Die Hauptstadt Berlin will bis 2030 aus der Kohleverstromung aussteigen. Der rot-rot-grüne Senat brachte dazu einen Gesetzesentwurf auf den Weg. Damit will Berlin mehr Verantwortung für den Klimaschutz übernehmen.
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Als erstes Bundesland legt sich Berlin auf ein konkretes Ende der Kohlekraft fest. Spätestens ab 2030 sollen alle sechs Berliner Strom- und Heizkraftwerke keine Kohle mehr verfeuern. Vor dem Hintergrund des Pariser Klimaabkommens will die Stadt seinen Beitrag leisten, damit die Erderwärmung unter zwei bzw.1,5 Grad Celsius bleibt.
Mit der geplanten Novelle des Energiewendegesetzes soll der Berliner Senat verpflichtet werden, die Beendigung der Energieerzeugung aus Braunkohle bis Ende 2017 und aus Steinkohle bis 2030 sicherzustellen. Zukünftig soll die Versorgung mit Strom und Fernwärme auf Basis erneuerbarer Energien und anderer CO2-armer Energien erfolgen.
Berlin solle eine "Modellstadt" für Klimaschutz und Energiewende werden, sagt Umweltsenatorin Regine Günther (parteilos). "Wenn zum Wohle der Menschen der Klimawandel beherrschbar bleiben soll, wird es nicht zuletzt auf die Städte ankommen."
Zudem ließen sich so die Emissionen von Feinstaub, Schwefeldioxid und Schwermetallen in der Stadt reduzieren. "Berlin wird nicht nur klimafreundlicher, sondern auch gesünder. Darüber hinaus werden durch die Umstellung Modernisierungsimpulse gesetzt", betont Günther, die zuvor 16 Jahre Klimaexpertin bei der Naturschutzorganisation WWF war.
Die Chancen für die Umsetzung der Gesetzesnovelle sind gut. Im letzten Jahr hatte sich die rot-rot-grüne Koalition auf den Braunkohleausstieg bis 2017 und den Steinkohleausstieg bis zum Jahr 2030 geeinigt. Die Koalitionspolitiker zeigen sich jetzt zufrieden und sprechen von einem historischen Tag. "Das ist ein Signal an die ganze Republik", freut sich Georg Kössler, Sprecher für Klima- und Umweltschutz der Grünen Fraktion.
Aus für Braunkohlekraftwerk in Berlin
Bereits am 24. Mai wird das letzte Berliner Braunkohlekraftwerk, Klingenberg, die Verbrennung einstellen. Die Erzeugung von Strom und Fernwärme für den Ostteil der Stadt wird auf umweltfreundlicheres Erdgas umgestellt. Nach Angaben von Vattenfall werden so jährlich 600.000 Tonnen CO2-Emissonen eingespart.
"Wir unterstützen das Land Berlin bei der Erreichung seiner Klimaziele", sagt Vorstandssprecher Gunther Müller. Motiviert ist die Umrüstung nach Konzernangaben aber auch politisch. "Braunkohle ist kein akzeptabler Energieträger mehr", erklärt Pressesprecherin Julia Klausch. Darüber hinaus ist Vattenfall ein schwedischer Staatskonzern und mehr Klimaschutz wird von der sozialdemokratisch-grünen Regierung in Stockholm ebenfalls gewünscht. "Da haben wir überlegt was wir machen können und wie es auch funktioniert", so Klausch.
Vattenfall kündigte zudem an, bis 2020 Deutschlands größte sogenannte Power-to-Heat-Anlage bauen zu wollen. Mit überschüssigem Windstrom soll so die Fernwärmeversorgung klimafreundlich werden. Zudem ist laut Konzern die Abschaltung eines Steinkohlekraftwerks für 2020 geplant.
Kohleausstieg deutlich vor 2030?
Neben der Gesetzesnovelle plant der Berliner Senat die Beauftragung einer Machbarkeitsstudie zum Kohleausstieg bis zum Jahr 2030. Vattenfall hatte bereits im vergangenen Jahr eine Studie angeregt; derzeit wird über die Inhalte zwischen Vattenfall und Senat gesprochen.
In einem offenen Brief an die Umweltsenatorin Günther begrüßt das Bündnis Kohleausstieg Berlin, hinter dem vor allem Umweltverbände stehen, die geplante Studie, fordert aber ambitioniertere Vorgaben zur Erreichung der Pariser Klimaziele. "Deutschland müsse spätestens bis zum Jahr 2025 aus der Kohlenutzung und bis 2030 aus dem Erdgas aussteigen", heißt es in dem Brief und dies gelte dann entsprechend "auch für Berlin".
Willkommen im Geisterdorf
Bald kommen die Bagger: Das Dorf Manheim fällt 2022 dem Braunkohletagebau Hambach zum Opfer. Trotzdem hat die Stadt Flüchtlinge in dem menschenleeren Dorf untergebracht. Ein Rundgang durch die verlassenen Straßen.
