Klimawandel: Europa kämpft mit Dürre und Wassermangel
17. Juni 2025
In Europa war das Frühjahr vielerorts besonders trocken. Nicht nur Landwirte sind besorgt, denn nach einem zu trockenen Winter hat es im April und Mai kaum geregnet. Auch die Transportindustrie ist beeinträchtigt, weil Wasser in den Flüssen fehlt. Auf dem Rhein, einer wichtigen Handelsroute, konnten Schiffe nur eingeschränkt und mit weniger Ladung fahren.
Auch in anderen Regionen ist es immer öfter so trocken, dass Ernten vertrocknen, und der Industrie Wasser fehlt. Grund sind steigende Temperaturen durch den menschengemachten Klimawandel und das Verbrennen von Kohle, Öl und Gas.
Die Wissenschaft hat verschiedene Definitionen für Dürren und ihre Auswirkungen.
Meteorologische Dürre
Von einer meteorologischen Dürre spricht man laut dem Deutschen Wetterdienst, wenn es mindestens ein oder zwei Monate lang ungewöhnlich trockenes Wetter und weniger Niederschläge gibt.
Der Wetterdienst in Australien meldete beispielsweise, dass der April in einigen Teilen des Landes einer der trockensten seit dem Beginn der Wetteraufzeichnung im Jahr 1900 war. Dabei herrscht in Teilen Australiens schon seit drei Jahren extreme Trockenheit.
Je länger eine Dürre anhält, desto gravierender können die Folgen sein.
Landwirtschaftliche Dürre
Wenn der Boden zu trocken ist, Bauern Wasserprobleme haben, die Pflanzen schlecht wachsen und Ernten gering oder ganz ausfallen, spricht man von landwirtschaftlicher Dürre, so Dirk Karger von der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) der Schweiz.
Eine dieses Jahr veröffentlichte Studie des WSL zeigt, dass extreme Dürren in den vergangenen vier Jahrzehnten weltweit zugenommen haben. Pro Jahr hat sich demnach die globale Dürrefläche um rund 50.000 Quadratkilometer vergrößert, das entspricht der Fläche der Schweiz. In Nordchile etwa herrscht bereits seit 14 Jahre Dürre, im Südwesten der USA war es drei Jahre hintereinander extrem trocken.
Hydrologische Dürre
Eine hydrologische Dürre tritt ein, wenn der Wasserstand in Flüssen, Seen und im Grundwasser unter eine bestimmte Minimalmarke fällt und die
Frischwasserreservoirs fast leer sind.
Hydrologische Dürre ist oft eine Folge einer längeren meteorologischen Dürre. Laut dem Deutsche Wetterdienst passiert das, wenn es über einen längeren Zeitraum (mindestens vier Monate) ungewöhnlich trocken war.
Weltweit sind immer mehr Regionen überdurchschnittlich trocken. Vor allem für die Menschen in Afrika, in Südostasien, aber auch in den USA und Teile Südamerikas werden im Jahr 2050 laut Berechnungen der Weltbank noch größere Probleme erwartet.
Kombinierte Dürre auf der Insel Zypern
Wassermangel gibt es auch in in Nordafrika, Griechenland und auf Zypern. Auf der Mittelmeerinsel Zypern sprcht man sowohl von einer landwirtschaftlichen Dürre als auch von einer hydrologischen Dürre.
Zum einen hat es dort viele Wochen lang kaum geregnet, zum anderen sind die Stauseen und Wasserreservoirs leer, die Flüsse trocken. Landwirten geht das Wasser aus, die Ernten sind in Gefahr, berichten zyprische Medien.
"Es war im letzten Jahr schlecht und in diesem Jahr ist es wieder schlecht", sagt Adriana Bruggeman, Professorin am Forschungszentrum für Energie, Umwelt und Wasser des Cyprus Institute über das zweite Dürrejahr in Folge.
Die Wintermonate sind in vielen Regionen die Zeit, in der mehr Niederschlag fällt und Flüsse die Stauseen auffüllen. Weil es kaum Regen gab, sind diese Wasserreservoirs in Zypern jetzt leer. "Wir sind in keiner guten Verfassung", so Bruggeman.
Wenn Menschen betroffen sind: sozioökonomische Dürre
Die einzelnen Arten von Dürren lassen sich nicht immer scharf voneinander abgrenzen, denn oft treten mehrere Phänomene parallel auf.
Die meisten Dürren, die Meschen überhaupt wahrnehmen, sind laut Karger sozioökonomische Dürren. Sie treten dort auf, wo extreme Trockenheit die Gesellschaft und die Wirtschaft direkt beeinträchtigt. Also wenn durch den Wassermangel etwa Waren oder Strom teurer oder sogar knapp werden.
