Rund 1,7 Millionen Venezolaner leben als Flüchtlinge im Nachbarland Kolumbien, über die Hälfte ohne Aufenthaltsrecht. Das will die Regierung in Bogota nun ändern.
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Wie der kolumbianische Präsident Iván Duque während eines Besuchs von UN-Flüchtlingskommissar Filippo Grandi mitteilte, will seine Regierung fast einer Million Migranten aus dem Nachbarland Venezuela ein vorläufiges Aufenthaltsrecht gewähren. "Dies erlaubt uns einen Prozess der Legalisierung des Status von Migranten, die sich in unserem Land befinden", sagte Duque.
Zugang zu Gesundheitssystem und Arbeitsmarkt
Der temporäre Aufenthaltsstatus soll für zehn Jahre gelten. In diesem Zeitraum können die Venezolaner ein dauerhaftes Bleiberecht beantragen. Der neue Schutzstatus soll auch den rund 800.000 Venezolanern, die bereits mit vorübergehenden Genehmigungen in dem südamerikanischen Land sind, mehr Sicherheit geben. Sie müssen demnach keine neuen Papiere beantragen. Die venezolanischen Migranten erhalten durch die neue Regelung zudem Zugang zum kolumbianischen Arbeitsmarkt sowie zum Gesundheitssystem und werden in die nationale Corona-Impfplanung aufgenommen, hieß es in einer Mitteilung des UN-Flüchtlingswerks UNHCR und der UN-Migrationsbehörde IOM.
"Diese mutige humanitäre Geste sollte der Region und dem Rest der Welt ein Beispiel sein", sagte Grandi auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Duque. "Sie ist eine lebensverändernde Geste für die 1,7 Millionen vertriebenen Venezolaner, die nun mehr Schutz, Sicherheit und Stabilität haben werden." Auch die Nichtregierungsorganisation "Refugees International" begrüßte Kolumbiens Schritt. Dieser stelle einen wichtigen Wendepunkt für die venezolanische Integration in Kolumbien dar.
Nicht-Registrierten droht Abschiebung
Zu Beginn des Verfahrens zur Verleihung des temporären Bleiberechts sollen nach Angaben Duques die Daten der Migranten erfasst werden, darunter ihr Wohnort und ihre sozioökonomischen Lebensverhältnisse. Auch sollen sie in ein "biometrisches Register" eingetragen werden. Der Präsident stellt klar, dass die Regelungen Folgen für diejenigen haben werde, die sich nicht registrieren lassen wollen. Ihnen drohe die Abschiebung.
Venezuela: ein ausgeblutetes Land
In südamerikanischen Venezuela finden Parlamentswahlen statt - mitten in der schlimmsten Krise seit Jahren. Der Alltag in Venezuela ist geprägt von Hunger und Mangel. Die Not zeigt sich in vielen Facetten.
Bild: Cristian Hernandez/AFP/Getty Images
Leere Kühlschränke
2018 verzeichnete Venezuela die höchste Inflation in der Geschichte des Landes: 65.374 Prozent im Jahr 2018 (Statista). Der Internationale Währungsfonds berechnete im gleichen Jahr die Inflation sogar mit 1.370.000 Prozent. Aufgrund des Devisenmangels können kaum noch Waren eingeführt werden. Ein Einkauf in Supermärkten ist wegen der hohen Preise für die allermeisten Venezolaner unerschwinglich.
Bild: Alvaro Fuente/ZUMA Press/imago images
Armenspeisung
Oft bekommt nur, wer einen eigenen Teller oder Schüssel mitbringt, bei den Suppenküchen etwas zu essen - so wie hier in der venezolanischen Stadt Valencia. Denn selbst den Hilfsorganisationen fehlt es an Einweggeschirr. Das einst reiche Venezuela leidet seit Jahren unter einer schweren Versorgungskrise. Es mangelt an allem: Nahrung, Medikamenten und einfachsten Dingen wie Seife oder Windeln.
Bild: Juan Carlos Hernandez/ZUMA Wire/imago images
Die Kinder hungern
In Caracas strecken Kinder verzweifelt die Arme aus, wenn die Caritas oder andere Hilfsorganisationen Essen verteilen. Viele haben tagelang nichts gegessen. 96 Prozent der Haushalte in Venezuela leben in Armut, 64 Prozent in extremer Armut (laut einer Studie der katholischen Universität Andrés Bello). Fleisch, Fisch, Eier, Obst und Gemüse kommen nur noch bei den wenigsten Familien auf den Tisch.
Bild: Roman Camacho/ZUMA Press/imago images
Gesundheitssystem vor dem Kollaps
Wer ins Krankenhaus muss, wie hier ins Hospital San Juan de Dios in Caracas, muss Medikamente und Hilfsmittel wie Katheter und Spritzen selbst bezahlen. Mehr als ein Drittel der 66.000 zugelassenen Ärzte hat das Land bereits verlassen. Auch die Zahl anderer medizinischer Fachkräfte ist geschrumpft, was das Gesundheitswesen in Venezuela an den Rand des Zusammenbruchs geführt hat.
