Klingbeil in Kyjiw: Ukraine-Unterstützung "wackelt nicht"
25. August 2025
Der Besuch war - wie vorher ähnliche Reisen - nicht bekannt gegeben worden, aus Sicherheitsgründen: Mit der Bahn traf Deutschlands Finanzminister und Vize-Kanzler Lars Klingbeil (SPD) am frühen Montagmorgen um 6:30 Uhr in Kyjiw ein. Zu Beginn einer Woche, in der die Bundesregierung in der Ukraine-Politik die Botschaft vermitteln will: den Menschen in dem von Russland bedrängten Land weiterhin die volle Unterstützung zusichern, ihnen zeigen, dass das deutsche und europäische Interesse groß ist. Auch wenn immer noch mehr Fragen ungelöst als abgeräumt sind.
Lange war wenig zu hören von den Sozialdemokraten
Für Lars Klingbeil bot sich dabei die Gelegenheit zu zeigen, dass auch die Sozialdemokraten, der kleinere der beiden Koalitionspartner in der neuen deutschen Regierung, den Kurs des außenpolitisch umtriebigen Bundeskanzlers Friedrich Merz von den Konservativen unterstützen. Denn die letzten Wochen waren doch stark bestimmt von den Reisen und Initiativen des Regierungschefs. Höhepunkt war die Visite von Merz zusammen mit anderen europäischen Regierungschefs bei US-Präsident Donald Trump, um dessen Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj zu flankieren. Von den Ministern der Sozialdemokraten war in diesen Tagen wenig zu hören.
Klingbeil: "so viel Dynamik"
Klingbeil betonte dann nach Gesprächen mit seinem ukrainischen Kollegen Serhij Martschenko, Deutschland bleibe bei seinen Forderungen: ein tragfähiger Waffenstillstand, dazu klare Sicherheitsgarantien für die Ukraine, bevor diese einer wie auch immer gearteten Vereinbarung mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zustimmt.
Zuletzt war Klingbeil 2023 in der Ukraine. Der damaligen Regierung aus SPD, Grünen und FDP gehörte er nicht an. Jetzt sagt er: "Es war mir ein persönliches Anliegen, hier in die Ukraine zu kommen. Als Vizekanzler und Finanzminister. Ich war schon hier als Parteivorsitzender vor zwei Jahren, aber jetzt eben auch in der neuen Funktion. Und dass das ausgerechnet in der Zeit passiert, in der so viel Dynamik entsteht und so viele Debatten im politischen Raum, das war nicht so geplant." Und natürlich beeilte sich der Vizekanzler hinzuzufügen, dass seine Reise aufs engste mit dem Bundeskanzler abgestimmt sei.
Zahlreiche Initiativen warten
Tatsächlich bildet der Trip nach Kyjiw den Auftakt zu einer ganzen Reihe von Treffen in den nächsten Tagen, bei denen es ebenfalls um die Zukunft der Ukraine gehen wird: Am Mittwoch etwa reist Bundeskanzler Friedrich Merz zusammen mit Polens Ministerpräsident Donald Tusk und Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron nach Moldau. Am Freitag tagt im französischen Toulon dann der deutsch-französische Ministerrat, auch hier werden Sicherheits- und Verteidigungs-Fragen im Mittelpunkt stehen, also auch der weitere Fortgang des Krieges in der Ukraine.
In Kyjiw bekräftigt Klingbeil schon mal: Deutschland will Rüstungsprojekte in der Ukraine weiter fördern, dazu stünden in diesem und im nächsten Jahr neun Milliarden Euro in den Büchern des Finanzministers. Gelder, die "nicht wackeln", wie Klingbeil seinen Gesprächspartnern versichert. Und, im Moment für die Ukrainerinnen und Ukrainer vielleicht das Wichtigste: Deutschland wird sich auch beteiligen, wenn die Europäer für die Ukraine Sicherheitsgarantien abgeben, also womöglich auch mit Truppen. Klingbeil: "Wir haben immer gezeigt in den dreieinhalb Jahren, die dieser Krieg jetzt andauert, dass wir uns nicht wegducken, sondern dass wir an der Seite der Ukrainerinnen und Ukrainer stehen. Und das wird auch für Sicherheitsgarantien gelten."
Wird es Sicherheitsgarantien geben?
Denn das ist nach wie vor das drängendste Anliegen Kyjiws: ein Waffenstillstand, dann militärische Sicherheitsgarantien, dann mögliche Verhandlungen mit dem russischen Aggressor. Auch wenn es aus Moskau lapidar heißt, Soldaten aus den Ländern etwa der EU oder der NATO werde es in der Ukraine nicht geben. Ob es überhaupt zu einem avisierten Treffen der beiden Präsidenten von Russland und der Ukraine kommt, wie es US-Präsident Donald Trump vorschwebt, steht immer noch in den Sternen.
Vorsichtiger Optimismus in Berlin
Wie ernst es Wladimir Putin wirklich mit einem möglichen Friedensschluss ist, ist ungewiss. Die Angriffe auf die Ukraine jedenfalls gehen unvermindert weiter, auch am Tag der Reise von Klingbeil. Dennoch will der Sprecher von Bundeskanzler Merz, Stefan Kornelius, Bewegungen in die richtige Richtung erkennen. Er sagte am Montag in Berlin: "Sie erleben mich stets optimistisch. Ich glaube, dass der Prozess, wie Sie ihn beschrieben, durch die vielen Schlaufen, durch die er in den letzten Wochen gegangen ist, auch an Klarheit gewonnen hat. Denn in all diesen Prozessen geht es darum, die Friedensbereitschaft Russlands zu ergründen."
Um genau die geht es Lars Klingbeil in der Ukraine. Aber er sagt auch, nach wie vor bereite sich Deutschland auf alle Szenarien vor, also auch auf eine Fortführung des Krieges für unbestimmte Zeit. Mehr offene Fragen als gelöste, das wird wohl noch eine Weile so weitergehen.