So wurden etwa in Spanien und Italien 2024 zeitweise die Wasserversorgung rationiert. In Frankreich mussten letzten Sommer mehrfach Kernkraftwerke abgestellt werden, weil das Kühlwasser fehlte, weil Flüsse zu wenig Wasser führten. In Simbabwe konnte vergangenes Jahr ein Wasserkraftwerk wegen Wassermangels keinen Strom mehr liefern, es kam zu Stromausfällen.
Dürren haben teils dramatische sozialen und wirtschaftlichen Folgen. In vielen Regionen, darunter im Sudan, Südsudan und Mali verschärft anhaltende Trockenheit auch den Hunger.
"Wenn wir jetzt in Richtung Westen in die USA schauen, wo es wirklich über die letzte Dekade Wasserknappheit gibt, das hat ja wirklich Auswirkungen auf die Wasserversorgung, das Gleiche in Chile, weil es da schon wirklich zu Schäden kommt", erklärt Karger.
Die Bundesstaaten Kalifornien und Nevada im Westen der USA leiden seit Monaten unter Dürre. Die anhaltende Trockenheit hat auch zu verheerenden Waldbränden während der Wintermonate beigetragen.
Unterschätzte Dürren und ökologische Folgen
Dürren sind laut des deutschen Helmholzinstituts unterschätzte Extremereignisse. Dabei richten sie oft viel größere wirtschaftliche Schäden an als etwa Stürme, Hochwasser oder Starkregen. Anders als bei anderen Wetterextremen gibt es keine Vorwarnungen. Und wie stark die Auswirkungen einer Dürre sind, zeigt sich erst lange nach ihrem Beginn.
Allein in den USA verursachen Dürren pro Jahr einen Schaden zwischen sechs und neun Milliarden US-Dollar.
Immer häufiger wird in der Wissenschaft noch eine fünfte Art hervorgehoben: Die ökologische Dürre. Sie beschreibt den Effekt auf Tiere, Pflanzen und ganze Ökosysteme, die durch extreme Trockenheit aus dem Gleichgewicht geraten können.
Das extreme Absinken des Grundwassers und der Bodenfeuchtigkeit kann zu irreversiblen Folgen für die Ökosysteme und dadurch auch für den Menschen führen. Dazu gehören massive Ernteausfälle, ein erhöhtes Baumsterben, eine verringerte Produktivität der Ökosysteme und eine Gefahr für die Wasserversorgung, erläutern die Forscher des WSL in ihrer Studie.
So wirken zwar Dürren auf Grasland sehr schnell, aber Gräser wachsen auch schneller nach wenn es wieder regnet. In Wäldern dagegen können längere Dürren dauerhafte Schäden anrichten.
Dürre erhöht auch das Risiko für andere Katastrophenlagen. Regnet es nach langer Trockenheit besonders heftig, können die ausgetrockneten Böden die plötzlichen Wassermassen nicht aufnehmen. Überflutungen, Erdrutsche und reißende Schlammfluten sind die Folge.
Was hilft: Der Werkzeugkoffer für die Dürre
Damit Dürren in Zukunft nicht noch heftiger werden, sollte laut Experten der Klimawandel so schnell wie möglich begrenzt werden.
Gleichzeitig müssen sich die Menschen an immer mehr ungewöhnlich lange Perioden ohne Niederschläge anpassen. Das vorhandene Wasser insgesamt effizienter und sparsamer zu nutzen, im Haushalt ebenso wie in der Industrie, ist dabei wesentlich. Dafür gibt es schon gute Strategien.
Singapur ist Weltspitze beim Sammeln von Regenwasser. Viele Wasserreservoirs sind über die gesamte Stadt verteilt und fangen den Regen auf. Sie liefern Trinkwasser in trockenen Zeiten und kühlen außerdem die Stadt bei Hitze. Eine Reihe von Wasseraufbereitungsanlagen recycelt das Abwasser zu Trinkwasser. Das machen bisher nur wenige Länder. Hier schlummert riesiges Potenzial, sich für Wasserkrisen zu wappnen.
Außerdem gehen derzeit weltweit riesige Mengen Wasser durch undichte und kaputte Leitungen verloren.Allein Italien verliert so rund 40 Prozent des Frischwassers während des Transports zum Endverbraucher. Im europäischen Durchschnitt geht ein Viertel des Trinkwassers durch unzureichendes Wassermanagement verloren.
Rohre und Wasserleitungen zu reparieren und regelmäßig auf Lecks zu überprüfen hilft weltweit, vorhandene Wasservorräte zu schützen.