffe fort. Zu große Wassermassen können sogar zu Sturzfluten werden.

Nicole Wellbrock, Bodenexpertin vom Thünen-Institut für Waldökosysteme nordöstlich von Berlin, sagt, dass durch den Klimawandel plötzliche, extreme Regenschauer häufiger und die nützlichen Niederschläge seltener geworden sind. "Wir bräuchten eigentlich lange, gleichmäßige Niederschläge, die langsam einsickern und den Boden befeuchten." 

Wie kann der Boden also geschützt werden?

Will man verhindern, dass ausgetrocknete Böden der Erosion zum Opfer fallen, ist es nach Ansicht von Experten wichtig, so schnell wie möglich eine neue Bodenbedeckung zu schaffen.  

Schnell wachsende Pflanzen können dazu beitragen, weitere Bodenverluste zu verhindern und gleichzeitig verlorene Nährstoffe durch die Fixierung von Stickstoff im Boden wieder aufzufüllen.

Die Landwirtschaft Europas litt diesen Sommer unter extremer Dürre Bild: Mauro Ujetto/NurPhoto/picture alliance

Diese "Bodenbedecker" wie z. B. Hülsenfrüchte, Weizen, Hafer und Gerste können wie eine Art natürlicher Schutzschild wirken. Sie verlangsamen die Verdunstung und halten die Feuchtigkeit zurück, gleichzeitig senken sie die Temperatur am Boden.  

So kann die Erosion eingedämmt, Unkraut und Schädlinge unterdrückt, das Wurzelsystem stabilisiert und die organische Masse gesteigert werden. Sprich, der Boden regeneriert sich, heißt es in einem Bericht des Council on Energy, Environment and Water, einer indischen gemeinnützigen Forschungseinrichtung.

Eine weitere Möglichkeit, die Feuchtigkeit im Boden zu halten, ist das Aufbringen einer Mulchschicht - idealerweise Kompost aus Grünpflanzen - auf die Bodenoberfläche, so Lynda Deeks, Senior Research Fellow für Bodenkunde an der Cranfield University in Großbritannien. "Mit der Zeit wird er in den Boden eingearbeitet und erhöht so die organische Masse".

Die biologische Aktivität im Boden nimmt bei extremer Hitze ab 

Die Bodenfeuchtigkeit ist auch für die Tierwelt in der Erde wichtig. "Wenn es so trocken und so heiß wird, stellen die Mikroorganismen ihre Tätigkeit ein", sagt Nicole Wellbrock. Ohne den Beitrag von Organismen, wie dem Fadenwurm zum Beispiel, verlangsame sich der Nährstoffkreislauf, der die Pflanzen mit dem versorge, was sie zum Wachsen bräuchten. 

Extreme Hitze bringt die Aktivitäten im Boden zum ErliegenBild: Michael Linnenbach

Und es geht nicht nur um Mikroorganismen. "Wenn es trocken wird, versetzen sich die Regenwürmer in einen Zustand, den man Östivation nennt - sie gehen quasi in den Schlaf", so Roy Nielsen, ein Bodenökologe am James Hutton Institute in Dundee, Schottland. Die Regenwürmer hören dann auf, organisches Material hinzuzufügen und den Boden zu belüften, wodurch sich auch die Kapazität zur Wasserableitung verringert. 

Bäume zurück auf den Acker

Um den Ökosystemen und den Böden zu helfen, sich nach langen Stressperioden zu regenerieren, sollten wir uns an der Natur orientieren", sagt Vasconez Navas von der Universität Hamburg. Eine von der Natur inspirierte Lösung ist die Agroforstwirtschaft, bei der Bäume inmitten traditioneller Anbauflächen gepflanzt werden.  

Wellbrock vom Thünen-Institut sagte, dass es in der Regel keine Bäume auf Feldern in Deutschland gibt. "In der Vergangenheit wurden sie im Zuge der Agrarreform entfernt, weil es sich dabei natürlich um Ackerland handelte und [die Landwirte] große, einheitliche Flächen bevorzugten", so Vasconez Navas.  

Bäume tragen nicht nur dazu bei, Erosion und Verdunstung zu kontrollieren und Schatten zu spenden, sie helfen auch dabei, dürregeschädigte Böden zu revitalisieren

Bestimmte Baumarten, die so genannten Düngerbäume, nehmen Stickstoff aus der Luft auf und lagern ihn über ihre Wurzeln und fallenden Blätter im Boden ein. 

So können Landwirte die Bodenfruchtbarkeit mit einer kostengünstigen Alternative zu industriellen Düngemitteln verbessern. In Malawi, Sambia, Burkina Faso und anderen Ländern Afrikas südlich der Sahara tragen diese Bäume schon heute dazu bei, die Erträge von Mais, einem wichtigen Grundnahrungsmittel, teilweise zu verdoppeln oder zu verdreifachen.

Low-Tech-Lösungen und alte Kulturtechniken 

In ländlichen Gebieten Tansanias und Kenias setzen Dorfgemeinschaften dagegen eine Low-Tech-Methode zur Bekämpfung der Wüstenbildung ein.  

Dabei werden halbkreisförmige Gräben, so genannte "bunds", in den Boden gegraben. Bei Regen fangen sie das Wasser auf und verhindern, dass es schnell zu schnell verdunstet. In diese Gräben werden dann Grassamen gesät, die, wenn sie keimen, die Erosion eindämmen und die Bodentemperatur senken.

 

Bauern in Kenia und Tansania haben Erfolg mit Low-Tech-Methoden wie etwa einem GrabenBild: Nduati Mambo/DW

Weltweit suchen Naturschützer auch in der Vergangenheit nach Lösungen. Eine ist den Terrassenbau auf vernachlässigtem Ackerland wiederzubeleben. Der Anbau mit Hilfe von Terrassensystemen reichen bis in die Bronzezeit zurück und sind an Orten wie Machu Picchu in Peru zu finden. Ihre aufeinanderfolgenden schrägen Ebenen - die wie in die Erde geschnittene Stufen aussehen - begrenzen die Bodenerosion, indem sie den Abfluss verhindern. Diese Form der Landwirtschaft, die im 20. Jahrhundert nicht mit dem großflächigen Anbau konkurrieren konnte, erlebt jetzt in Ländern wie Italien und Japan ein Comeback. 

Es gibt zwar eine Reihe von Möglichkeiten, die Produktivität des Bodens zu erhalten, aber aufgrund der Vielfalt der Ökosysteme, der Bodenzusammensetzung und der unterschiedlichen Bedingungen gibt es kein Allheilmittel für eine optimale Gesundheitsvorsorge. Dies gilt insbesondere mit Blick auf die Folgen des Klimawandels

Eine der besten Strategien, um sicherzustellen, dass der Boden mit Wetterextremen zurechtkommt, sei es immer noch, das System so wenig wie möglich zu stören, so Expertin Deeks von der Cranfield Universität in Großbritannien. Die Organismen in der Erde tragen dazu bei, den Boden zusammenzuhalten und gleichzeitig Porenräume für Wasser und Luft zu öffnen, die für die Aufnahme von Regen entscheidend sind. "Je weniger wir dem Boden antun, desto besser", so Deeks. 

Dieser Artikel wurde aus dem Englischen adaptiert.

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