Bild: DW/G. Hamann
Ein Dorf stirbt aus
Der Ortseingang von Manheim-alt. 2022 werden hier Bagger der RWE stehen und die wertvolle Braunkohle abbauen, die sich unter der Oberfäche der Dorfes befindet. Der Energiekonzern kauft den Menschen ihre Häuser ab, die meisten sind schon umgezogen nach Manheim-neu.
Bild: DW/G. Hamann
Rolladen runter
Die Menschen sind weg. Zurück bleiben die Häuser. Im ganzen Dorf reihen sich die verlassenen Häuser aneinander. Damit nichts gestohlen wird, patroulliert der Sicherheitsdienst der RWE regelmäßig durch das Dorf.
Bild: DW/G. Hamann
Empfänger verzogen
Nicht nur die Rolläden sind verschlossen, auch viele Briefkästen sind zugeklebt. 86 Prozent der Häuser sind bereits in den Besitz der RWE übergangen. Insgesamt 325 stehen leer, 50 hat der Energiekonzern vermietet.
Bild: DW/G. Hamann
Gemeinsam einsam
Auch wenn noch rund 650 Menschen in Manheim leben, begegnen einem nur wenige Personen auf den Straßen. Manchmal rast ein Auto durch die Dorfmitte. Die meisten Menschen arbeiten tagsüber in anderen Städten. Ab und zu begegnet einem ein Flüchtlingskind, das langsam durch die Gassen radelt.
Bild: DW/G. Hamann
Altlasten
Dieses Haus wurde heute ausgeräumt. Zurück bleibt ein Container voll Dinge, die die Anwohner in ihrem neuen Haus nicht brauchen - und auch ein bisschen Wehmut.
Bild: DW/G. Hamann
Grünes Band im toten Dorf
Die Anwohner sind weg, was bleibt ist die Natur. Unter dem Gestrüpp verbirgt sich ein ganzes Haus. Dieser Anblick ist ungewöhnlich in Manheim. Denn auch, wenn die meisten Häuser leer stehen, beauftragt die RWE Betriebe, die die Vorgärten weiterhin pflegen und den Rasen mähen.
Bild: DW/G. Hamann
Verblichene Vorschriften
Pflegen ja, erneuern nein. Dieses Schild war einmal knallrot, nun ist es fast weiß. Ersetzen lohnt sich nicht mehr. Zumal die Autofahrer im Dorf ja auch immer weniger werden.
Bild: DW/G. Hamann
Menschen sind Mangelware
Dieses Büro schließt zuletzt: Hier organisiert der Energiekonzern RWE die Umsiedlung der Einwohner Manheims - und des ganzen Dorfes. Im Frühjahr 2014 wurden sogar Gräber in den Friedhof in Manheim-neu umgebettet.
Bild: DW/G. Hamann
Stillleben
Nur der Brunnen bewegt sich noch. Mitten im Dorf tut ein kleiner Platz so, als würde er nicht schon bald zerstört. Ein idyllisches Plätzchen. Aber weit und breit gibt es keine Menschen mehr, die den Minipark genießen.
Bild: DW/G. Hamann
Bank ohne Kundschaft
Kein Laden, kein Restaurant, und bald verschwindet auch die Sparkasse. Die Manheimer Filiale hat derzeit noch Montags bis Freitags von 9 Uhr bis 12:30 Uhr geöffnet. Vom 1. November an kommt nur noch einmal wöchentlich eine "mobile Filiale".
Bild: DW/G. Hamann
Herbstliche Gefühle
Alles neigt sich in Manheim dem Ende zu. Nur der Jugendtreff hat derzeit noch täglich geöffnet. Er ist in einem Gebäude der stillgelegten Grundschule untergebracht und der einzige Treffpunkt des Dorfs. Aber heute ist niemand da, die Betreuerin ist krank. Einen Ersatz gibt es nicht.
Bild: DW/G. Hamann
Die Kirche bleibt nicht im Dorf
Auch die Kirche muss dem Tagebau weichen. Der Glockenturm stammt aus dem 17. Jahrhundert. 2020 wird er mit dem kompletten Gebäude abgerissen. In Manheim-neu errichtet RWE eine kleine Kapelle für circa 40 Menschen als Ersatz.
Bild: DW/G. Hamann
Die Hoffnung stirbt zuletzt
Die 73 asylsuchenden Kosovaren, Albaner, Serben, Bosnier, Iraker und Somalier, die derzeit noch in Manheim untergebracht sind, müssen dann auch umziehen. Sofern ihr Asylverfahren bis zum Abriss des Dorfes nicht abgeschlossen ist, werden sie auf andere Einrichtungen in der Stadt Kerpen verteilt.
Bild: DW/G. Hamann
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Was kann man für den Klimaschutz tun?
Drei Viertel aller globalen Treibhausgase entstehen bei der Verbrennung von Kohle, Öl und Gas, ein Viertel durch Landwirtschaft und Abholzung. Wie kann man Klimagase vermeiden? Was kann jeder tun? Wir geben 10 Tipps.
