"Königreich Deutschland"-Verbot: Wer sind "Reichsbürger"?
13. Mai 2025
"Reichsbürger" nennen sich Menschen, die glauben, dass es die Bundesrepublik Deutschland nicht gibt. Sie sei in Wahrheit eine Firma. Viele meinen deshalb, sich nicht an Recht und Gesetz halten zu müssen. Manche gründen ihre eigenen Fantasiestaaten und ernennen sich selbst zu Königen.
So wie Peter Fitzek, ein ehemaliger Karatelehrer, der im Jahr 2012 das "Königreich Deutschland" (KRD) ausrief. Und sich selbst zum König. Bis zum Verbot durch das Innenministerium am 12. Mai 2025 galt das KRD mit nach eigenen Angaben rund 6000 Anhängern als größte und aktivste "Reichsbürger"-Gruppe. Insgesamt rechnete der Verfassungsschutz, der deutsche Inlandsgeheimdienst, im Jahr 2023 etwa 25.000 Menschen der "Reichsbürger"-Szene zu. Jeder Zehnte davon gilt als gewaltorientiert.
Es gibt vielfältige Überschneidungen mit der rechtsextremen Szene in Deutschland. "Reichsbürger" zeichnen sich jedoch durch ihre eigenen, mehrfach widerlegten Behauptungen aus: Sie erklären, das Deutsche Reich aus der Vorkriegszeit würde rechtlich noch existieren, die Bundesrepublik Deutschland habe keine gültige Verfassung und sei gar kein Staat, sondern ein privates Unternehmen, und Deutschland sei noch immer von den Alliierten besetzt.
Die Anfänge der "Reichsbürger" reichen bis in die 1980er Jahre zurück. Laut Verfassungsschutz existieren neben vielen Kleingruppen rund 30 größere aktive Gruppierungen. Neben dem KRD beispielsweise "Bismarcks Erben", die "Verfassunggebende Versammlung" oder der "Staatenbund Deutsches Reich". Einige von ihnen weigern sich, Geldstrafen und Steuern zu zahlen, ignorieren Gerichtsbeschlüsse oder erklären ihre eigenen Hoheitsgebiete, für die sie sich selbst Regeln setzen und Dokumente oder Währungen drucken.
Nur harmlose Spinner oder doch gefährlich?
Lange Zeit wurden die "Reichsbürger" als harmlose Spinner abgetan. Das änderte sich jedoch, als die Bewegung an Bedeutung gewann und eine ausgeprägtere Neigung zu Gewalt und rechtsextremer Ideologie zeigte. 2016 erschoss der "Reichsbürger" Wolfgang P. einen bayerischen Polizisten bei dem Versuch, sein Waffenarsenal zu beschlagnahmen. Im selben Jahr stellte der Verfassungsschutz die Reichsbürger-Bewegung offiziell unter Beobachtung. Seitdem kam es wiederholt zu Gewalttaten gegen Beamte.
Am 7. Dezember 2022 wurde durch eine Reihe von Polizeirazzien eine mutmaßliche Verschwörung zum Sturz der deutschen Regierung bekannt. Die Verschwörer um Heinrich XIII. Prinz Reuß sollen den Plan gefasst haben, das deutsche Parlament zu stürmen, den Kanzler, die wichtigsten Minister und den Oppositionsführer zu verhaften und eine Übergangsregierung einzusetzen, die mit den alliierten Mächten des Zweiten Weltkriegs eine neue Staatsordnung in Deutschland aushandeln sollte.
380 Schusswaffen wurden gefunden und 25 Personen verhaftet, unter ihnen die Richterin und frühere AfD-Bundestagsabgeordnete Birgit Malsack-Winkemann. Ende April 2024 begannen drei große Prozesse wegen Terrorismus- und Verschwörungsvorwürfen. Die Verfahren in Frankfurt, München und Stuttgart dauern noch an. Den Angeklagten wird vorgeworfen, dass sie die bestehende staatliche Ordnung in Deutschland gewaltsam beseitigen und durch eine eigene ersetzen wollten. Dazu sollen sie ab August 2021 einen Umsturz geplant und vorbereitet haben.