Bild: Dora Maier/Le Pictorium/imago images
Lehm und Holz als kostenloses Baumaterial
Ein Kind spielt in seinem Bahareque-Haus. Das sind Häuser, die aus Holzstöcken und Lehm gebaut sind und deren Bauweise aus der präkolumbianischen Zeit stammt. Durch die wachsende extreme Armut in ländlichen Gebieten wird diese Bauweise wieder häufiger. Wasser- und Stromanschluss gibt es in diesen Unterkünften nicht.
Bild: Jimmy Villalta/UIG/imago images
Kein Strom in Venezuela
Permanente Blackouts legen das Land regelmäßig lahm. Die Opposition nennt verschleppte Investitionen, Korruption und mangelhafte Wartung der Strom-Anlagen als Grund für die ständigen Stromausfälle. Die Regierung traf deshalb teilweise drastische Maßnahmen um Strom zu sparen. Zeitweise wurde die Arbeitswoche von Beamten auf zwei Arbeitstage reduziert, um Energie zu sparen. Ohne Erfolg.
Bild: Humberto Matheus/ZUMA Press/imago images
Leben auf der Straße
Wenn der Strom ausfällt, ist es ohne funktionierende Klimaanlagen unerträglich heiß in den Häusern: Die Menschen verlegen ihr Leben auf die Straße - wie hier in Maracaibo. Schon seit Jahren gibt es in Venezuela immer wieder regionale, aber auch landesweite Stromausfälle. Präsident Nicolás Maduro behauptet, seine politischen Gegner würden gezielte Sabotageakte gegen die Infrastruktur ausüben.
Bild: Humberto Matheus/ZUMA Press/imago images
Akuter Wassermangel
Im Bezirk Santa Rosa in Valencia ist die Wasserversorgung zusammengebrochen - mal wieder. Die Menschen baden und waschen sich in einer Pfütze am Straßenrand. In Venezuela gibt es mancherorts nur an drei Tagen pro Woche für ein paar Stunden fließend Wasser. Viele Familie füllen dann schnell alle verfügbaren Flaschen und Gefäße, damit sie etwas Wasser haben, wenn die Leitung wieder trocken bleibt.
Bild: Elena Fernandez/ZUMA Wire/imago images
Strom und Wasser
Im Rio Guaire fließen nur noch Abwasser und giftige Chemikalien. Wasser und Elektrizität stehen in Venezuela in einer heiklen Abhängigkeit zueinander: Durch den Strommangel und die mangelnde Wartung bekamen die Mauern der Stauseen des Landes Risse, der Wasserspiegel sank. Dadurch konnte in den Wasserkraftwerken weniger Strom erzeugt werden und es kam zu den Blackouts. Ein Teufelskreis.
Bild: Adrien Vautier/Le Pictorium/imago images
Mit Öl verseucht
Die Venezolaner schwimmen im Öl, aber nicht auf die gute Weise: auf dem Maracaibo-See werfen Fischer ihre Netze von alten Autoschläuchen aus ins Wasser, obwohl dieser mit Öl verseucht ist. Auch die Küsten sind betroffen: Wegen Lecks in Öl-Pipelines und einer Panne in einer Raffinerie in der Nähe von Puerto Cabello im Nordwesten des Landes sollen rund 20.000 Barrel Rohöl ins Meer gelaufen sein.
Bild: Miguel Gutierrez/Agencia EFE/imago images
"Das Volk braucht Benzin"
In Guacara im Bundesstaat Carabobo stehen die Autos seit über zwei Wochen vor der Tankstelle und warten auf Benzin. Venezuela muss Öl aus dem Iran importieren, weil die eigenen maroden Erdöl-Anlagen kaum noch Öl fördern können. Vor zehn Jahren lag die Fördermenge noch bei gut 2,3 Millionen Barrel pro Tag, inzwischen ist sie auf weniger als die Hälfte zurückgegangen.
Bild: Juan Carlos Hernandez/ZUMA Wire/imago images
Energieversorgung zusammengebrochen
In Caracas warten die Menschen auf der Straße mit ihren leeren Gasflaschen und hoffen, dass diese endlich wieder aufgefüllt werden können. Da in Venezuela die Energiequellen Strom und Benzin immer wieder ausfallen, sind die Menschen auf Gas ausgewichen. Dadurch ist auch das knapp geworden.
Bild: Miguel Gutierrez/Agencia EFE/imago images
Der Heiligenschein ist verblasst
Die Konterfeis von Hugo Chávez, Fidel Castro, Evo Morales und Rafael Correa blicken von einer Hauswand in Caracas auf einen überquellenden Müllcontainer. Viele Venezolaner haben die sozialistischen Staatsführer von Venezuela, Kuba, Bolivien und Ecuador lange wie Heilige verehrt. In Venezuela hat der Sozialismus des 21. Jahrhunderts sein Versprechen von Wohlstand für alle nicht einlösen können.
Bild: Miguel Gutierrez/Agencia EFE/imago images
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Venezuela hat während seiner seit Jahren andauernden wirtschaftlichen und politischen Krise, die durch wachsende Armut, Knappheit elementarer Versorgungsgüter sowie einen zähen Machtkampf gekennzeichnet ist, einen beispiellosen Exodus erlebt. Nach UN-Angaben sind seit 2015 rund 5,4 Millionen Menschen aus dem Land geflüchtet, fast ein Drittel davon nach Kolumbien.