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Verursacht Klimawandel Extremwetter?

Ruby Russell cb
11. April 2018

Der wissenschaftliche Fortschritt macht es schwer, zu behaupten, steigende Treibhausgasemissionen hätten nichts mit den häufigen Extremwetterereignissen zu tun. So können Forscher die Verbindung herstellen.

USA Hurrikan "Harvey" | Rückblick
Bild: Reuters/R. Wilking

Auf der ganzen Welt sind immer mehr Menschen von Stürmen, Hochwasser und Dürren betroffen. Beim Anblick dieser Katastrophen, egal, ob sie ganze Regionen oder nur einige Ortschaften betreffen, fragen sich viele: Das war doch nicht immer so, oder?

Forscher zeigen seit den frühen 1990er Jahren einen klaren Anstieg der globalen Temperaturen, der auf Treibhausgas-Emissionen zurückgeht — für die wir Menschen verantwortlich sind.

Hitzewellen werden häufiger und heißer. Bei diesen hohen Temperaturen verdunstet mehr Wasser, also regnet es im Schnitt auch mehr. Durch mehr Energie und Wasserdampf in der Atmosphäre verändert sich auch die Art und Weise, wie sich Wettersysteme entwickeln.

Lange war es kontrovers, dem Klimawandel die Schuld für gefährliche Extremwetterereignisse zu geben. Aber jetzt sind Forscher dicht dran, die Verbindung zu beweisen.   

Ein globaler Wettertrend?

Im März veröffentlichte der europäische Wissenschaftsrat akademischer Institutionen (EASAC) einen Bericht, in dem Experten die Europäische Union drängen, ihre Klima-Anpassungsmaßnahmen zu verbessern. Die Wissenschaftler arbeiteten mit Daten der Versicherung Munich Re und zeigten, dass die Häufigkeit von Stürmen, Hochwasser und Dürren, sowie die Kosten, die aus ihnen entstehen, seit 1980 steigen. 

Michael Norton, der Autor des Berichts, gibt zu, dass die Daten nicht perfekt sind. Heute würden mehr Ereignisse gemeldet, deswegen seien die alten Zahlen möglicherweise zu niedrig. Außerdem gebe es heute mehr Gebäude in Überflutungsgebieten.

Was aber offensichtlich ist: Die Anzahl von Extremwetterereignissen steigt, genauso wie die Emissionen von Treibhausgasen. Die Häufigkeit wetterunabhängiger Naturkatastrophen wie Erdbeben bleibt dagegen stabil. 

"Die Daten der Versicherungen zeigen, dass Menschen sehr viel häufiger Verluste aufgrund von wetterbedingten Schäden melden, aber es gibt keine Veränderungen bei den Schäden, die durch geophysische Ereignisse wie Erdbeben zustande kommen", sagt Norton der DW.

Globale Trends festzustellen ist trotzdem schwierig, weil Daten nicht auf der ganzen Welt gleich gemessen und aufgezeichnet werden - erst Recht, wenn ursprünglich vielleicht gar nicht in Bezug auf den Klimawandel gemessen wurde.

Außerdem gilt: Je weiter zurück man geht, desto schlechter wird die Datenlage. "Viele frühe Naturkatastrophen wurden gar nicht aufgezeichnet. So gingen wichtige Details verloren", erklärt Gavin Schmidt, der für die NASA Klimamodelle erstellt, gegenüber der DW.     

Je komplexer desto unsicherer

Da Wettersysteme extrem komplex sind, ist es nicht leicht, eine Korrelation zu beweisen. "Wir können Informationen über Hitzewellen aus der ganzen Welt zusammenstellen und mit Sicherheit sagen, dass ihre Anzahl und ihre Intensität steigt", sagt Schmidt.

Das Gleiche gelte für die globale Niederschlagsmenge. Aber je komplexer das Wetterereignis, und je höher die Anzahl der Variablen, desto schwieriger wird es, festzustellen, welche Rolle der Klimawandel spielt.

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Eine wichtige Rolle spielt auch, wie die Menschen mit ihrer Umwelt umgehen. Höhere Temperaturen können zwar mitverantwortlich für eine Dürre sein, aber wie der Boden in der betroffenen Region genutzt wird, ist oftmals noch entscheidender.