Viele "Reichsbürger" radikalisierten sich während der COVID-19-Pandemie. Damals wurden ihre Überzeugungen von der "Querdenker"-Bewegung unterstützt, die gegen die von den Behörden auferlegten Pandemiebeschränkungen protestierte.
Obwohl sie den deutschen Staat ablehnen, überschwemmen einige "Reichsbürger" deutsche Behörden und Gerichte mit einer Flut von Anträgen und Widersprüchen. Dies führt zu einem hohen bürokratischen Aufwand, da alle eingereichten Anträge ordnungsgemäß bearbeitet werden müssen. Zudem berichten lokale Beamte und Politiker von verbalen und körperlichen Übergriffen durch die "Reichsbürger".
"Reichsbürger"-Theorien - und warum diese nicht wahr sind
"Reichsbürger" behaupten, Deutschland sei kein unabhängiger Staat, sondern ein privates Unternehmen, das von den siegreichen Alliierten nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet wurde. Als "Beweis" für diese Theorie wird unter anderem das Fehlen eines Friedensvertrags angeführt. Tatsächlich hat Deutschland am Ende des Zweiten Weltkriegs zwar kapituliert, aber keinen Friedensvertrag geschlossen, da es zunächst keine deutsche Regierung gab, die ihn hätte unterzeichnen können. Dies erlaubt es den "Reichsbürgern" zu argumentieren, dass die Bundesrepublik Deutschland nie ein souveräner Staat war, sondern in Wirklichkeit immer noch unter Besatzung stehe.
Obwohl sowohl West- als auch Ostdeutschland allgemein als Staaten anerkannt wurden, war dieses Argument bis 1990 in gewisser Weise legitim, da die Alliierten rechtlich gesehen ein gewisses Maß an Kontrolle über die deutschen Angelegenheiten behielten. Mit der Unterzeichnung des Zwei-plus-Vier-Vertrages zwischen den beiden deutschen Staaten sowie Frankreich, Großbritannien, den USA und der Sowjetunion zur Regelung der deutschen Wiedervereinigung gaben die Alliierten jedoch alle verbleibenden Rechte auf und erkannten die Souveränität Deutschlands uneingeschränkt an.
Als Westdeutschland 1949 sein Grundgesetz in Kraft setzte, wurde der Begriff "Verfassung" bewusst vermieden, da Deutschland geteilt war und die beiden deutschen Staaten die Legitimität des jeweils anderen nicht anerkannten. Da das westdeutsche Grundgesetz nicht das gesamte deutsche Volk erfassen konnte, wurde es als provisorisch betrachtet.
1972 verbesserten die beiden deutschen Staaten ihre Beziehungen und akzeptierten ihre Grenzen, ohne sich gegenseitig vollständig anzuerkennen, was die Sache für das Grundgesetz kompliziert machte. Das Bundesverfassungsgericht fällte daraufhin ein Urteil, auf das sich die "Reichsbürger" bis heute berufen. Darin heißt es, "dass das Deutsche Reich den Zusammenbruch 1945 überdauert hat und weder mit der Kapitulation noch durch Ausübung fremder Staatsgewalt in Deutschland durch die alliierten Okkupationsmächte noch später untergegangen ist".
Allerdings unterschlagen sie, dass die Richter zudem feststellten: "Mit der Errichtung der Bundesrepublik Deutschland wurde nicht ein neuer westdeutscher Staat gegründet, sondern ein Teil Deutschlands neu organisiert." Damit gilt die Bundesrepublik Deutschland "als Staat identisch mit dem Staat 'Deutsches Reich'".
Zudem halten "Reichsbürger" an der Theorie fest, dass Deutschland nur eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung sei und seine Einwohner nur deren Angestellte. Eine "Bundesrepublik Deutschland - Finanzagentur GmbH" gibt es tatsächlich. Sie ist jedoch im Eigentum des Bundes schlicht für dessen Schuldenmanagement zuständig.
Dieser Artikel wurde aus dem Englischen adaptiert.