Große Kluft zwischen Hunger und Übersättigung
18. November 2020Pizza und Eis oder nur eine Handvoll Bohnen: Während die einen zu viel und zu ungesund essen, haben andere nicht genug auf dem Teller. Ein Team des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) hat nun untersucht, welche Auswirkungen die Umstellung globaler Ernährungsgewohnheiten über Jahrzehnte hat.
Die Ergebnisse sind alarmierend: Bis 2050 könnten mehr als vier Milliarden Menschen - fast die Hälfte der Weltbevölkerung - übergewichtig sein, davon 1,5 Milliarden fettleibig. Gleichzeitig würden weiterhin 500 Millionen Menschen an Untergewicht leiden.
Verteilung und Bildung sind Kernprobleme
Diese Entwicklung sei auf die unzureichende globale Verteilung von Nahrungsmitteln zurückzuführen sowie auf die Verlagerung der Ernährung von pflanzlicher Kost hin zu unausgewogenen, hochverarbeiteten Speisen, heißt es. Vollkornprodukte und Hülsenfrüchte würden durch tierisches Eiweiß, Zucker und Fett verdrängt.
"Ungesunde Ernährung ist das weltweit größte Gesundheitsrisiko", sagt Sabine Gabrysch, Leiterin der Forschungsabteilung Klimaresilienz am PIK. "Viele Länder in Asien und Afrika kämpfen derzeit noch mit Unterernährung und den damit verbundenen Gesundheitsproblemen. Gleichzeitig sind sie zunehmend auch mit Übergewicht und in der Folge mit einer steigenden Belastung durch Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs konfrontiert", so Gabrysch.
Die Potsdamer Forscherin fordert dringend politische Maßnahmen, um gesundes Essverhalten zu fördern: "Dazu könnten verbindliche Vorschriften gehören, welche die Werbung für ungesunde Snacks regulieren sowie nachhaltige und gesunde Mahlzeiten in Schulen, Krankenhäusern und Kantinen sicherstellen."
Fleisch- und Milchindustrie schaden dem Klima
Halten die derzeitigen Trends an, steigt die Nachfrage nach Nahrungsmitteln zwischen 2010 und 2050 laut der Studie um 50 Prozent. Die Nachfrage nach Fleisch oder Milch würde sich etwa verdoppeln. Dies erfordert mehr Landfläche, was zu einer stärkeren Abholzung von Wäldern führen kann.
"Mit der gleichen Landfläche könnten wir aber viel mehr pflanzliche Nahrungsmittel für den Menschen produzieren als tierische", sagt Alexander Popp vom PIK. Die vermehrte Tierhaltung erhöhe zudem den Ausstoß von Treibhausgasen. Derzeit verursacht das Ernährungssystem bereits ein Drittel der globalen Treibhausemissionen.
mir/qu(epd, afp, PIK)