Es ist ein Rückschlag für den Friedensprozess mit Kolumbiens linken ELN-Rebellen: Kurz vor Amtsantritt des neuen Präsidenten können sich die Militanten und die Regierung nicht auf eine Waffenruhe einigen.
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Der scheidende kolumbianische Präsident Juan Manuel Santos hat sein Scheitern bei den Waffenstillstandsverhandlungen mit der Guerillaorganisation Nationales Befreiungsheer (ELN) eingestanden. Es fehle allerdings nur "sehr wenig", um ein solches Abkommen zu erreichen, erklärte Santos. Der 66-Jährige, der für sein Friedensabkommen mit der Guerilla Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens (Farc)2016 den Friedensnobelpreis verliehen bekam, hofft, dass die nächste Regierung die Verhandlungen weiterführen wird.
Santos hatte einen "kompletten Frieden" mit den linksgerichteten Rebellengruppen des Landes zum Ziel für seine Amtszeit gemacht. Jetzt liegt der Fortgang des Prozesses in den Händen seines Nachfolgers. Am 7. August endet seine Amtszeit und Präsidenten Iván Duque übernimmt seinen Posten.
Ungewisse Zukunft unter Duque
"Wir haben große Fortschritte gemacht, konnten uns aber nicht auf eine Waffenruhe verständigen", erklärte Gustavo Bell, Chefunterhändler der Regierung, über den Hörfunksender Caracol nach Beendigung der sechsten Verhandlungsrunde in der kubanischen Hauptstadt Havanna. Für ELN-Chefverhandler Pablo Beltrán besteht die Hoffnung, dass die Fortschritte "die Grundlage einer neuen Verhandlungsrunde unter Präsident Duque bilden". Seit eineinhalb Jahren verhandeln Regierung und ELN über eine Beendigung der Jahrzehnte andauernden Feindseligkeiten. Aufgrund anhaltender Gewalttaten wurde der Dialog mehrfach unterbrochen. Außer einer mehrmonatigen Waffenruhe Ende vergangenen Jahres gab es bisher keine handfesten Vereinbarungen.
Kolumbien: Schritt zur Versöhnung
In Kolumbien begingen Bürger von Granada und Vertreter der ehemaligen FARC-Guerilla in Kolumbien einen Akt der Versöhnung. Seit drei Jahren begleitet die DW Akademie die journalistische Aufarbeitung des Konflikts.
Bild: DW/M. Kopp
Territorio de Paz – Die Fahne, die Granada zum Friedensterritorium erklärt
Mit einer Messe und der Unterzeichnung des Dokuments "Nie Wieder!", begingen Bürger von Granada und Vertreter der ehem. FARC-Guerrilla einen Akt der Versöhnung. Felix Muñoz, ehem. FARC-Kommandant, bat vor Opfern des Konflikts um Verzeihung. Die Fahne, die Granada zum Friedensterritorium erklärt, wurde 2000 zum ersten Mal durch das Dorf getragen: Eine Autobombe der FARC hatte 23 Menschen getötet.
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Schwierige Zeit der Versöhnung
Für manche Angehörigen von Opfern ist die Zeit der Versöhnung noch nicht gekommen. Viele können es nicht akzeptieren, dass ehemalige Guerilla-Kommandeure künftig als Abgeordnete und Senatoren im Parlament sitzen werden.
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Verbleib weiterhin ungeklärt
Mehr als 1.300 Tote, 240 gewaltsam Verschwundene, 11.500 Vertriebene. Das ist die grausame Statistik des bewaffneten Konflikts in der ländlichen Gemeinde Granada. Bis heute ist der Verbleib vieler Opfer ungeklärt.
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Pastor Alape
Pastor Alape in der Kirche von Granada. Das ehemalige Mitglied des Sekretariats der FARC sitzt nun im Direktorium der neugegründeten Partei der demobilisierten Guerilla.
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Zeichen der Versöhnung
Jaime Montoya, Mitglied des örtlichen Opferverbandes umarmt den ehemaligen Guerilla-Kommandanten Pastor Alape.
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Täter und Opfer im Gespräch
Manche haben ein Leben lang darauf gewartet, die Wahrheit zu erfahren. Die FARC haben sich im Friedensabkommen dazu verpflichtet, zur Aufklärung der Vergangenheit beizutragen. Im kommenden Jahr soll eine Wahrheitskommission die Arbeit aufnehmen.
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Der lokale Fernsehsender überträgt live aus der Kirche
Die großen regionalen und nationalen Medien zeigen nur wenig Interesse. Elizabeth Otálvaro beobachtet die Veranstaltung für den Blog "Hacemos Memoria", ein Projekt, das von der DW Akademie unterstützt wird.
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DW Akademie vor Ort
Dubian Giraldo, Leiter des lokalen Community Radiosenders berichtet live in den sozialen Medien. Drei Jahre lang hat die DW Akademie gemeinsam mit der Universidad de Antioquia den Sender dabei unterstützt, den Konflikt journalistisch aufzuarbeiten.
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Nunca más – Nie Wieder!
Mit diesem Versprechen geht die Versöhnungsfeier in Granada zu Ende. Und es gibt einen neuen Hoffnungsschimmer für die Angehörigen von Verschwundenen. Die FARC sagt, sie wolle alles tun, um die Fälle, die sie zu verantworten habe, aufzuklären.
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Die ELN hatte am Wochenende in einem Schreiben an die kolumbianische Bischofskonferenz ihre Bereitschaft zur Fortsetzung der Friedensverhandlungen unterstrichen. Man stehe weiterhin bereit, die Gespräche zur politischen Lösung des internen Konfliktes fortzusetzen.
Santos' rechtskonservativer Nachfolger Iván Duque lehnt den Friedensvertrag mit der Farc in seiner jetzigen Form ab und will Änderungen vornehmen. Zudem hat er eine härtere Linie gegenüber den marxistischen ELN-Rebellen angekündigt.
Seit 1964 wurden in Kolumbien bei Kämpfen zwischen der Armee, linksgerichteten Guerillagruppen wie Farc und ELN sowie rechten Paramilitärs mehr als 260.000 Menschen getötet. Etwa sieben Millionen Menschen flohen vor der Gewalt, mehr als 80.000 weitere werden vermisst.