"Man kann einen Trend von Beobachtungen ableiten, aber ohne Untersuchung der Ursachen kann man nicht feststellen, wie dieser Trend entstanden ist", sagt Friederike Otto vom Environmental Change Institute der Oxford Universität im DW-Gespräch. 

Ursachenforschung mit Computerprogrammen

Als Hurrikan Harvey über Texas wütete, beschuldigten Mitglieder der Regierung von US-Präsident Donald Trump die politische Linke, den Sturm für ihre politischen Zwecke zu nutzen. Doch nur wenige Wochen später erschien ein Bericht, der mit komplexen Klimamodellen belegte, dass Harvey durch den Klimawandel dreimal wahrscheinlicher gemacht worden war.

Die Studie kam vom World Weather Attribution Projekt (WWA), das errechnet, wie viel wahrscheinlicher das Auftreten individueller Extremwetterereignisse auf unserer Welt ist im Vergleich zu ihrem Auftreten auf einer Erde ohne von Menschen erzeugten Emissionen. 

"Noch vor wenigen Jahren wäre es gar nicht möglich gewesen, die Regenmenge, die von Hurrikan Harvey stammte, direkt auf diesen Sturm zurückzuführen", sagt Otto, die Co-Autorin des Berichts ist.

Variablen wie Sonnenstrahlung und die Menge von Aerosolen und Treibhausgasen in der Atmosphäre sind verantwortlich für die Bedingungen, unter denen viele Wetterereignisse möglich sind. Welches Wetter wir dann genau kriegen, entscheidet der Zufall.

Heutige Wissenschaftler können berechnen, wie hoch das Risiko für ein Extremwetterereignis im Vergleich zu tausenden anderen Möglichkeiten ist. Das geht nur, weil sie Klimamodelle unzählige Male durch den Computer jagen und dabei feststellen können, in wie vielen Fällen so ein Ereignis auftritt. Außerdem können sie die Rolle von Emissionen jetzt besser isolieren, weil deren Wirkung stärker wird.

Extremwetter immer wahrscheinlicher, mit wachsenden Konsequenzen

"Das Klima ändert sich, also wird auch das Signal, nach dem wir suchen, stärker", sagt NASA Klimaforscher Schmidt. "Die Erwärmung geht immer weiter, deshalb werden auch die Auswirkungen im gesamten System immer klarer."

Hitzewellen sind leichter nachzuverfolgen als Wetterereignisse mit mehr Variablen. Durch sie sind Forscher schon zu einigen erschreckenden Erkenntnissen gelangt. Eine WWA-Studie etwa belegt, dass der ungewöhnlich heiße Sommer in Südeuropa letztes Jahr durch den Klimawandel zehnmal wahrscheinlicher geworden war. Lucifer, die Hitzewelle vom vergangenen August, war viermal wahrscheinlicher.

"Je größer das Ereignis ist, desto leichter kann man die Ursachen finden und voraussagen. Je kleiner das Ausmaß ist, desto schwieriger wird es", sagt Schmidt. "Wetterereignisse, die direkt mit Temperatur zu tun haben, sind leichter, Ereignisse, die mehr mit Wasser zu tun haben, schwerer."

Doch der wissenschaftliche Fortschritt schreitet voran — Modelle werden immer komplexer und können immer feinere Nuancen darstellen. Deswegen können auch Studien zur Ursachenforschung immer schneller erstellt werden.

Claudia Tebaldi, eine Klima-Statistikerin am Amerikanischen Zentrum für Atmosphärenforschung, berichtet, dass es einige Jahre dauerte, eine Studie aufzubauen, als das Feld der Ursachenforschung für Wetter vor ungefähr zehn Jahren entstand. Heute braucht es für einfache Wettermodelle nur wenige Tage. Das sei entscheidend für die öffentliche Wahrnehmung.

"Über einige große Wetterereignisse wird noch lange gesprochen, zum Beispiel Harvey — weil die Menschen immer noch unter den Konsequenzen leiden", sagt Tebaldi der DW. "Aber bei kleineren Ereignissen ist es wichtig, etwas sagen zu können, während sie stattfinden oder direkt danach. Sonst findet das in den Nachrichten gar nicht mehr statt."

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