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Politik

ELN ruft Weihnachtswaffenruhe aus

20. Dezember 2022

Die Guerilleros wünschen harmonische Festtage. Doch während die Friedensgespräche andauern, demonstrieren linke wie rechte Kämpfer in Kolumbien weiter ihre Macht.

Kolumbien | ELN Friedensgespräche in Caracas
Vertreter der ELN: Israel Ramírez Pineda - genannt Pablo Beltrán - (links) mit einem Regierungsvertreter vor einer WocheBild: Pedro Rances Mattey/AA/picture alliance

Die kolumbianische Guerillaorganisation ELN hat eine einseitige Feuerpause über die Feiertage angekündigt. Die militärischen Aktivitäten würden von Heiligabend an bis zum 2. Januar eingestellt, erklärte die Gruppe in einer Videobotschaft. Das Recht auf Selbstverteidigung im Falle eines Angriffs behielt sich die ELN jedoch vor.

Alle kolumbianischen Familien sollten Weihnachten in Frieden und Harmonie verbringen, sagte eine Sprecherin im Beisein weiterer vermummter Kämpfer. Die Gruppe wolle ein demokratisches Kolumbien für alle. Doch arbeiteten Militär und Polizei mit paramilitärischen Gruppen zusammen, "die im ganzen Staatsgebiet noch unbesorgt weitermachen", so die Guerilla-Sprecherin.

"Bewaffneter Streik"

Mit diesem Vorwurf begründete die ELN auch einen sogenannten bewaffneten Streik, den sie derzeit in der Pazifikregion führt. Im Zuge dessen riegelte sie seit vergangener Woche mehrere Dörfer im Verwaltungsgebiet Chocó ab. Bewohner berichten über eine starke Präsenz von Guerilleros, aber auch Paramilitärs, die den Zugang zu Grundnahrungsmitteln und medizinischer Versorgung einschränkten.

Geläuterter Kämpfer: Kolumbiens Präsident Gustavo Petro (Archivbild)Bild: S. Barros/ZUMAPRESS/picture alliance

Die bitterarme Küstenregion wird vorwiegend von Afrokolumbianern bewohnt. Dort kämpfen die ELN und die paramilitärische Gruppe Clan del Golfo um die Vorherrschaft. Der Clan del Golfo, der sich vor allem durch Drogengeschäfte finanziert, gehört zu den am besten organisierten und größten bewaffneten Gruppen Kolumbiens.

Ex-Guerillero an der Staatsspitze

Zuletzt hatte die ELN ihre Waffen über den Monatswechsel vom Mai zum Juni für einige Tage schweigen lassen. Derzeit führt sie mit der Regierung von Präsident Gustavo Petro Gespräche über einen Friedensvertrag, die von der katholischen Kirche und mehreren Vermittlerstaaten begleitet werden. Die erste Verhandlungsrunde in Venezuela wurde vor einer Woche mit Teilergebnissen, etwa zu humanitärer Hilfe für die Region Chocó, abgeschlossen. Die nächste Runde ist für Januar in Mexiko anberaumt. Der frühere Guerillakämpfer Petro war im Sommer zum ersten linksgerichteten Staatschef des südamerikanischen Landes gewählt worden.

Anhaltende Gewalt: Regierungssoldat an einem Checkpoint im Verwaltungsgebiet Arauca (Archivbild)Bild: Raul Arboleda/AFP/Getty Images

Die einst größte kolumbianische Guerillaorganisation FARC hatte bereits 2016 ein Friedensabkommen mit der damaligen Regierung unterzeichnet. Seither ist die 1964 gegründete ELN die stärkste der verbliebenen Guerillagruppen, die dem bewaffneten Kampf noch nicht abgeschworen haben. Sie soll noch über rund zweieinhalbtausend Kämpfer verfügen, die sich vor allem in den Grenzgebieten zu Venezuela und an der Pazifikküste aufhalten.

Im kolumbianischen Bürgerkrieg zwischen Rebellen, Paramilitärs und Regierung wurden in den vergangenen sechs Jahrzehnten mindestens 300.000 Menschen getötet; etwa sieben Millionen wurden vertrieben. Die Gewalt im Land hält weiter an. Erst im September waren innerhalb einer Woche vier Menschenrechtsaktivisten umgebracht worden.

jj/sti (dpa, afp, epd)