Bild: picture-alliance/dpa
1. Raus aus Kohle, Öl und Gas
Die meisten Klimagase kommen aus Kraftwerken, Industrie und dem Verkehr. Das Heizen von Gebäuden verursacht ein Viertel der globalen Treibhausgasemissionen. Wer Energie effizient nutzt und Kohle, Öl und Gas durch erneuerbare Energien ersetzt, schützt das Klima.
Bild: picture-alliance/dpa
2. Sauberen Strom selbst erzeugen
Strom muss inzwischen nicht mehr aus Kohle-, Öl- und Gaskraftwerken kommen. Es gibt Alternativen - und die sind inzwischen sogar meist deutlich preiswerter. Strom lässt sich leicht selber produzieren und auch mehr als man selbst braucht. Auf den Dächern gibt es für Solarmodule viel Platz, die Technik ist etabliert.
Bild: Mobisol
3. Gute Ideen unterstützen
Immer mehr Kommunen, Firmen und Genossenschaften investieren in erneuerbare Energien und verkaufen sauberen Strom. Dieser Solarpark gehört Saerbeck. Die deutsche Gemeinde mit 7200 Einwohnern produziert mehr Strom als sie braucht und ist ein Vorbild für die zukunftsweisende dezentrale Energieversorgung. Hier ist gerade eine Delegation aus den USA zu Besuch und erfährt wie das geht.
Bild: Gemeinde Saerbeck/Ulrich Gunka
4. Kein Geld für klimaschädliche Unternehmen
Immer mehr Bürger, Pensionsfonds, Versicherungen, Universitäten und Städte ziehen ihr Geld aus fossilen Brennstoffunternehmen ab. Münster ist in Deutschland die erste Stadt, die sich der sogenannten Divestment-Bewegung angeschlossen hat. Weltweit haben sich mittlerweile über 180 Städte und Universitäten dazu verpflichtet. Die globale Bewegung hat viel Dynamik, auch weil jeder mitmachen kann.
Bild: 350.org/Linda Choritz
5. Umsteigen auf Rad, Bus und Bahn
Fahrräder, Bus und Bahn sparen viel CO2. Im Vergleich zum Auto ist ein Bus fünf Mal klimafreundlicher und ein elektrisch betriebener Zug mit Ökostrom sogar über 20 Mal. In Amsterdam fahren die meisten Bürger Rad. Die Stadt fördert mit breiten Radwegen und Fahrradstraßen diesen Verkehr und ist Vorbild für andere Städte.
Bild: DW/G. Rueter
6. Nicht fliegen
Fliegen ist äußerst klimaschädlich. Die Fakten zeigen das Dilemma: Zur Einhaltung des Klimaziele sollte jeder Erdbewohner im Durchschnitt nur noch rund eine Tonnen CO2 pro Jahr verursachen. Ein Hin- und Rückflug zwischen Berlin und New York verursacht pro Person jedoch schon eine Klimawirkung von 6,5 Tonnen CO2. In den Urlaub sollte man deshalb nicht mehr fliegen.
Bild: Getty Images/AFP/P. Huguen
7. Weniger Fleisch essen
Für das Klima ist auch die Landwirtschaft ein Problem. Beim Reisanbau und in den Mägen von Rindern, Schafen und Ziegen entsteht das sehr klimaschädliche Gas Methan. Kritisch sind Viehhaltung und weltweit wachsender Fleischkonsum auch wegen des zunehmenden Bedarfs an Soja für die Fütterung. Für den Soja-Anbau werden Regenwälder abgeholzt oder in Brand gesetzt.
Bild: Getty Images/J. Sullivan
8. Biolebensmittel kaufen
Besonders klimaschädlich ist Lachgas. Sein Anteil am globalen Treibhauseffekt liegt bei sechs Prozent. Es entsteht in Kraftwerken und Motoren, vor allem aber durch die Verwendung von Kunstdünger in der Landwirtschaft. Beim ökologischen Anbau ist das verboten und deshalb wird weniger Lachgas freigesetzt. Das hilft dem Klimaschutz.
Bild: imago/R. Lueger
9. Nachhaltig bauen und konsumieren
Bei der Herstellung von Stahl und Zement entsteht viel CO2, beim Wachstum von Holz und Bambus wird CO2 dagegen gebunden. Die bewusste Wahl von Baumaterialien hilft dem Klima. Das gleiche gilt für den Konsum. Für eine Massage und Frisur braucht man keine fossile Energie, für einen Plastikbecher etwas und für ein neues Auto viel.
Bild: Oliver Ristau
10. Verantwortung übernehmen
Wie kann man Treibhausgase vermeiden, damit Kinder und Enkel keine katastrophalen Folgen der Erderhitzung erleben? Diese Schüler sind fasziniert von sauberer Energie und sehen sie als Chance für ihre Zukunft. Jeder kann helfen, dass dies gelingt.