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Lifestyle

Kolumne: Berliner Mode kann mehr

Gero Schließ
22. Januar 2017

Was Berliner Clubs oder Galerien mühelos schaffen, kann die Mode noch nicht: international ganz oben mitspielen. Dabei sieht DW-Kolumnist Gero Schließ in Berlin ungeheures Potential schlummern - für eine Mode-Revolution.

Berlin Fashion Week - Sportalm
Fashion Week 2017 bei Mercedes BenzBild: picture alliance/dpa/M. Skolim

Nein, früher war nicht alles besser, schon gar nicht für die Modemacher in Berlin. In den 90er Jahren galt der Spruch: Berlin hat als Modestadt kein Potential. Wollte man als Berliner Designer Damenmode verkaufen, ging man zur Modemesse nach Düsseldorf. Für Herrenmode war Köln das deutsche Modemekka. Oder man übersprang ganz einfach die Provinz und ging gleich nach Paris.

Und heute? Wer spricht noch von Köln oder Düsseldorf?

Berlin ist stylisch. Berlin ist modisch. Aber ist Berlin deswegen bereits Modemetropole? Viele haben sich an diesem Trugbild berauscht, bis sie sich den Kopf an der harten wirtschaftlichen Realität stießen.

Eine Fashion Week macht noch keine Modemetropole

Guido Maria Kretschmer 2016 bei der Fashion WeekBild: picture-alliance/dpa/ZUMA/S. Kuhlmey

Alle haben sie Lehrgeld zahlen müssen, auch diejenigen, die sich seit 2007 in der Berlin Fashion Week für den Modestandort Berlin engagieren: Der Berliner Senat mit seinem legendären Party-Wirbelmeister Wowereit. Der getreue Großsponsor Mercedes Benz, der mit einer eigenen Fashion Week viel Geld und Prestige in die Stadt gepumpt hat (und jetzt leider langsam den Ausstieg sucht). Und allen voran die vielen wunderbaren Berliner Designer, die trotz Selbstausbeutung bis heute auf keinen grünen Zweig gekommen sind. 

Es tut weh, aber es triff den Nagel unerbittlich auf den Kopf: Um wirklich Modemetropole zu werden, bedarf es mehr als einer coolen crowd, hipper Hinterhof-Ateliers und partybesessener Selbstverliebtheit. Wer hätte uns das rechtzeitig zur Fashion Week in einem Interview schöner ins weichgefeierte Hirn hämmern können als die deutsche Design-Ikone Wolfgang Joop? 

Berliner Designer brauchen Unterstützung

Aber malen wir nicht zu schwarz! Die Berliner Designer sind längst aus dem Hinterhof heraus und reif für die große Bühne. Aber sonst stimmt es: Zur Modemetropole fehlt es Berlin noch an vielem.

Wo sind sie, die großen traditionsreichen Modehäuser? Mailand hat Prada, Paris hat Dior. Und Berlin?

Wo sind die Hersteller feinster Stoffe und Produzenten ausgeklügelter Schnitte, die Designer für ihre Kollektionen benötigen? Im Umfeld von Paris, Mailand und New York. Aber nicht in Berlin.

Und wohin hat sich der deutsche Handel verzogen? Noch immer fasst er die heimischen Designer mit spitzen Fingern an. Der Handel vertraut lieber auf internationale Luxus-Brands wie Versace oder Coco Chanel, als auf blitzgescheites Design von Lala Berlin oder Guido Maria Kretschmer.

Lichtblick Berliner Mode Salon

Christiane Arp, Chefredakteurin von Vogue, kümmert sich um Berliner DesignerBild: Getty Images/A. Rentz

Ich bin überzeugt, Mode-Berlin kann mehr. Und gerade in diesem Moment sind einige dabei, das der (Mode-)Welt zu zeigen. Für diese Zuversicht steht unter anderem eine kleine aber feine Institution: Der Berliner Mode Salon, vor drei Jahren von Vogue-Chefredakteurin Christiane Arp und dem Berliner Modemanager Marcus Kurz gegründet. Nicht nur während der Berlin Fashion Week, sondern auch die restlichen 360 Tage kümmert er sich gezielt um die Belange deutscher Designer.

Das ist harte Arbeit. Statt Champagnergläser zu jonglieren, haben die Modejunkies nun Schwielen an den Händen. Der Schweiß der Edlen verströmt zwar keine edlen Düfte, aber er fließt für eine gute Sache, geht es doch um eine bessere Mode-Infrastruktur für Berlin und eine zugkräftige internationale Vernetzung.

Und das trägt mittlerweile Früchte: Trendsetter-Stores wie Apropos in Köln, Unger-Fashion in Hamburg und das KADEWE (Kaufhaus des Westens) in Berlin verkaufen jetzt endlich einige unserer jungen deutschen Designer. In Frankreich oder Italien, wo Mode Teil der nationalen Kultur ist, wäre das dem Handel eine Ehre. In Deutschland muss man das mühsam erkämpfen.

Auch internationale Modegroßmächte wie der italienische Onlineshop Luisa Via Roma vertreiben nun vermehrt junge deutsche Designermode.

Berliner Startups mit Modedesignern zusammenbringen

Kolumnist Gero Schließ sieht noch mehr Potential in der Berliner Modebranche

Aber es ist noch mehr möglich am Modestandort Berlin. Viel mehr! Die Modebranche ist ja bisher ein eher kleiner Teil der Berliner Wirtschaft. Geschätzter Jahresumsatz: gut drei Milliarden Euro.

Stellen wir uns vor: Was würde passieren, wenn sich das ungeheure Potential der Berliner Kreativwirtschaft und der Startup-Community mit der Mode- und Designerszene verbindet? Zum Beispiel Tech- oder IT-Startups, die in Berlin mittlerweile viel Geld einsammeln. Kaum auszudenken, was alles möglich wäre! So könnten Design-Entwicklung, Produktion und Marketing revolutioniert werden. Die Modestadt Berlin würde plötzlich in eine Umlaufbahn katapultiert, in der Paris, Mailand, New York und London (in dieser Reihenfolge) ihre Kreise ziehen. Und das, ohne diese Traditionsriesen zu kopieren.

Diese einzigartige Kombination aus Startup und Fashion kann nur Berlin. Sie könnte Mode völlig neu definieren. Mode 4.0, made in Berlin.

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